In den meisten Abteilungen an den meisten Arbeitsplätzen der Welt ist es üblich, daß, wer Geburstag hat, einen ausgibt. Bei Ruth wird immer gefrühstückt, andernorts gibt es womöglich Alkohol (Sekt! Bier!), bei uns gab es in der Regel Kuchen, manchmal auch Lunch. Mit dem trockenen Kuchen meines Chefs war ich schon recht vertraut, bis er eines Tages beschloss, keinen Kuchen mehr zu backen – zu viel Arbeit, zu wenig Zeit. Ich hätte es in Ordnung und irgendwie auch ehrlich gefunden, wenn der Chef einfach verkündet hätte, daß er keinen Kuchen mehr ausgibt, er ist schließlich Chef und wir sind nicht alle gleich. Indes, er beschloß, statt Kaffeekränzchen seinen Geburtstag mit einem Lunch zu feiern; zu diesem Anlaß sollte Pizza bestellt werden. Wir freuten uns. Der große Tag kam, wir durften Pizza bestellen – allerdings jeder nur ein Viertel. Dem Chef, der etwa das fünffache von uns verdiente, wäre es sonst zu teuer geworden.
An die Pizza-Story mußte ich gestern denken. Mein neuer Chef hatte Geburtstag und hatte Kuchen gekauft. Wir sind jetzt etwa 30. Es war guter Kuchen, es war genug für alle da und es war eine nette, normale Geste.
Mein Coach hat mich immer gebremst, wenn ich eine dieser Stromberg’schen Geschichten von meinem Chef erzählt habe, voll Wut und Verachtung und Lächerlichkeit. Es ist einfach, solche Geschichten zu erzählen, aber es macht es nicht einfacher, mit einem solchen Chef zusammenzuarbeiten, und auch nicht, sich auseinanderzusetzen mit dem, was war. Und auseinandersetzen muß ich mich, will ich mich, früher oder später, bis ich eine Pizza sehen kann und mich nicht mehr daran erinnere, daß man sie vierteln kann.