Seit ich ungefähr fünfzehn bin – also schon mein halbes Leben lang – wundere ich mich immer wieder über die Wellen an zu erledigenden Aufgaben, die über einen hereinbrechen.
Ich habe wirklich den Eindruck, es handelt sich um Wellen. Manchmal kommen sie langsam, manchmal schnell, heben einem auf ihrem Gipfel leicht an, dann sinkt man wieder ins Wellental. Man muß sich konzentrieren, im Rhythmus bleiben, dann kann man gerade so mitschwimmen. Ganz schnell kann die Situation umschlagen: ein paar Tage gefaulenzt, zusätzlich mag sich die Frequenz der Wellen erhöhen, und schon brechen sie einem über dem Kopf zusammen und drücken einen unter Wasser. Man versteht kaum, was passiert, sie scheinen aus allen Richtungen zu kommen, man kennt den Rhythmus nicht mehr und ringt atemlos nach Luft.
Seit ich ungefähr fünfzehn bin, gibt es keine Tage mehr, an denen es nichts zu erledigen gäbe. Dennoch bleibt die Illusion verankert, man könne irgendwann den ganzen Berg abgearbeitet haben, Inbox auf null, alles Geschirr gespült, alle Besorgungen erledigt. Dabei ist selbst der Urlaub keine Zeit der Tatenlosigkeit, sondern nur eine Pause von den alltäglichen To-Do-Listen, oft genug gefüllt mit Urlaubs-To-Do’s.
Die meisten Aktionen und Projekte scheinen neue Aktionen nach sich zu ziehen und unsere Umwelt stellt immer, immer Ansprüche an uns. Von der Nobelpreisträgerin Christiane N**lein-Vo**** wird erzählt, sie hätte sich von dem für einen ihrer beiden Nachnamen verantwortlichen Gatten getrennt, weil sie nach einem anstrengendem Tag in der Forschung nicht mehr abends nach Hause kommen wollte und da ist dann noch jemand, der etwas von einem will. Sie hat jetzt Katzen.
Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn ich nie mehr auf Emails oder Anrufe von Freunden antworten würde. Nach einiger Zeit würde sich sicherlich die Anzahl an noch zu beantwortenden Emails und Anrufen gegen Null bewegen.
Dann fällt mir wieder ein, daß meine Freunde nicht einfach Posten auf To-Do-Listen sind. Und die Dinge auf den To-Do-Listen macht man nicht nur, um sie abzuhaken, sondern weil sie kleine Schritte auf dem Weg zu Zielen sind, die man sich gesteckt hat. Man kann ja nicht den ganzen Tag die Rauhfasertapete anstarren.
Aber eine Geschirrspülmaschine, das wär‘ schon was.