6/31 – Hinwege, Rückwege

Die Euphorie von gestern ist bereits verflogen.

Es gibt ja so Menschen, die kommen ins Büro, fahren den Rechner hoch, holen sich einen Kaffee, tratschen bisschen mit der Sitzplatznachbarin, packen die Frühstücksstulle aus und beißen rein, und erst dann betritt der erste arbeitsbezogene Gedanke ihren Kopf.

Bei mir ist das nicht so. Meistens geht es bei mir los, wenn ich unter der Dusche stehe, weil ich dann beginne, über die anstehenden To-do’s und Termine nachzudenken. Das ist immerhin nicht direkt nach dem Aufstehen, sondern erst, nachdem ich einen Kaffee getrunken, eine Runde durch die Blogs gezogen und das Wordle/Waffle/Connections gelöst habe. Heute war es ein langes Nachdenken über die Arbeit, weil ich morgens noch aufgeräumt habe (war nötig), und dann im Stau stand, den Stau umfahren habe, und mich dabei verfahren habe. Als mein Fuß also um 10 Uhr den Büroteppich berührte, hatte ich schon diverse arbeitsbezogene Problemszenarien durch meine Gehirnwindungen gezogen und war ziemlich genervt. Der Frage, warum ich so wütend bin, muss ich mal in einer meiner Wir-nennen-es-Coaching-und-nicht-Therapie-Sitzung nachgehen, aber erst, wenn wir das Rätsel gelöst haben, warum ich immer so weinen muss, wenn ich daran denke, dass mein Vater tot ist.

Jedenfalls. Ich habe dann erst einmal zwei Meetings abgesagt, dann hat mich eine wichtige Person, die mich sonst eher nicht unterstützt, bei einem mir wichtigen Anliegen unterstützt, was diverse Unter-der-Dusche-Horrorszenarien in Luft aufgelöst hat, dann hat mich ein Abteilungsleiter scharf angegriffen – ich kann ihm aber nicht böse sein, die arme Socke, dann hat mich mein Lieblingsfeind per Chat blöd angemacht, dann habe ich übersprungshandlungshalber seine neue Kollegin angerufen, und die ist sehr nett. Dann bin ich Novemberregen anrufend aus dem Büro geeilt und habe mich vor dem Büro mit Francine getroffen. Wir sind zu dritt Mittagessen gegangen, ich habe Frau „free therapy“ Novemberregen die unverschämten Chatnachrichten meines Lieblingsfeindes gezeigt und Francine hat Geschichten aus Südamerika erzählt.

Es war sehr schön.

Die nächste Stunde habe ich hektisch Dinge weggearbeitet, an die ich keine Erinnerung mehr habe, und dauernd Leute aus meinem Büro geschmissen („keine Zeit“). Anschließend gutes Treffen mit einem externen Dienstleister.

Zum sehr frühen Feierabend zu Fuß aus dem Büro geeilt und zum Friseur gegangen, also: meiner Friseurmeisterin. Sie besitzt einen sehr kleinen Friseurladen, man ist dort mit ihr allein. Mir gefällt das sehr. Über ihre Preisgestaltung gesprochen und die sonstigen Friseurgespräche geführt. Mein Auto aus der Bürotiefgarage befreit und bei der Ausfahrt ging wer an mir vorbei?

Richtig. Frau Novemberregen. Gehupt, sie eingesammelt und nach Hause gefahren. Nein, es liegt nicht auf dem Weg. Ja, es war sehr schön.

Den Weg von ihr zuhause zu mir nach Hause kenne ich recht gut. Es gibt da ein Stück Autobahn, gerade und sehr nach Westen ausgerichtet, dort habe ich schon oft einen wirklich schönen Sonnenuntergang gesehen, heute wieder. Der Sonnenuntergang auf dem Rückweg von Novemberregen. Und Flugzeuge obendrüber.

Es muss ein bisschen Druck aus meiner Beziehung zum Büro. Die Dinge müssen mir ein bisschen egaler werden.

Statistik:
Laune: schwankend
Fitness: 7/10
Druck: 8/10
Schlaf: 7/10

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