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Aus dem Büro gegangen, nicht rechts und dann mit dem Aufzug in die Tiefgarage, sondern durch die Drehtür und dann über die Straße. Die kleine Gasse hinter Prada, Dior, Gucci und Louis Vuitton entlang, wo die Angestellten rauchen, sich die Pappkartons stapeln, die Desk-Sharer auf cool machen und zwei afrikanische Frauen über Gott sprechen. Ich hatte lange überlegt, ob ich meinen Wintermantel aus dem Auto holen soll, ein Gedanke, der mir jetzt absurd vorkommt.

Heute eine Transaktion von etwas mehr als einer Million Euro abgewickelt. Ich denke darüber nach, ob ich das viel finde oder wenig, und komme zu keiner Antwort. Eine Wohnung würde man dafür schon bekommen, und sie wäre vielleicht sogar schön, oder zumindest ganz nett.

Handtaschen oder Chanel interessieren mich nicht. Ich gehe in die Buchhandlung, kurz nur, denn ich bin bald mit Frau Novemberregen wartet. Der Kassierer trägt ein Schild mit der Aufschrift “ich kann nicht sprechen“. Wir kommunizieren einseitig.

Ich überlege, immer mal wieder, gerade jetzt auch, was mich glücklich macht. Was mich noch etwas mehr glücklich macht. Was fehlt. Was der Punkt ist, oder die Pointe.

Und dann bin ich, ohne es so richtig zu wollen und ohne es geplant zu haben, ein bisschen verzaubert von der Stadt, wie sie sich präsentiert heute, wie sie aufgetaucht ist aus dem Wintergrau. Als wäre es eine andere, heimliche Stadt – aber das stimmt nicht, es ist einfach nur die Sommerstadt, die Fünf-Uhr-Stadt, und wir sehen uns nicht so oft. Ich wäre heute beinahe nicht rausgegangen, es ist ein beinahe absurder Zufall, denn Amazon – ausgerechnet! – hat nicht geliefert.

Ich sollte es öfter tun. Rausgehen, den Alltag durchbrechen, neue Welten in die kleine Welt in mir drin hineinlassen.

Ich ziehe die Strickjacke aus, und laufe an einem Thermometer vorbei: 23 Grad.

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