Der Tod trennt uns auf seltsame Weise von denen, die wir lieben. Der Tod ist wie ein Vorhang, hinter dem der Verstorbene verborgen ist. Ganz nah, und doch unerreichbar. Denn die eine Wahrheit ist, dass jemand Geliebtes, der verstorben ist, immer mit uns verbunden bleiben wird: in unseren Erinnerungen, im Erlebten und manchmal auch als Stimme, die uns etwas zuflüstert.
Für mich sind es vor allem die Alltäglichkeiten, die in ihrer Vergänglichkeit unerträglich sind. Sein Hut, der noch oben auf dem Bauernschrank liegt, im vertrauten Dunkelblau, und auf seinen Besitzer wartet, als würde er jederzeit wiederkommen. Die Art, wie mein Vater die Salami in schmale Rädchen schnitt und dann die Rinde entfernte.
Was mich tröstet, sind die Momente, in denen ich plötzlich denke: „das hätte ihm jetzt auch sehr gefallen“. Der Blick zu St. Paul’s über die Themse, die Neugestaltung von St. Pankras. Der Duft des Kürbis, den ich gerade ausgehöhlt habe, und der jetzt, kleingeschnitten, zur Suppe wird. Und mit einem Mal erinnere ich mich ganz deutlich daran, wie sehr er das Leben genossen hat, wieviel Kraft darin lag, und wieviel Freude. Ich kann dann gar nicht anders, und freue mich auch.
Es wäre so schön, wenn er noch da wäre. Wenn ich all dies mit ihm erleben könnte. Wenn ich neue Erlebnisse und Erinnerungen mit ihm schaffen könnte, anstatt dies alles nur in der Vergangenheit zu haben. Aber ich weiß, dass er fertig war mit diesem Leben, dass er es aufgebraucht hatte, dass er all dem müde war. Was dennoch schmerzt, das ist, dass er nicht sehen kann, wie mein Leben, wie meine Geschichte weitergegangen ist und weitergehen wird. 2016 ist so ein gutes Jahr für mich, voller Erfolge und Anerkennung. Er kann nicht mehr runter gehen in den Keller, eine Flasche Sekt hochholen und mit mir anstoßen. Das ist die eine Wahrheit. Die andere ist, dass ich mit unumstößlicher Gewissheit weiß, dass er es sofort tun würde. Er war mein größter Fan. In manchen Situationen ist es, als stünde er hinter mir, und feuert mich an. Er fand mich ziemlich klasse. So werde ich nie mehr geliebt werden. So sehr wurde ich geliebt.
Er ist immer bei mir, in meiner Erinnerung, in meinem Herz, in meinem Blut. Er ist unerreichbar für mich.
Der Vorhang trennt uns.
Er ist unerreichbar für mich, und doch immer bei mir.
Er ist nicht nur in deinem Blut, deinen Erinnerungen, deinen Gedanken und deinen Wünschen bei dir.
Er ist auch so bei dir. Bei allem was du tust, was du tun willst, was du lässt.
Vielleicht dauert es, doch wenn es so weit ist, wird er sich nähern und bleiben.
Mein Vater ist vor 30 Jahren gestorben. Meine Beziehung zu ihm ist lebendig und nah. Er ist immer bei mir.
Es mag Tage, manchmal Wochen geben, wo er nur da ist, ohne dass ich in einen Dialog mit ihm trete. Dann wieder ist er bei bestimmten Themen länger um mich herum. Er ist da.
Lieber wäre mir, er lebte, er hätte weitere 30 Jahre voller Liebe, Erleben, Freude oder auch Schmerz und vielleicht Ärger erleben können.
Lieber wäre mir, ich könnte ihn heute in den Arm nehmen, zerbrechlich, inzwischen dünn und klein, mit seinen fast 85 Jahren. Das habe ich leider nicht erlebt.
Lieber wäre mir, ich hätte die letzten Schritte seines Lebens mit ihm gehen können, bei ihm sein, so wie er heute bei mir ist. Das habe ich leider auch nicht erlebt.
Ich bin dankbar, dass ich mit ihm in Verbindung bin.
Lila Cashmere. Das ist ein schönes Gefühl.
Das geht mir zu Herzen und lässt mich seufzen „ja, genau so ist das“
Danke schön.
Ich weiß genau, wie das ist und wie du dich fühlst.
Mein Vater ist vor drei Jahren verstorben.
Ich denke jeden Tag an ihn.
Er wird für immer in meinem Herzen sein.
Denn ein Vater ist ein Vater ist ein Vater.
Für immer.