ein Stück gelebte Desillusionierung

Artikel in der Zeit über das Alleinsein.
Guter und ehrlicher Text, in dem ich mich durchaus wiedergefunden habe, obwohl es mir mittlerweile gelingt, immerhin einmal pro Jahr im Rahmen von mehr oder weniger bedeutungslosen Affairen Sex zu haben.
Als ich nachts um drei allein durchs Frankfurter Bahnhofsviertel lief, habe ich mal wieder nach der Lösung des Problems gesucht. Zwei Türen gibt es: einen Partner finden oder den Schmerz der Partnerlosigkeit überwinden. An beiden habe ich oft und vergeblich gerüttelt. Die erste Tür ist wohl eine, die nur von der anderen Seite geöffnet werden kann. Die zweite Tür läßt sich nicht mit dem Verstand öffnen, weil ich meine Gefühle nicht wegargumentieren kann. Und glauben Sie mir, ich habe es versucht.
Vielleicht, dachte ich auf meinem Weg durch die Nacht, bleibe ich am besten, wo ich bin. Umarme den Schmerz, genieße ihn, der mich lebendig macht. Vielleicht war es das, was der Alt68er-Religionslehrer sagen wollte, als er von Camus und Sisyphos sprach.
Gefallen tut es mir nicht.

Herbstschmerz

Erstmal Stühle tragen. Nebenher lerne ich 500beine, Frau Moll und die Gräfin kennen. Selbst Bloggerhunde sind immer anders, als man sie sich vorstellt. Die Gräfin ist eine offene, warme und herzliche Frau.
Der Raum beeindruckt. Groß und mit Ausblick auf die Stadt. Dann rollen Bandini und ich Schaukästen mit Piercingzubehör in ein Hinterzimmer. Schließlich ein wohlverdienter Leberkäs im Steinernen Haus. Nun lerne ich auch Elsa Seefahrt kennen und verstehe, daß Elsa eine Kunstfigur ist. Die Frau dahinter ist anders: klug und kompetent, petite und praktisch. Ich mag sie sofort. Dann kommt der MC (nicht „Mäc“ und auch nicht „Em Zeh“, sondern „Em Ci“, wie ich lerne.) Ein wahrer Gentleman, der sich vom Vorwurf der Metrosexualität entschieden distanziert.
Schließlich werde ich unruhig: es ist 18 Uhr. Zwei Stunden, um den Sound aufzubauen und zu checken, den Beamer aufzubauen, die Bestuhlung klarzumachen, unsere Bilder zusammenzufrickeln, die Reihenfolge und die Anmoderation zu besprechen und ich muß ganz dringend einmal üben. Ich mache Streß und mag mich selbst nicht, setze so aber tatsächlich durch, daß ich einen Text durchsprechen kann, mit Mikro und auf meinem endgültigen Platz sitzend. Das wird mir später enorm helfen und beseitigt gleichzeitig meine Aufregung.
Ich gehe rüber ins Hotel, stoße unterwegs mit Referral zusammen, schminke mich, gehe zurück und dann gehts los. Es geht gut, ich bin kaum aufgeregt. Die Bildershow hakt ein wenig, zumindest bei meinem Teil: zu wenig geprobt. 500beine liest großartig. Ich mache mir ein wenig Sorgen, weil die Texte, die lustigsten Texte, die ich überhaupt habe, im Vergleich immer noch sehr melancholisch sind. Ich kann es nicht ändern und bekomme zum Glück vom einen oder anderen in der Pause ein positives Feedback (besonderer Dank an Claudia). Seltsamerweise bin ich jedoch nicht mehr nervös und fühle mich auf seltsame Weise in meinen Texten zuhause, und beim Lesen wie in einem Fluß. Das frankfurter Publikum ist wohl auch gnädiger als das berliner, jedenfalls höre ich niemanden in die Lesung hineinquatschen.
Als es vorbei ist, heißt es wieder abbauen, zusammenräumen, Schaukästen mit Piercings wieder reinrollen. Der Hunger macht meine Geduld dünn, aber dann gehts los, zum fettigen Chinesen, für mich genau das richtige. Zahltag beeindruckt mich, er kommt mir vor wie die Hauptfigur in einem Spielfilm. Ich bin unvermittelt in eine Szene hineingerutscht und würde nun gerne wissen: wie hat es angefangen? Wie geht es weiter?
Im O’Reillys ist schon Halloween, zu laut, zu voll und ich zu müde. Gegen drei gehe ich Richtung Hotel vorbei an dem Gott, den Frankfurt anbetet: dem beleuchteten Eurozeichen am Willy-Brandt-Platz. (Die schweren Schritte derer, die allein nach Hause gehen.)

