Bohnen

Ich schnipple Bohnen. Bohnen gab es lange nicht. Sie wuchsen im Garten meiner Eltern wie Unkraut, und so habe ich in der ersten Hälfte meines Lebens so viele Bohnen gegessen, daß es auch für die zweite reicht.
Nun schnipple ich Bohnen. Das schnappende Geräusch, wenn man die Enden abschneidet. Die Haut der Bohnen an meiner Haut. Der Geruch. Die Suche nach der besten Technik: jede Bohne einzeln? Drei Bohnen auf einmal? Und während in meinem Rücken das Wasser zu sieden beginnt, verschwimmt die Zeit, und ich bin wieder zwölf. Die Sommer endlos, Erde an den Füßen, der Hund, der Garten. Eimerweise Bohnen, die wir alle reihum schnippeln, die mein Vater kurz kocht und dann in Plastik einschweißt. Die Einschweißmaschine im Orange der siebziger Jahre. Und den ganzen Winter hindurch Bohnen, die ich nur essen kann, wenn ich den Geschmack mit Zitronensaft unkenntlich mache. Oder wenn Speck dran ist.
Das Wasser kocht, ich werf die Bohnen rein. Kenya steht auf der Packung. Wir haben beide einen weiten Weg hinter uns. Die Reise der Bohnen ist hier zu Ende. Am Schluß mache ich ein wenig Knoblauch drauf. Und hoffe, daß auch mein Leben hat, was die Bohnen brauchen: Würze.

Schwabenbotschaft

Ich war da übrigens mal drin, mit dem Rotary Club. Meine Funktion hierbei war ähnlich wie die von Bov, und auch ich habe viel über das System gelernt. Vor allem eines ist mir in Erinnerung geblieben: das große Unglück dieser Gruppe, die kaum versteckten Depressionen und Abhängigkeiten. Ich war noch eine von den glücklichereren, zusammen mit dem Pilot des Privatflugzeuges, der der Gnade halber ebenfalls teilnehmen durfte.

Geschenke

Gegen zehn Uhr abends gehe ich aus dem Haus. Aus dem Hauseingang nebenan kommt zuerst ein kleiner schwarzer, struppiger Hund, und dann ein großer struppiger Mann. Ich gucke interessiert und laufe gleichzeitig zügig. Ich habe noch viel vor.
„Paß auf dich auf!“, sagt der Mann plötzlich, und dann „du bist mir doch nicht böse?“. Während er das sagt, sind wir einander einige Meter entgegen gekommen, ich in die eine Richtung, er in die andere, immer in Bewegung. Ich bin an seiner Höhe, möchte an ihm vorbei, noch mit einem Auge auf den Hund (ein netter? oder nicht?), da hält mich der Mann am Ärmel fest. Nicht übermäßig unangenehm, aber ich rieche Alkohol in seinem Atem. Eben eine dieser Situationen, wenn jemand alkoholisiertes und verwirrtes mit einem in Interaktion tritt, wie man es sonst von Fremden auf der Straße nicht erwarten würde. Ich habe keine Angst vor ihm, bin aber wachsam. „Paß auf dich auf!“, sagt er nochmals, und ich bin schon fast über die Straße und in meinem Auto, da meine ich ihn sagen zu hören „paß auf dein Herz auf!“
Immer, rufe ich ihm über die Schulter zu. Kein schlechter Rat, denke ich mir im Stillen.

Im Auto verstehe ich endlich, worum es eigentlich ging. Als ich aus der Haustür trat, bin ich gestolpert, mit dem Knöchel umgeknickt. Das passiert mir öfters, es liegt an den Schuhen, sie sind schon ein wenig ausgeleiert (lassen sich dafür aber bequem an- und ausziehen.) Die Gehwegplatten vor meinem Haus sind ein wenig unregelmäßig. Ich weiß, daß ich dort, in diesen Schuhen, schon mindestens dreimal gestolpert bin: heute, einmal in Begleitung des Süßen und einmal in Begleitung von Ruth. Mir selbst fällt es schon gar nicht mehr auf, wenn ich stolpere, ich erinnere mich nur an obige Vorfälle, weil jemand dabei gewesen ist. Jemand, der versucht hat, mich aufzufangen.
Und mir wird plötzlich leicht ums Herz. Weil heute ein Fremder, einer, der selber Probleme hat, versucht hat, mich aufzufangen. Ein unverhofftes Geschenk, das mich lächeln macht.

lächeln, immer lächeln.

Anschiß vom Chef, nachdem ein Kollege, über den wiederum ich mich ärgere, sich bei ihm über mich beschwert hat.
Unabhängig davon schreibe ich seit zwei Tagen an einer Bewerbung.
Aber soll ich wirklich alles einfach hinschmeißen? Mitten im Projekt?

Meine Augen sind den ganzen Tag schon so feucht.

(Solche Dinge wollte ich eigentlich nie, nie in mein Weblog schreiben. Dies hier soll auch die einzige Ausnahme von der Regel bleiben.)