Antonym

Was ich am Sommer besonders liebe: Wäsche auf dem Balkon trocknen. Vor allem Bettwäsche. Morgens abziehen, zwei Stunden Hygieneprogramm in der Waschmaschine, aufhängen, und nach nicht einmal zwei weiteren Stunden ist alles trocken, und das Bett kann frisch bezogen werden.

Leider hasse ich es, das Bett zu beziehen. Es ist mit Abstand die Haushaltstätigkeit, die ich am meisten verabscheue. In allem wohnt eine Dualität.

Die Tage, an denen ich die Bettwäsche auf dem Balkon trocknen lassen kann, sind rar gesät. Es muss dafür richtig warm sein, sonnig und am besten wolkenlos, aber zumindest ohne Regengefahr. Außerdem darf diese Art des Wäschewaschens weder mit meiner Erwerbstätigkeit im Büro noch mit meinem Wunsch nach Erholung kollidieren. Keine Angst – ich wasche meine Bettwäsche sehr regelmäßig und nicht nur dreimal im Jahr. Ich lasse sie aber meistens über Nacht im Wohnzimmer trocknen.

Gestern war so ein Tag, wo sowohl das Wetter als auch mein Home Office Tag die Trocknung auf dem Balkon erlaubten. Und wie die Wäsche dann riecht! Nach Sommer und Sonne und… naja, als ob „trocken“ ein Geruch wäre. Ein Antonym zu Petrichor. Ich dachte lange, es hiesse „Petrichlor“ – ich war wohl zu viel in Schwimmbädern. Riecht ja auch ganz anders.

Petrichor ist übrigens ein erfundenes Wort (wobei ja alle Wörter erfunden sind, irgendwie). Gibt es erst seit den 1960ern, zusammengesetzt aus „Petra“ für Stein – ich sollte diese Stadt vielleicht tatsächlich mal besuchen – und „ichor“: Blut der Götter. Drama!

Für den Geruch von in der Sonne getrockneter Wäsche sollte es auch ein eigenes Wort geben, finde ich. Im altgriechischen bedeutet „αὔω (aúō)“ laut Gemini „trocknen“ oder „ausdörren“, oft im Zusammenhang mit Sonne oder Feuer. Kann nur niemand aussprechen. Man könnte ins lateinische gehen und es „solsiccare“ nennen, Sol für Sonne und Siccare für trocknen (Vorschlag von Andrea). Vor tausend Jahren, als ich in einem endlosen Sommer Experimente in organischer Chemie an der Universität durchführte, verwendeten wir ein Gerät namens „Exsikkator“, ein Topf aus Glas, der unter Vakuum gesetzt wurde und den Inhalt dann super trocknete.

Nochmal was zu Petrichor: dass Menschen und Tiere riechen können, wann es wo geregnet hat, macht total Sinn, wenn wir uns Jäger und Sammler in der Steppe vorstellen. Irgendjemand hat erforscht, dass Kängurudamen besonders gerne ovulieren, nachdem sie Petrichor gerochen haben. Es wird dann für einen selbst und den Nachwuchs genügend Futter zur Verfügung stehen.

Eigentlich schade, dass sich die Aufzucht im Beutel evolutionär nicht durchgesetzt hat. Schmerzfrei Kinder gebären, und immer eine Handtasche dabei – das wär’s doch.

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