Jetzt bin ich müde. Und denke darüber nach, noch ein paar Texte zu schreiben, damit ich wieder bei einer Lesung dabei sein kann.
Ganz herzlichen Dank an Bandini: dafür, daß ich dabei sein durfte. Und meinen Dank an alle, die mich unterstützt haben.

Ticker

Gestern schlapp gefühlt, früh ins Bett, und aus Alpträumen aufgewacht: Halsschmerzen, beginnende Seitenstrang-Angina.
Ich lese am Samstag, egal wie es mir geht, notfalls stelle ich die Texte pantomimisch dar.

+++

So’n bisschen Schiß vor der Lesung habe ich ja schon. (Meinem Unterbewußtsein werden aber auch so miese Tricks wie jetzt mit ’ner Seitenstrangangina anzukommen, nichts helfen. Ich lese.)
Wie immer nehme ich alles sehr wichtig und sehr ernst, das kann ich nunmal nicht ändern. Persönlichkeit. Es würde mich also treffen, wenn die Lesung in die Hose geht, und ich mache mir ein wenig Sorgen, weil ich nicht weiß, ob McWinkel und ich das gleiche Zielpublikum haben.
Andererseits bin ich von den drei Texten, die ich lesen werde, überzeugt. Das sind gute Texte, gute Geschichten.

+++

Die Zeit ist ein wenig knapp. Mein Nachbar Ali hat mal wieder für eine Geschichte gesorgt. Außerdem gibt es jetzt schon Familienstreß wegen Weihnachten. Dabei war das doch gerade eben erst.

+++

Sie wollen mal wieder was gutes lesen?
Ein Schildkrötenleben. [via Frau Klugscheisser.]

Offener Brief an Jings.

Früher, als ich noch jung war und als es noch keine Mobiltelefone gab, habe ich manchmal Botschaften mit Kreide auf den Asphalt geschrieben.

Verena – hatte schon nach der 4. Schluß und bin heim.

zum Beispiel. Oder:

Lieber Peter, wir sind schon vorgegangen ins Café Neumann. Kommst du nach?

Ich habe ein wenig Schwierigkeiten, jemand zu erreichen, der hier oft kommentiert: Jings. Jings verweigert mir leider bislang seine eMail-Adresse. Ich würde ihm auch ganz altmodisch einen Brief per Post schreiben, weiß aber nicht, ob ihn das nicht vielleicht in Verlegenheit bringt. Deshalb:

Jings! eMail oder Post?
Grüße, fragmente.

Robert Smith vs. Roger O’Donnell

Vorabinfo: erstgenannter ist essentielles Mitglied von The Cure, zweitgenannter nicht, so daß Mr. Smith Mr. O’Donnell (zusammen mit Perry Bamonte) Anfang diesen Jahres aus der Band entfernt hat.

Robert Smith hat mehr Charisma.
ABER
Roger O’Donnell versteht das Internet.

Insgesamt stehen die Dinge für Roger nicht schlecht. Er ist zwar nicht mehr in The Cure, macht dafür jetzt aber selbst Musik, und zwar – wie ich finde – gelungen:
Roger O’Donnell plays to the cows
und for the truth in you. (beides youtube)
Außerdem hat Robert Smith den Rausschmiss nicht gerade elegant bewerkstelligt, so daß Roger O’Donnell sozusagen als moralischer Sieger aus dem ganzen hervorgeht.
Dafür hat Robert Smith, wie gesagt, unschlagbares Charisma.

mechanisch

Was dir an dieser Stellung so gefällt, frage ich dich.
Es ist was mechanisches, sagst du und drehst dich um.

Ich stehe auf, gehe ins Bad, und erhasche einen Blick auf mich im Spiegel.
Ich bin schön wie nie. Mein Gesicht leuchtet, meine Lippen glänzen, die Haare rot und wild.
Mit meinem Daumen fahre ich mir übers Brustbein. Dahinter tickt und klickt es. Wenn ich mich öffnen könnte mit einem Knopf oder einem Türchen, dann würde man lauter Zahnräder sehen, wie in einer Uhr, die sich unablässig bewegen.
Ich denke an die Androiden bei Asimov oder Star Trek. Immer sind sie voller Sehnsucht.
Ich kann sie verstehen.

cog