Gegen Ende des Tages ein kleiner Endorphinrausch, und das kam so:
Mein Geschäftsführer hatte an den Head of meiner Abteilung overseas eine kurze Email geschrieben, sich für eine Initiative bedankt und mich cc gesetzt. Der Head of hat ihm geantwortet (und vergessen, mich aus dem cc rauszunehmen), denn im letzten Absatz stand:
Und übrigens, wir sollten bei Gelegenheit mal über Fragmente sprechen, sie ist wirklich sehr, sehr, sehr gut.
Was mein Geschäftsführer natürlich bestätigt hat.
Ich habe dieses Jahr ein paar richtig große Räder gedreht, manche drehen sich auch noch. Das war schwer, ich war da ein paar Mal wirklich sehr weit außerhalb meiner Komfortzone, aber ich bin daran natürlich auch gewachsen. Und es war für mich einfach wichtig, das zu tun, was ich für richtig erachte, um der Organisation, für die ich arbeite, zu dienen.
Es könnten sich Türen für mich öffnen, wenn ich will – aber was will ich? Und was bin ich bereit, dafür zu geben? Ich weiß ganz gut Bescheid über den Preis von Veränderung, was ich tun müsste und was es mich kosten würde.
Also – was will ich? Das Materielle reizt mich nicht mehr sonderlich. Ruhm und Ehre und die großen Titel: ein bisschen. Macht? Ziemlich, und zwar als Mittel, um durchzusetzen, was mir wichtig ist, ohne mir von zu vielen weißen Männern reinquatschen lassen zu müssen. Mehr Truppen? Das wäre ein Traum – der Traum, sich nur noch auf ausgewählte Themen konzentrieren zu köennen, und hoffen, dass es kein böses Erwachen gibt. Mehr mit Profis, mehr konzeptionell denken, mehr netzwerken, noch mehr über meine Organisation zu lernen und die Menschen darin und ihre Geschichten, Themen und Anliegen.
Ein Teil von mir hat große Lust darauf, und ein andere Teil von mir will vor allem seine Ruhe, sich nicht mehr schinden, im Sessel sitzen, TikToks schauen und billige Taschenbücher lesen.
Am Tag vor der Abreise bereue ich meistens sehr, in den Urlaub zu fahren. Ich würde lieber zuhause bleiben. Hinterher hat es mir dann aber stets sehr gut gefallen.
Ich weiß, was die Dinge kosten, und ich weiß so einiges über Veränderung. Es gibt die tiefen Schnitte: der erste Tag in einem neuen Job. Das Flugzeug, das uns woanders hin bringt, und die Luft fühlt sich anders an und das Licht, Sandalen statt Wintermantel. Jemand stirbt, und jemand wird geboren.
Es gibt aber auch die andere Veränderung, die kleine, in Inkrementen. Gewohnheiten, die sich zueinander addieren. Kleine Verschiebungen. Säen, ausdünnen, umtopfen, zurückschneiden, und dann: ein Garten.
Vielleicht so.
Kontakttagebuch: Spaziergang mit Muttern, blauer Himmel und Sonnenschein.
Egal, was passiert: H. gratuliert jedenfalls für das Lob.
Schöner Text. Ich freue mich für dich!