Flat white

Der Starbucks zwischen den Bürotürmen hatte den ersten Lockdown nicht überlebt. Dort gibt es jetzt eine Art Hipstercafé, aber mehr so im mid-century modern-Stil (also zwischen Mad Men und dem Helmut Kohl`schen Kanzlerbungalow). Zwei junge Männer – vielleicht Brüder – in einer Uniform, die dem von Stewards auf einem Atlantiküberquerung ähneln, machen sehr guten Kaffee. Ihre Mutter backt Croissants und einige Croissant-ähnliche Gebäckstücke mit komplizierten Namen. Die Espressomaschine ist ganz Stahl und Chrom. Die Preise sind in vollen Euro, und es gibt vier Kaffeespezialitäten, frisch gepressten Orangensaft und vier alkoholische Getränke. Sonst nix. Irgendwo steht ein DJ-Pult. Es gibt keine Sitzplätze, nur eine Theke zum Stehen.

Ich war erst sehr skeptisch und beobachte diesen Laden weiterhin mit einer gewissen Verwunderung. Der Kaffee ist aber wirklich gut, es ist nur ein Block vom meinem Büro entfernt und als Treffpunkt für ein kurzes Gespräch draußen ist es ideal, insbesondere da ich ja pandemiebedingt kein indoor dining mache.

Jedenfalls, ich komme zum Punkt: ich war gestern das erste Mal seit etwa einem Monat wieder da (Urlaub etc.), und als ich die Tür aufmachte, ging ein großes Strahlen über das Gesicht eines der beiden Männer. Ich scheine also einen gewissen Stammgaststatus erreicht zu haben. Der junge Mann und ich hatten recht am Anfang meiner Besuche eine Interaktion, wo er mir versehentlich falsch rausgegeben hatte, nämlich 5€ zu wenig. Es war mir nicht aufgefallen, er hat mich darauf angesprochen. Ich habe den Schein dann wieder zu ihm rübergeschoben, was anscheinend nicht herablassend, sondern charmant rüberkam (und ja auch so gemeint war).

Viel mehr als das Trinkgeldthema frage ich mich aber, wie meine wechselnde Begleitung auf den Steward wirkt: ich bin dauernd in anderer Begleitung da. Am konstantesten mit Frau Novemberregen, ein paar Mal mit dem IT-Leiter, und ansonsten mit den verschiedensten Mitarbeiter:innen und gelegentlich mit Freundinnen.

Welchen Eindruck das wohl hinterlässt, wenn man den Hintergrund nicht kennt?

Ich bin neugierig, aber mir natürlich auch im Klaren, dass andere Leute gar nicht so viel über einen nachdenken, wie man manchmal meint.

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