Gestern, als ich über das Reisen schrieb, habe ich einen Absatz wieder gelöscht. Ich wollte etwas über die Wahrnehmung des Reisens schreiben: dass die Vorfreude darauf schön ist (Zukunft), und der Rückblick, wenn die Erlebnisse Erinnerung geworden sind (Vergangenheit). Interessanterweise ist es oft die Gegenwart, die ich weniger schön finde: der Sand ist zu sandig, die Füße tun weh, die anderen Leute stören mich usw. Überhaupt ist vieles im Rückblick schöner: der Schrank aus dem schwedischen Möbelhaus ist am schönsten in dem Moment, in dem er endlich aufgebaut ist; die Wohnung ist am schönsten, wenn sie gerade aufgeräumt wurde, und die Texte sind am schönsten, wenn sie geschrieben sind. „I hate to write, but I love having written“.
Ein Glück, wenn man in den Flow kommt. Beim Hämmern von Nägeln kommt er leichter als beim Tippen von Worten, zumindest geht es mir so. Besonders fasziniert mich am Flow das momentane Verschwinden des Zeitempfindens. Ich kann normalerweise recht gut die Uhrzeit schätzen, weil ich ein gutes Gefühl dafür habe, wieviel Zeit wohl vergangen ist, seit ich das letzte Mal auf die Uhr geschaut habe. Das ist wohl ein Relikt aus meiner Zeit im Labor, in der die Inkubationszeiten den Arbeitstag gestaltet haben. Der Flow hebelt dieses Zeitempfinden völlig aus. „Es gibt nicht die Zeit“, sagt der Zeitforscher Karlheinz A. Geißler, „sondern wir sind selbst die Zeit“. Auf eine gewisse Weise betrachtet existiert die Zeit, weil wir sie empfinden.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Sie sollten alle gleich viel Aufmerksamkeit bekommen. Ich werde besser darin, auch das Stiefkind Gegenwart zu lieben. Wenn ich einen Augenblick lang den Wolken zuschaue, zum Beispiel, oder den Wind auf meiner Haut spüre. Wenn ich Musik höre, ganz bewusst, oder die Erotik (auch so ein vernachlässigtes Stiefkind) hereinbitte. Wenn ich mich frei mache von Erwartungen.
Ich weiß nicht, ob es hier eine Pointe gibt. Rome von Rounders fand Pointen sinnlos, sei auch nur so eine unnötige Erwartungshaltung.