Meine Schwester trägt einen Trenchcoat, ganz die Reporterin. Sie bindet sich den Gürtel enger um ihre Taille, die ich mit zwei Händen umfassen könnte. Ingrid Bergmann, Lauren Bacall. Das Land ist trist und flach. Die Braunkohle lohnt nicht mehr und hat die Arbeiter arbeitslos gemacht. Wir fahren lange durch die dunklen Dörfer auf der Suche nach einer Gaststätte und finden endlich eine Pizzeria.
Dann passieren seltsame Dinge. Ich erzähle, und meine Schwester hört mir zu. In meinem Gepäck der Satz bitte keine Ratschläge, aber es kommen gar keine. Nur Wärme, Verständnis, Unterstützung. Ich kotze mir das schwarze, klebrige Zeugs von der Seele; all meine beruflichen Sorgen, über die ich noch nichtmal hier schreiben kann.
Meine Schwester, müde, ausgebrannt, nickt wissend mit dem Kopf. She’s been there, too. So unterschiedlich sind wir gar nicht. Was ich jedoch in ihren Nebensätzen spüre, in ihrem Blick auf die Welt, das ist ihr Temperament, weitaus lodernder als meines, das ihr manchmal, einem wilden Pferde gleich, durchgeht. (Ich bin eher ein Esel.)
Nach unserem Gespräch fühle ich mich erleichtert wie schon lange nicht mehr. In der Nacht zuvor hatte ich geträumt, mein Vater sei gestorben und sein Sarg sei hochkant ins Grab hinuntergelassen worden. Ich stand entsetzt & heulend davor und protestierte, daß das so nicht richtig sei.
Wenn wir uns bemühen, meine Schwester und ich, dann werden wir einander haben, auch wenn unsere Eltern nicht mehr da sind.