Mein Nachhilfeschüler kommt rein, knallt die Tasche auf den Tisch, fläzt sich auf den Stuhl. Seine ganze Körperhaltung drückt Ablehnung aus. Er tut, was ich sage, er tut es leidenschaftslos, ungern, leidend. Er zieht eine Flunsch. Passive aggressive. Und ich werde zunehmend sauer, das ist ja, als ob man einen Esel den Berg hochschieben muß, so gut bezahlt werde ich nun auch nicht. Mühsam, und ich weiß mir mit nichts zu helfen außer mit Routine: wir machen eine Aufgabe, lesen aus den Buch, schreiben etwas auf, machen noch eine Aufgabe.
Als ich nach Hause fahre, die Straßen leer in der Dämmerung, schießt es mir durch den Kopf: mein Nachhilfeschüler war heute sehr verletzlich. Und ich erinnere mich plötzlich wieder, wie das ist – Pubertät, das Chaos der Hormone: an manchen Tagen die Haut so dünn, die Seele wie ein rohes Ei. Grundlos geweint habe ich, und ich bin mir sicher, ich war oft ebenso pampig wie er.
Manchmal, sinniere ich weiter, geht es mir auch heute noch so. Ich reagiere schnippisch, wenn ich eigentlich verletzlich bin und dünnhäutig. Und manchmal bin ich im Unrecht. Aber was würde es nützen, das zuzugeben?