Frau Novemberregen sieht heute unzufrieden aus, beteuert aber, es nicht zu sein. Ihre Haare sitzen sehr gut, ich hingegen habe eine Mischung aus Corona- und Urlaubsfrisur, da müssen wir jetzt durch. Ich sitze im Schlafzimmer, hinter mir Klamotten auf dem Bett, aber eigentlich ist es aufgeräumter, als es aussieht. Hinter Frau N. räkelt sich mal wieder ganz süß eine Katze, und das Licht scheint hell und klar auf ihren Schreibtisch, ganz anders als vor ein paar Monaten, als wir angefangen haben. Es ist Sommer geworden.
Wir sprechen erst über ihr Büro und was da schon wieder alles los ist, mir klappt die Kinnlade herunter, als ich höre, wer sich erdreist, den nOC direkt anzumailen. Dann lachen wir ein bisschen über die Kabelkarte, und sprechen über Gauner und Betrüger, die kleinen wie die großen, mit Anzug oder ohne. Ich erzähle, dass ich einen Führerschein für ein Motorboot machen möchte, gar nicht so schwierig, ein paar Praxisstunden, ein paar hundert Theoriefragen auswendig lernen, und 9 Knoten können, da könnte ich ja Vorwissen aus meiner Vergangenheit einbringen, und die Anspielung hängt kurz zwischen uns im Videochat. Dann aber muss Frau N. ihre rote Beete umrühren. Der Ziegenkäse gratiniert nicht so richtig, lässt sie mich wissen.
Frau N. hat heute gute Nachrichten erhalten von allerhand Ämtern, und auch sonst scheint es gut zu laufen, und ich freue mich aufrichtig und tief für sie. Das hat sie verdient. Schnell bucht sie uns noch zwei Tickets für den Badesee, damit es uns noch besser geht. Ob wohl der Stand für Pommes und Eis geöffnet hat? Nirgendwo schmecken die Pommes so gut wie im Freibad oder am Badesee. Letztes Jahr gab es sogar eine gemischte Tüte zu kaufen, mit Gummitieren und sauren Schlangen.
Ich höre die Schwalben, die vor der offenen Balkontür von Frau N. rufen, während das Abendlicht weicher wird.
Frau N. hat mich gebeten, über mein Fußdings zu berichten. Bei meinem Fußdings handelt es sich um eine Vorrichtung, in der man während des Duschvorgangs seinen Fuß zur Reinigung stecken kann, ohne sich bücken oder auf einem Bein balancieren zu müssen. Ich hatte das Fußdings bei Amazon bestellt und wir hatten darüber bei unserem letzten Videotermin gesprochen, weil sich Frau N. für die Kiste, die im Bildhintergrund zu sehen war, interessiert hat. Das Fußdings hat micht qualitativ leider enttäuscht, es war sehr billig verarbeitet und wirkte außerdem so, als hätte es schon jemand ausprobiert. Ich habe es daher retourniert und bin jetzt wieder fußreinigungs-gadgetlos, es sei denn, ich erwerbe ein Konkurrenzmodell. Mal sehen. Hier ein Produktlink.
Ich hatte Frau N. angekündigt, heute noch über ein Thema zu schreiben, das nicht zu Ton und Thema dieses Weblogs passt. Mich bewegt sehr der Cluster an Covid19-Infektionen in einer Großschlachterei/fleischverarbeitenden Betrieb – es gab bereits mehrere solcher Cluster in genau solchen Betrieben in den USA, und es wird auch noch weitere in Deutschland geben. Es ist ein spannendes Thema an der Schnittstelle zwischen Biologie, Physik, Menschen- und Tierrechten, Gesellschaftspolitik und Kapitalismuskritik. Für heute abend auf jeden Fall zu groß, aber ich hoffe, ich komme in den nächsten Tagen dazu, aufzuschreiben, was aus meiner Sicht wichtig ist. Und sei es auch nur für das Archiv und die Erinnerung.
Diese Sicht auf Fleischfabriken interessiert mich sehr, ich freue mich schon auf den Text.