die kleine Normalität

Stimmung recht volatil, gestern sehr schlecht, heute ziemlich gut.

Schlecht heißt, dass mir nichts Spaß macht, kein TikTok, kein Twitter, kein Internet, und mich nichts interessiert, die Arbeit nicht, die Projekte und To-do’s auch nicht, die Bücher langweilen mich und die Musik ist mir zu Jazz. Und das Wetter war auch schlecht.

Auch heute regnet es, grauer Himmel, aber die Laune besser, keine Ahnung, woran es liegt. In sechs Videokonferenzen gewesen, was für acht Stunden Arbeit (plus) schon recht viel ist. Aber die Laune ist gut, und das ein- und wieder auftauchen, der rasche Wechsel von Themen hat mir Spaß gemacht. Alles interessiert mich heute, ich bin ganz im Moment, und die Musik groovt.

Bei einem regelmäßigen Meeting mit Kolleg:innen aus einem anderen Standort werde ich immer ausgesprochen höflich behandelt, gar hofiert, ich kann aber inhaltlich rein gar nichts beitragen. Das verwirrt mich ziemlich, fühlt sich seltsam an, mal sehen, wie ich damit am besten umgehe.

Frau N. sieht auch heute wieder ausgesprochen gut aus, ich mache ihr ein Kompliment für ihre Bluse, die ihren Busen bestmöglichst (und dennoch business casual angemessen) zur Geltung bringt. Ganz kurz chatte ich heute auch mit dem Kind von Frau N., die in Wirklichkeit schon eine junge Erwachsene ist, und ergattere eine Verlinkung auf TikTok. Endlich mit jemanden aus GenZ befreundet! Zumindest virtuell.

Vor gut einer Woche hat jemand, der wie ich eher Gen X ist, gepostet, dass die Pandemie in 35 Tagen (in Worten: fünfunddreißig) zuende sein wird. Ich finde den Gedanken schön, wenngleich nicht ganz zutreffend. Die Pandemie wird insofern „vorbei“ sein, als dass in Deutschland ausreichend Menschen erst- und teilweise zweitgeimpft sein werden, um eine kleine Normalität zu ermöglichen. Die kleine Normalität heißt: teilweise Rückkehr ins Büro, Wiedereröffnung der Außen- und vielleicht auch Innengastronomie, Soft Opening der Geschäfte und Hotels und Museen mit Maske und Abstand, Auslandsreisen mit negativen Test usw. Es wird sich anfühlen wie letzten Sommer, vielleicht ein bisschen besser, nur manchmal wird noch jemand erkranken, den wir über ein paar Ecken kennen, und auf anderen Kontinenten werden sie Gräber graben. Zum Winter hin wird es entweder wieder schlimmer werden, oder es wird sich auf diesem Niveau noch ein bis zwei Jahre ziehen, mal sehen.

Frau N. und ich werden uns voraussichtlich Mitte Juni wieder persönlich treffen. Gut möglich, dass es das erste Mal in 2021 sein wird.

„Good Omens“ noch einmal angeschaut, also die Verfilmung. Der Dämon versucht den Engel zu überzeugen, sich mit ihm zu verbünden, um das Ende der Welt (Armageddon) abzuwenden. Nach dem Ende der Welt, egal welche Seite gewinnen würde, gäbe es die Welt nicht mehr. Keine Bücher. No old Bookshops. Keine Musik (who do you think has all the musicians?). No more fascinating little restaurants where they know you by name.

Der Engel erschaudert.

Livekonzerte. Karaoke. Mit Francine drei Stunden in der Buchhandlung stöbern. Mit dem ICE nach Berlin oder Amsterdam, durch die Neue Nationalgalerie oder das Rembrandthaus. In der Lounge am Flughafen abhängen. Mit der Truppe aus dem Büro den ganzen Abend beim Libanesen, Mezze essen, Weißwein trinken. Durch die Stadt laufen, blaue Stunde, ein kleiner Moment der Stille zwischen den Bankentürmen, und spüren: alles ist möglich.

Es fehlt mir sehr, aber es fühlt sich fast unanständig an, es zuzugeben.

Ein Gedanke zu „die kleine Normalität

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