Unvermittelt legt er die Karten auf den Tisch. Es ist unsere zweite Chance. Wir waren essen, sind durch die Straßen gestreift, haben einen Zwischenstop in einem dreckigen Hinterhof eingelegt und sitzen nun in einer Bar.
Er schaut mich an, seine Augen dunkel, und sagt: wir können nicht zusammen sein.
Ich will austrinken, aufstehen, gehen. Frage dann doch warum? Es ist mir unerklärlich. „Willst du nicht“, frage ich, „oder kannst du nicht?“
Er spricht von Selbstzweifeln, von seiner Sorge, Konflikten nicht gewachsen zu sein. Von der Schwierigkeit, tragfähige Kontakte zu anderen Menschen aufzubauen. Er will alles richtig machen.
„Alles beginnt mit dem ersten Schritt“, meine ich. „Jetzt klingst du wie ein Kalenderblatt“, meint er. Er spricht von einem Abgrund, der uns trennt und den er nicht überbrücken kann. „Was ist mit der Brücke, die ich dir gebaut habe?“, frage ich. „Metaphern helfen uns nicht weiter“, sagt er.
Immer wieder bedeckt er die Augen mit seiner Hand, massiert seine Stirn, grinst, um die Tränen zu unterdrücken. Es ist nicht einfach für ihn. Es ist auch nicht einfach für mich. Eine Stunde später verstehe ich immer noch nicht, was ihn aufhält, was er befürchtet. Es ist so viel Nähe zwischen uns, so viel Intimität in unseren Worten, mehr als wenn wir nackt wären. Und dennoch entsagt er mir lieber, als die Zweisamkeit zu versuchen. Straft sich, straft mich.
Er begleitet mich ein Stück auf meinem Nachhauseweg. Ich fühle mich ausgelaugt und gleichsam aufgekratzt. Schwarzer Humor hat sich eingeschlichen, und wir müssen beide ein wenig lachen, weil das alles so absurd ist, grotesk, tragisch.
Zum Abschied nimmt er mich sanft und leicht in die Arme, einen Bruchteil eines Augenblickes nur. Etwas klickt, wie zwei Teile, die zueinander passen. Als er sich von mir löst, tut es so weh, daß ich es kaum aushalten kann.
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