Das vielleicht schönste am Orgasmus ist ja, einen Moment lang nichts zu denken. Gedankenlosigkeit im besten Sinn, das geistige Äquivalent zur Schwerelosigkeit. Dann kommt das körperliche Bewußtsein wieder zurück: zittrige Hände, angenehme Erschöpfung, pochendes Herz, Atemlosigkeit. Erster Gedanke: wow, das war echt unglaublich! Zweiter Gedanke: hoffentlich kriege ich nicht irgendwann mal einen Herzinfarkt dabei. Dritter Gedanke: cool, ich habe einen Moment gar nicht an meine Sorgen gedacht. Und schwipp, schwapp sind sie wieder da, wie die immer stärker werdenden Wellen der zurückkehrenden Flut.
Die Gedanken. Immer kreisen sie im Kopf, rundherum. Ich suche nach der Pointe, einem Fluchtpunkt, auf den allles zuläuft, der Rahmen, der einen Sinn gibt. Despite of my rage I am still just a rat in a cage. Ich mache mir Gedanken, ob ich die letzten vier, fünf Jahre meines Lebens verschwendet habe. Ein klassisches Luxusproblem von Leuten, die von sich selbst glauben, sie hätten Potential. Ständig fragt man sich: habe ich es genutzt? Bislang habe ich noch keine Argumente gefunden, die bestätigen, daß ich meine Zeit sinnvoll genutzt habe, oder entkräften, daß ich sie verschwendet habe.
Vielleicht wartet sie in der Zukunft auf mich, meine Pointe, so tröste ich mich. Eine Zeitlang habe ich geglaubt, scheitern mache einen Menschen stärker, scheitern wäre eine wichtige Lebenserfahrung. It builds character. Mittlerweile glaube ich eher, man ist dann eben gescheitert, einfach so, keine Pointe, und alles was man kriegt sind abgestoßene Ecken an der Seele.
Erwartunghaltungen. Das Warten auf Pointen. Irgendwann ist die Zeit um, und dann ist es auch egal.