Blogroll

Das erste Mal habe ich 2001 oder 2002 von Blogs gehört. Meine Freundin erzählte mir, dass ihr Arbeitskollege ein Blog hat, mit Geschichten, die sie ziemlich umgehauen haben. Das Blog war Rounders, und damit hat es begonnen.

Es gab damals noch kein Twitter, kein Tumblr, Facebook war irrelevant. Um neue Blogs zu finden, nutze man die Blogroll, mit der sich die Blogs untereinander vernetzten. Von  Rounders kam ich zu argh, und von dort in den Kosmos von antville und blogger.de, und fing dann selbst an zu bloggen, auf twoday, weil antville und blogger zu dieser Zeit keine neuen Blogs zuliessen. Es folgten die Jahre der Blogs, in denen es jeden Abend neue Geschichten gab, und ich mich durch die Links klickte, bis ich auf einen Feedreader umstieg und dort etwa zweihundert Blogs abonnierte. „Die Kommentarkultur ist tot“, sagte neulich Casino zu mir, und erinnerte mich daran, dass es sie gab, und dass manchmal die Kommentare spannender war als das, was in den Blogs stand. Die Welt der Kommentare war eine Frühform von Twitter und wurde, so glaube ich, letztendlich durch selbiges ersetzt. Irgendwann kam ich dann im Feedreader mit dem Lesen nicht mehr nach, mit dem schreiben schon gar nicht, irgendwas war passiert: das Leben, das Erwachsenwerden, man hat alles schon gesagt. So begann nach und nach das Blogsterben, manche verschwanden ohne Spur, andere gingen in den Winterschlaf, so wie dieses, und nur ein paar hielten tapfer durch.

Vielleicht aber kommt jetzt die zweite Welle der Blogs. Wer es ernst meint, ist auf die eigene Domain umgezogen, zu wenig Verlass auf Bloggingdienste. Novemberregen bloggt konstant, seit mehr als tausend Tagen, und hat mit einer Wette zunächst Herzbruch angesteckt, dann mich. Weitere tägliche Blogger findet man hier. Sonntags bloggt Kittykoma. Ganz besonders stolz bin ich auf Heartcore, den Novemberregen und ich per Wette zu 42 Blogeinträgen  verpflichtet haben. Und unter dem Sternenhimmel habe ich meine Freundin Safran zum bloggen bewegt, sie schreibt sehr speziell, und wie ich finde, wunderschön: Pas de deux.

Meine Blogroll links habe ich aktualisiert, und ich freue mich, wenn bald noch mehr dazu kommen, damit wir wieder reisen können durch die Geschichten und durch die Leben der anderen.

5 Gedanken zu „Blogroll

  1. Genial! Diesen Text werde ich noch viele Male lesen – wie schon andere von Ihnen.

    Gründe:
    1. Faktisch erhellen Sie mir ein Stück Netzgeschichte, die mir aufgrund anderer Interessen völlig entgangen ist. Zudem lerne ich gerade wieder neue Vokabeln. Für mich als Späteinsteigerin also sehr bereichernd.
    2. Sprachlich erwärmt mich Ihr Sternenhimmel und noch einiges mehr.
    3. Inhaltlich freuen mich die Verweise auf die anderen Blogger und ihre Wetten.

    Danke für den vordergründig so sachlichen und dahinter so schönen Text.

    Auch ich gehe bei den Damen Herzbruch und Novemberregen wiederholt vorbei, um die Kommentarlandschaft zu beobachten.

  2. Und dann gibt es noch die, die vom Klarnamen aus Gründen in ein Pseudonym abgetaucht sind, mit eigener Domain usw. 🙂 und unverdrossen nie aufgehört haben zu schreiben – bei mir werden es nun 15 Jahre [Sie kennen mich sicher. Aus Antville-Zeiten.]
    Ich habe eine solche Sehnsucht nach der Lebhaftigkeit der Kommentar-Threads aus alten Zeiten …

  3. Find ich super, diesen Ausflug in die Geschichte. Ich blogge noch nicht so lange, habe bei tumblr angefangen und mache jetzt mit eigener Domain weiter. Manchmal bedaure ich es, dass ich nicht auch schon vor 15 Jahren angefangen habe. Ich habe probiert, aber damals kam mir das Bloggen so absurd vor. Heutzutage ist betreibe ich eine Mischform aus Bloggen und Texte veröffentlichen. Da gibts durchaus Unterschiede…

  4. Daß es einmal eine Nostalgie des Bloggens geben könnte, hätte ich damals völlig absurd gefunden. Aber eben diese Art Sehnsucht hat mich wieder einmal zu Ihnen geführt. Und ich freue mich – immer wieder – über ihre Art zu schreiben. Wie Sie die Dinge so scheinbar kühl auf den Punkt bringen, daß es unter die Haut geht.
    So etwa 2002 glaubich schrieb ich meinen ersten Kommentar unter ein Blog. Heute fühlt es sich nicht mehr ganz so verwegen an wie damals. Dafür viel genüßlicher!

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