„Machst du denn weiter“, fragt mich Justyna am Telefon. Es klingt, als fände sie es ganz okay, wenn nicht.
Es gäbe einiges zu sagen bezüglich des bashing. Schönes Wort übrigens, öffentliche Beschimpfung. Sinnlos, mich zu rechtfertigen, mich zu erklären. Kein Wort mehr.
Ich mache weiter. Ich ziehe mich hier aus, nackt, und wenn jemand mit dem Finger auf mich zeigt, dann schäme ich mich. Aber gerade weil ich das Innere nach Außen drehe, sehe ich mich, entdecke ich mich.
The Cure machten mal ein großartiges Album, sie nannten es Disintegration. Auch das ein schönes Wort, das ich mit dreizehn nicht so recht verstand. Heute vermute ich, daß es sich auf den Zerfall der Persönlichkeit bezieht.
Auf gewisse Weise ist Disintegration ein tröstliches Album in seiner Düsternis. Ich denke ein bisschen an Rußland, oder wie auch immer sich diese gewaltige Landmasse heutzutage nennt, Sowjetunion in meinem alten Diercke Weltatlas. Ein Staat, der zerfällt, der seine Menschen in die Verzweiflung stürzt, weil es keine Arbeit gibt in den gottverlassenen Lanstrichen, die seinerzeit zwangsbesiedelt wurden. Viele gehen, einige bleiben, und die, die bleiben, werden autark. Sie versuchen, alles, was sie zum Leben brauchen, selbst herzustellen, selbst anzubauen. Der Staat zerfällt, und einige wenige Menschen entdecken ihre Stärke. Die Persönlichkeit zerfällt, doch einige Aspekte entdecken ihre kindliche Schönheit.
Es wird immer Menschen geben, die scheiße finden, was ich mache. Lesen Sie hier einfach nicht.
Ich habe beim Aufräumen meine Abiturzeitung gefunden, mit einem Artikel eines Mitschülers, der mich disst. Er warf mir unter anderem Humorlosigkeit und Ironiefreiheit vor. Der Mitschüler und ich, wir hatten in der 11. oder 12. Klasse mal was laufen. In der ersten gemeinsamen Nacht hat er keinen hochbekommen, am nächsten Morgen wollte er nichts mehr von mir wissen. Ich dachte seinerzeit, es läge daran, daß ich nicht schön bin. Das ganze hat sich erst Jahre nach unserem Abitur aufgeklärt, halbwegs zumindest. Und als ich gestern diesen Text las in der Abizeitung, da war ich verwundert, daß er mich hat so sehr hassen müssen.
Er ist jetzt bei der FDP.
Ich mag diese Seite. Ich werde niemals schön sein oder schlank oder Humor besitzen oder Ironie. Ich versuche, meine Makel liebzuhaben. Es scheint mir der einzige Weg zu mehr Lebensqualität zu sein.
Ich mag es, etwas zu machen. Weiter, zum Beispiel.