Heute war ein guter Tag.
Der Tag find nämlich schon sehr gut an: ich war zwar gegen 7 Uhr kurz wach, konnte dann aber nochmal einschlafen, und rutschte in einen angenehmen, beinahe luziden, und mit allerlei interessanten erotischen Inhalten angefüllten Traum, bis ich gegen halb zehn recht erholt in den Tag startete.
Kleines Frühstück, kurz auf dem Balkon gewesen – die Luft riecht so gut! – entspanntes Aufräumen, eine Ladung Wäsche gewaschen, geduscht und nett angezogen, durchs Internet gesurft und zum Mittagessen meine Mutter besucht, die auf meinen Wunsch Lasagne gemacht hatte. Sie hatte das Gericht neu interpretiert, mit Oliven und mediterranem Gemüse, das war schon ganz okay, aber auch hier zeigt sich, wie wichtig es ist, stets ganz genaue Anweisungen zu geben.
Den Nachmittag mit einem kitschigen Fantasy-Roman auf dem Balkon verbracht. Immer mal wieder die Position gemäß Sonnenstand gewechselt und hart an meinem ersten Sonnebrand gearbeitet. Kaffee mit Kardamon und fast so etwas wie Urlaubsstimmung. In der Sonne ein Buch zu lesen ist sehr weit oben auf der Liste der Dinge, die mir gut tun.
Einige Aktivität auch in den Nachbargärten, aber Corona-gedämpft, hier und da wird gegrillt. Am späteren Abend dann fünf junge Männer, die im Garten einer älteren Dame, die pflegebedürftig ist und das Haus nicht mehr verlässt, grillen. Mich durchgerungen und die Polizei angerufen (Amtsleitung), freundlich gefragt, ob das unter dem Corona-Kontaktverbot erlaubt sei. 15 Minuten später hat die Polizei die Party aufgelöst. Verblüffend.
Telefonat mit meiner syrischen Freundin. Ihr Mann und sie sind vor fünf Jahren aus Damaskus geflohen, ihr Mann hatte einen Einberufungsbefehl in die syrische Armee bekommen und wollte nicht in diesem Krieg sterben. Sie haben wohl auch keine Zukunft mehr für sich gesehen. Als Fahnenflüchtiger kann ihr Mann nicht mehr nach Syrien zurückkehren, sofern es keine Generalamnestie gibt, und hat seit seiner Flucht seinen Vater und die Geschwister nicht sehen können. Pläne, sich in Beirut zu treffen, wurden durch die Unruhen im Libanon anfang des Jahres zerstört. Nun ist der Vater verstorben. Sein Enkelkind hat er nicht mehr kennenlernen können.
Alle, die ich kenne, und die einen Krieg oder ein Auseinanderfallen eines Staates mitgemacht haben, nehmen die COVID-19 Krise überraschend gelassen. Meine syrische Freundin erzählt mir zwar, dass sie sich isoliert fühlt und manchmal einsam, aber ich glaube, das hat mit anderen Dingen zu tun.
Abendspaziergang mit meiner Mutter. Meine Mutter und ich haben uns nach dem Tod meines Vaters zwei nebeneinander liegende Wohnungen gesucht. Sie hat dafür ihr altes Umfeld zurückgelassen, ist in ein neues Bundesland gezogen und hat sich einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Seit ich im Home Office bin, gehen wir jeden Tag miteinander spazieren, und witzeln, dass wir bald jeden Briefkasten und jeden Grashalm im Dorf kennen. Tatsächlich entdecken wir beinahe jedes Mal neue Wege oder sehen etwas neues. Heute haben wir rausgefunden, dass es einen Weg gibt, auf dem man einmal rund um das Darf spazieren kann. Schön war das, das Dorf auf der einen Seite, und auf der anderen Wald, Felder, Wiesen, Ried und drei scheue Rehe. Abendsonne und über uns ein fast voller, klarer Mond.
Wieder zuhause ein Videotelefonat mit der zauberhaften Sarah. Zu lange nicht gesehen, sie hat mir gefehlt.
Jetzt dieser Text. So einen unbeschwerten, schönen und genussvollen Tag hatte ich das letzte Mal während meines Urlaubs im November. Als ich zurückkam, war das Büro in Aufruhr wegen einer externen Prüfung. Über Weihnachten habe ich gearbeitet. Im Januar war ich krank und habe mit der Trennung von einem Mitarbeiter gerungen, die ich im Februar dann durchgezogen habe. Dann kam COVID-19.
Glücklichsein ist nicht unbedingt an das Eintreten irgendwelcher Bedingungen geknüpft. Ich finde, wir sind oft glücklich trotz, und nicht weil. Und ich weiß, dass ich gesegnet bin, weil ich häufig auch in dunklen Zeiten small amounts of happiness finden kann. Aber es hilft schon sehr, nicht dauernd so erschöpft zu sein. Heute war ich es nicht. Heute war ich glücklich. Heute war ein guter Tag.
Danke fürs teilen!!
