Dieses Mal hatte ich weniger Angst, daß ich ihm nicht gefallen könnte, dieses Mal hatte ich Angst davor, daß er mir nicht gefällt. Ob es doch nur der Zauber einer Nacht war, die Illusion eines Chatprogramms? Das erotische Empfinden einer Frau ist fragil wie ein deutscher Sommer, der Flügelschlag eines Schmetterlings, die falschen Schuhe, ein falsches Wort, dahin.
Abends ist der Bahnhof noch immer belebt, ich stehe neben einer Gruppe von Weltjugendtagsjüngern und bin ziemlich sauer und ein wenig nervös. Ich hasse den schäbigen, dreckigen Bahnhof, ich hasse das Warten. Dann sehe ich ihn, daumennagelgroß, am Ende des Gebäudes, in eine falsche Richtung gehend. Ich laufe ihm entgegen, bin ganz gerührt von diesem Moment des Wiedererkennens und daß ich sofort gewußt habe: das ist er. Er nimmt mich in die Arme, sein Bauch ist weich und warm und fühlt sich klasse an, er riecht fantastisch und alles ist gut.
Ich bin überrascht, wie gut wir miteinander harmonieren. Wie gut wir nebeneinander, miteinander schlafen können. Wie angenehm ich ihn empfinde, wie leicht es fällt, es ihm recht zu machen, und daß er es zu schätzen weiß. Wir frühstücken auf dem sonnendurchfluteten Balkon; gehen wieder ins Bett und dann in die Stadt, Hand in Hand. Am Schönsten ist es, als wir zusammen in einen großen Buchladen gehen, die Regale durchstöbern, einen Kaffee trinken und einander die Beute zeigen.
Ich mag seinen Körper, seine Wärme, wie er mir unermüdlich über den Rücken streicht und später seine Finger tief in mein weiches Fleisch gräbt.
Die Zeit ist abgelaufen. Ich bringe ihn zum Gleis und weiß, ich muß gehen, ohne mich umzudrehen. Ich hasse den Bahnhof. Das Bett wird noch ein paar Tage nach ihm riechen.
Ich ziehe mir den Mantel meines Alltags wieder an. Bin gelassener geworden, entspannter. Und um eine Erkenntnis reicher: daß es möglich ist, daß es Platz gibt in meinem Leben für jemand anderen, und daß dieser Platz einzunehmen ist ohne Mühe.
Ein kleiner Kater bleibt. der schrieb:
Equilibriumstheorie wieder bestätigt: die Menge an verfügbarem Wohlbefinden über eine gewisse Zeit ist konstant, Vorauszahlungen werden über Unwohlsein beglichen.
Aber aufzupassen, daß es mir nicht zu gut geht, darauf habe ich nun wirklich keine Lust.