what’s in a name

Ich habe neulich einen pissigen Brief an meinen Energielieferanten geschrieben. Ich schreibe ungern pissige Briefe. Pissige Briefe sind was für Menschen, die nicht ausgelastet sind, und ich bin voll ausgelastet mit meinem Job und meiner komplizierten Psyche. Ein bisschen wie ein Pentium III mit 256 MB RAM, dessen CPU zu 100% ausgelastet ist und der dennoch nach gewisser Wartezeit und eifrigen Rattern grafiklastige Websites öffnet. Pissige Briefe zu schreiben sind meine grafiklastigen Websites – man geht dort nicht hin, wenn es nicht wirklich dringend ist. Strompreiserhöhungen nehme ich also klaglos hin, falsche Heizkostenabrechnungen nicht. Mein Energielieferant und ich hatten Streit, weil auf meinen Heizkostenverteilern (=Dinger am Heizkörper, wußte ich vorher auch nicht) was anderes stand als auf der Rechnung. Das war dieses Jahr so, das war letztes Jahr so, das wird auch nächstes Jahr so sein. Ich schreibe dann immer einen höflichen Brief an meine Hausverwaltung mit dem Wort Einspruch darin, und dann ruft mich Herr Scholek vom Energielieferant an. Auf dem Mobiltelefon. Wäre mein Leben Firefox auf einem Pentium III, dann wären Anrufe auf dem Mobiltelefon wie ein Browserabsturz („sofort beenden“. Nachts um drei geweckt werden wäre dann wie ein Systemabsturz, um mal in der Metapher zu bleiben.)
Herr Scholek terrorisiert mich also auf dem Mobiltelefon. Wir machen einen Termin aus, er kommt frühmorgens vorbei, meistens schaffe ich es nicht, mir einen Büstenhalter anzuziehen. Für den armen Herrn Scholek bin ich vermutlich genauso sehr eine Strafe wie er für mich. Dann wollte er noch einen Termin und noch einen Termin und ich blicke da nicht mehr durch und hätte dann doch gerne mal was schrifliches, weil ich Akademikerin bin. Wir lieben Papier, wir stehen auf Buchstaben.
Also habe ich einen pissigen Brief geschrieben, es fiel mir nicht leicht. (Die Vermutung, Herr Scholek könnte eventuell Legastheniker sein, habe ich außen vor gelassen, darüber macht man keine Witze.) Auf meinen pissigen Brief habe ich etwa vier Wochen keine Antwort erhalten, also habe ich vorgestern einen pissigen Brief geschrieben, in dem stand, daß ich einen Brief geschrieben hätte und nun doch gerne Antwort hätte. Den Brief habe ich gefaxt! Es scheint ein Naturgesetz zu sein, daß Faxe viel schneller beantwortet werden als eMails oder Briefe. Heute hatte ich Post von meinem Energielieferant. Wenn Sie bis jetzt mitgelesen haben und sich fragen, was die Frau Fragmente eigentlich sagen will – hier kommt die Pointe: der Brief war von einer Frau Inspektorek .
Ich stand etwa fünf Minuten im Treppenhaus, starrte auf den Brief und fragte mich, ob die mich verarschen wollen. Ob Herr Scholek sich einen Spitznamen für mich ausgedacht hat, Frau Inspektor vielleicht, weil ich immer so viel nachfrage, und dann sein eigenes -ek angehängt hat. (Wenn ich so drüber nachdenke, nervtötende Schwabbelsau wäre vielleicht der Spitzname gewesen, den ich mir gegeben hätte, wäre ich Herr Scholek).
Dann glitten meine Augen tiefer, auf die Mailadresse von Frau Inspektorek. Ihren wirklichen Vornamen kann ich nicht posten, sie steht im Telefonbuch, aber so ungefähr sah die Mailadresse aus:

gracia.inspektorek@energielieferant.de

Ich wäre nicht Frau Fragmente, wenn ich der Sache nicht weiter nachgegangen wäre:

Absolute geographische Verteilung des Namens „Inspektorek.“

Ich hoffe, die Dame googelt sich nie selbst, und wenn, daß sie mir diesen Eintrag nicht übel nimmt. Ist ja eigentlich kindisch, diese Faszination von einem Nachnamen, aber: made my day.

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