Pferdchen

Ich sitze mit meinen Eltern in einem gut besuchten Lokal; wir genießen die Frühlingssonne. Am Nebentisch fällt mir eine junge Frau auf, vielleicht Mitte zwanzig. Sie isst mit gesundem Appetit und bescheidenen Tischmanieren gemischten Braten, der Mann ihr gegenüber hat nichts bestellt, soviel kann ich sehen, auch wenn der Rest von ihm außerhalb meines Gesichtsfeldes bleibt.
Beide schweigen viel, ein anderes Schweigen als das an unsrem Tisch. Die Gesprächsfetzen zwischen der Stille rauschen an mir vorbei, bis auf einen: die Frau erzählt, dass sie in einer Gaststätte gearbeitet hat, besonders gefallen hat es ihr anscheinend nicht. Sie hat gekündigt und erwähnt, dass ihr Chef „eine große Liebe hatte“. Zu Spielautomaten.
Der Mann an ihrem Tisch entgegnet lässig, er habe auch viel Geld an Spielautomaten verloren, genug für einen Porsche.

Ein wenig später stehen wir auf und gehen. Ich kann einen besseren Blick auf die Frau werfen, sie sieht ganz gut aus, schlank, schmale Taille, ordentlich Busen, und sehr lange, lockige, schwarze Haare.

„Fandest du die nicht auch irgendwie merkwürdig, dieses Paar am Nebentisch?“, frage ich meine Mutter, und sie stimmt mir zu und sagt:

„Vielleicht war sie sein neues Pferdchen.“

Beklemmend, irgendwie.

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