Nun ringe ich schon seit Erscheinen Ihres Posts mit mir, ob ich mich laut machen soll… aber ich springe nicht drüber. Ich verstehe einfach nicht, was Sie dazu bewogen haben kann, die 5 Jungs im Nachbarsgarten zu denunzieren. Aber genau das haben Sie getan: denunziert. Sehr vermutlich weil Sie glauben, gute (die richtigen) Gründe auf Ihrer Seite zu haben – sonst hätten Sie bestimmt nicht darüber berichtet. Nur bisher habe ich mir *Blogwarte* ganz anders vorgestellt wie Sie. Sie, Sie sind doch reflektiert und bedacht. Und nicht extrem. Ich mag wie und was Sie schreiben – sonst wäre ich ja keiner Ihrer Gäste. Nun frage ich mich, ob Sie sonst auch zur Übergriffigkeit neigen? Fühlen Sie sich generell schnell für andere verantwortlich? Glauben Sie prinzipiell, sehr gut Entscheidungen für andere treffen zu können? Was haben diese grillenden Jungs mit Ihnen zu tun? Was hat Sie – höchstpersönlich – betroffen, als Sie diese Szenerie beobachteten? Warum die Staatsgewalt hinzuziehen? Mir macht ein solches Gebaren Sorgen – wo soll das hinführen, wenn wir uns derart beginnen, für das Verhalten anderer zu interessieren. Ja, genau, ich weiß, der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert. Aber vielleicht verstehe ich Sie einfach nur nicht – und es gibt sie doch, die einfache Erklärung.
Ich wünsche Ihnen Frohe Ostern
Was ich hier erzähle, sind Fragmente. Wenn ich gut schreibe, gelingt es mir, in einem Fragment genau das auszudrücken, was wesentlich ist, worum es geht, und der/die Leser/in versteht ganz genau, was ich meine.
Die Geschichte mit den fünf Jungs ist einfach, und sie ist kompliziert. Einer der Jungs ist der Enkel der pflegebedürftigen Dame, und wohnt immer mal wieder im Hinterhaus, das an mehrere Gärten angrenzt, auch an meinen. Im letzten Sommer gab es viele und dieses Frühjahr auch schon einige Situationen, in denen ich nicht draußen sitzen konnte, weil er (telefonierend oder mit seinen Freunden) so laut war, so laut, dass ich es durch meine Kopfhörer hindurch hörte. Sein Grillen, mit fünf Freunden, hat meine Zeit draußen an diesem Abend sofort beendet, unter anderem mit einer Grillwolke größer als das Haus. Das richtige wäre gewesen, ihn darauf direkt anzusprechen. Ich habe mich dafür entschieden, de Polizei zu rufen, weil ich Sorge wegen der Ansteckungsgefahr hatte, aber auch, weil mir die Kraft für die Auseinandersetzung fehlt.
An Ihrer Kritik ist sicher was dran. Ein besserer Mensch hätte elegantere Wege gefunden, um diesen Konflikt zu addressieren. Neben der gesundheitlichen Gefährdung seiner pflegebedürftigen Großmutter und der Tatsache, dass aktuell ein Kontaktverbot von mehr als 2 Personen, die nicht in einem Haushalt leben, gilt, war meine Entscheidung auch von eigennützigen Motiven geprägt: ich wollte und will meine Ruhe. Es handelt sich bei den fünf Jungs aber nicht um Unschuldslämmer, denen ich einen netten Abend verdorben habe, sondern ich nehme den jungen Mann und seine Freunde als Personen wahr, die wenig rücksichtsvoll sind und kein Gefühl für ein gutes Miteinander haben.
Die fünf Jungs machen es sich einfach, und ich habe es mir auch einfach gemacht, und das war nicht ganz richtig, aber auch nicht falsch.
Wie gut, dass wir darüber gesprochen haben – nun kann ich Ihr Verhalten tatsächlich etwas besser nachvollziehen. Und ich habe gleichzeitig den Eindruck, dass Sie meine Befürchtungen nicht einfach vom Tisch wischen.
Ich finds immer noch nicht super, dass Sie die Bullen gerufen haben. Eigentlich Ultima Ratio, oder? Also vorher sollte man (rein theoretisch) schon mal Haltung zeigen und mit offenem Visier ins Gefecht ziehen. Gut, das sehe ich auch ein, Gleichheit der Waffen war halt nicht gerade gegeben (fünf zu eins). Aber immer nur her mit den Herausforderungen, oder? Sagt Ihnen jemand, die jetzt (leider) ebenfalls keine Koriphäe ist in puncto Auseinandersetzungen – weil ich meinen Frieden einfach so sehr liebe. Wie ähnelt wir uns darin! Aber – machen wir uns nix vor: ist trotzdem nur eine Ausrede…
Vielen Dank für diesen Austausch! Ich hoffe, Sie erleben noch ganz viele *unbeschwerte, schöne und genussvolle Tage* (ohne nervige Nachbarn)!
Hilfssheriffs und Denunzianten finde ich auch ganz schlimm! Genauso schlimm finde ich aber Leute, die andere Menschen, die sie nicht kennen, anklagen, kritisieren und belehren, sagen was man tun „sollte“ und sich anmaßen, die Argumente als Ausrede zu beurteilen. Auch wenn es in einem netten Ton geschrieben ist, das macht es nicht besser. Für mich hat es was Lehrer oder sogar Prediger-haftes … man kann ja sagen, dass man es nicht gut findet und anders gehandelt hätte, ohne den anderen dafür so in die Mangel zu nehmen. Habe ebenfalls mit mir gerungen, kommentiere sonst nie, aber es musste raus.
Das liegt wohl an der Natur der Sache, dass Kritik etwas Belehrendes mit sich bringt – Ihre eigene nicht minder…
Nun wie sagt Goethe sinngemäßt: *Man muss sich manchmal miteinander streiten, denn dadurch erfährt man was voneinander…*
tausche in *an* gegen ein *in* und nehme ein *t* zurück…