Winterruhe

So ein Tag also, an dem nichts passiert.

Aufgestanden. Bisschen Internet. Geduscht und mich nett angezogen – ich habe da gerade Lust drauf, nicht nur Jogginghose, auch kein Business Casual oder die Dienstagshose, aber schon ordentlich, wie zu einem Samstagsausflug mit R. oder Francine, wenn man anschließend noch im Biergarten etwas trinken geht.

Telefonate mit zwei Dienstleisterinnen, dabei am Fenster auf und ab gegangen, während die Schneeflocken dicht fallen. Telefonat mit meiner Mitarbeiterin. Kommunikation über die Chatfunktion, paar Emails geschrieben. Videokonferenz mit etwa 30 Teilnehmer:innen, international, überraschend persönlich, und bei manchen ist der Schutzfilm sehr dünn, das merkt man. Einer hat kurz nebenbei seine divorce erwähnt, eine andere hat mehrmals erwähnt, wie wichtig mental health sei, da müsse man etwas dafür tun.

Mittags einen Durchhänger gehabt, mich nicht so produktiv gefunden, bisschen im Internet abgehangen. Die Apotheke hat ein Paket geliefert mit Masken, Händedesinfektion, Eisentabletten, Aspirin. Kurzes Gespräch mit meiner Mutter, der Schnee hat sich zu Regen gewandelt, sie geht aber trotzdem raus, spazieren. Gesundheit und so.

Plötzlich reingesogen worden in so einen Tunnel, größeren Chunk weggearbeitet, während es draußen dunkel wurde und dann Abend.

Videoanruf vom Geschäftsführer. Mir fällt auf, dass er sich jeden Tag bei mir meldet, sogar, wenn es nichts zu besprechen gibt. Unklar, ob er das macht, weil er denkt, dass ich es brauche, oder weil er es braucht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es etwas positives ist, diese Aufmerksamkeit zu bekommen, sein Ohr zu haben, ihm wichtig zu sein, ein Mehrwert zu schaffen nicht nur durchs tun, sondern auch durchs Sein.

Nochmal im Tunnel eine oder zwei Stunden verbraucht, ohne zu spüren, wie die Zeit vergeht. Kurz vor acht Schluß gemacht. Nicht ganz zwölf Stunden, zuviel eigentlich.

Zwischendurch auf dem Weg zum Klo und zurück zum Schreibtisch gedacht, dass das alles ein bisschen wie Knast ist, nur mehr Quadratmeter. Stimmt natürlich auf vielen Ebenen nicht, aber ganz falsch ist es auch nicht.

Konzentriere, meditative, eremitenhafte Stimmung heute. Liegt vielleicht auch am Winter, wo eine Ruhe über allem liegt, und die Menschen früher kurze Tage hatten, nur das nötigste erledigten, die restliche Zeit mit monotone Handarbeiten oder Kunsthandwerk verbrauchten und früh ins Bett gingen.

Das mache ich jetzt auch.

Hallo Welt.

Vom 29. November 2020 bis zum 26. Januar 2021 war mein Weblog kaputt. Die Reparatur erforderte eine Deaktivierung eines Plugins per FTP, wobei sich der FTP-Login als Bottleneck erwies. Wie so viele Dinge, die man unendlich lange vor sich herschiebt, war es dann aber in einer guter Dreiviertelstunde erledigt. Mein Dank gilt wie immer meinem Accountability-Buddy Novemberregen.

In der Zwischenzeit ging die Welt mehr und mehr in einen COVID-19-Lockdown, seltsam hat sich das angefühlt. Erst wurde viel darüber geredet, die Geschäfte zu schließen, dann wurden die Geschäfte tatsächlich geschlossen, die Schulen haben lange Ferien gemacht und dann nicht wieder so richtig geöffnet, alle sollen „wo immer möglich“ ins Homeoffice, jetzt gerade werden die Grenzen dicht gemacht – vielleicht.

Neulich hat mich einer dieser indirekten Vorgesetzten im vertraulichen Gespräch gefragt, wie es mir denn so geht, mit der Pandemie und so, und ob ich Angst habe, und ich habe gesagt: ja.

Ja, und dann lasse ich die Angst zu, rede darüber, mit Francine zum Beispiel, schalte die Nachrichten aus, n-tv ist bei mir auf Sendeplatz 33, ich schalte ab and I try to ground myself in reality.

So gut das eben so geht, denn es gab einige Fälle mittlerweile in meinem direkten Umfeld. Ich hatte große Angst um die, die ich liebe und die mir wichtig sind. Die beste Freundin meiner Mutter ist schon geimpft worden, das ist die gute Nachricht.

Wir hoffen, dass es bald vorbei ist, dass im Sommer die meisten geimpft und es eine Rückkehr zur Normalität gibt. Ein Teil von mir ahnt jedoch, dass es noch ein paar Jahre so weitergehen könnte, ein Wettrennen zwischen den Varianten und dem Impfstoff, und die globalisierte Welt, die nicht einig und gleichzeitig handelt, immer zwei Schritte hinterher.

Und sonst? Weihnachten war okay. Trump wurde abgewählt, das Capitol gestürmt, ein Flüstern von Putsch über allem, aber dann doch nicht. Ein Glück. Brexit ist erfolgt, ein langsames, zähes Unglück.

Beruflich war 2020 mein bisher erfolgreichstes Jahr, von allen Seiten nur Lob. Und ich spüre es auch selbst, dass ich einen großen Sprung gemacht habe, großes umgesetzt und bewältigt, mit Schweiß und Tränen bezahlt, in etwas hineingewachsen wie ein Reptil, das sich häutet, und mein Blick hängt noch einen Moment an meiner alten Form, ehe ich weitergehe.

Ich erlebe nichts gerade. 2021 war ich tatsächlich ein paar Tage im Büro, jetzt wieder zuhause, seit zwei Wochen oder so?

Gerade das möchte ich gerne aufschreiben, wie es ist, wenn nichts passiert. Es klingt absurd, aber es reizt mich gerade sehr, und ich bin froh, dass ich gerade jetzt, wo so vieles nicht mehr möglich ist, wieder etwas schreiben kann.