Mit Ruth beim Chinesen über Gott geredet. Neulich wurde bereits meine Neigung zu unpassenden Tischgesprächen kritisiert, als ich mit einem Science Fiction Autor über Science Fiction reden wollte. Aber wie soll man auch sonst erfahren, was einen wirklich interessiert.
Ruth hat mich mit der Äußerung überrascht, sie hoffe, nach ihrem Tod für die ganze Scheiße, die sie in ihrem Leben so ertragen mußte, belohnt zu werden. Um das zu verstehen, muß man wissen, daß sie eine von diesen Nonnen geleitete Klosterschule besucht hat. Außerdem hasst sie ihren Job bei einer Versicherung, hat eine modellhaft verkorkste Familie und findet ihre Haare zu dünn.
Ich bin ja mehr dafür, das jetzige Leben so paradiesisch wie möglich zu gestalten, weil was nach dem Tod kommt, das weiß man ja nicht so genau. Ich hoffe immer, daß ein Apfelbaum aus mir wächst.
Am Tisch neben uns tauchte dieses Pärchen auf. Er mit Rotzbremse, saß ihr diagonal gegenüber, also so weit voneinander weg wie möglich. In ein paar Jahren sitzen sie vielleicht nicht einmal mehr am selben Tisch. Sehr seltsam. Unnötig zu erwähnen, daß sie nichts miteinander geredet haben. Sie gingen zum Buffett, schaufelten sich voll, guckten aneinander vorbei und waren in zwanzig Minuten fertig. Ruth und ich gingen dann zwei Stunden später, nachdem wir außer über Gott auch noch über die Welt geredet haben. Dann lasen wir uns aus unseren eMails von 2001 vor. Später hielt mich Ruth sanft am Arm fest, damit ich beim Überqueren der Straße nicht überfahren werde. Hat auch seit zwanzig Jahren niemand mehr bei mir gemacht. Für den Heimweg hat sie mir ein paar Thunfischsandwiches eingepackt.
Über die Jahre haben entweder ihre Schrullen abgenommen oder meine Toleranz zugenommen. Oder beides. Jedenfalls war es ein perfektes, entspanntes Wochenende.
(Ich mag partnerlos sein, dachte ich auf der Rückfahrt, aber allein bin ich nicht.)