31/31

Heute im Home Office gewesen, und sehr viel Wäsche gewaschen. Meiner Mitarbeiterin mehr Aufgaben übertragen, das hat uns beiden viel Spaß gemacht. Sie ist bereit dafür.

31/31, einen ganzen Monat jeden Tag gebloggt. Immer wieder hilfreich für mich, eine Routine aufzubauen, die Hürden zu senken, auch technisch. In London Blogbeiträge per Sprachfunktion diktiert, das geht auch.

Nicht an allen Tagen etwas zu sagen gehabt, aber an manchen mehr, als ich gedacht hätte.

Weiß Frau Novemberregen jetzt, was ich den ganzen Tag so mache? Mit dieser Frage fing es nämlich vor einem Monat an. Gerade eben habe ich noch mit ihr gesprochen, da sagte sie zu mir: „dein Fokus liegt auf der Arbeit“, sie hat das zärtlich gesagt, und hat natürlich Recht. Kann man hier nachlesen, wie viel ich über die Arbeit geschrieben habe.

Bisschen über David Bowie nachgedacht.

Mek schreibt über das Tagebuchbloggen: Das gute am täglichen Schreiben ist ja, das Geschehene auf ein kleines Podest zu stellen und es zu betrachten. Ich kann das nachvollziehen, aber es spricht nicht so richtig mit mir. Bei mir ist es so, dass ich nicht gerne schreibe, aber ich liebe es, geschrieben zu haben. Das hier liest sowieso so gut wie niemand, aber ich lese gerne noch einmal nach, was vor ein paar Jahren so los war, und finde manches blöd, vieles trivial, und das eine oder andere sehr wahr.

(Der Oktober ist übrigens der längste Monat des Jahres (wegen Zeitumstellung).)

Statistik:
Laune: 7/10
Fitness: 7/10
Druck: 7/10
Schlaf: 7/10

30/31

Das Büro hat meine Abwesenheit an einigen Stellen sehr gut verkraftet, an anderen nicht so. Eine Mitarbeiterin, die an mich berichtet, macht ihre Sache wirklich sehr gut, ihr werde ich noch etwas mehr Aufgaben übergeben. An anderer, unvorhergesehener Stelle ist etwas explodiert und muss vom Geschäftsführer und mir aufgeräumt werden. Es gehen einem die Themen nie aus.

Davon abgesehen ein angenehmer, um nicht zu sagen schöner Tag: es schwappte noch der eine oder andere wertschätzende Call aus London herüber. Die Leute hier haben sich auch gefreut, dass ich wieder da bin. Niemand erwartet, dass ich heute irgendetwas fertig mache, alle gehen davon aus, dass ich erst einmal meine Emails sichten muss. Bin ganz froh, dass ich gestern nicht gearbeitet habe. Muss ich mir merken, dass die Geschwindigkeit doch zumindest ein Stück weit immer auch von mir bestimmt wird.

Gerne und ausführlich mit den Leuten abgehangen, es hat immer so etwas von meiner Gang, die 11b an irgendeinem obskuren beruflichen Gymnasium, man sitzt zusammen auf dem Schulhof und redet über Musik, Essen oder das Kernbankensystem, alles mit der gleichen Intensität. Im Hip Hop nennt man sowas eine Posse, glaube ich. Gerade auf Wikipedia nachgeschlagen, Posse steht für „Posse comitatus“ wer hätte das gedacht. There must be a lawful reason for a posse, which can never be used for lawlessness. Passt.

Morgen wird das Gefühl ein anderes sein, aber heute, heute ist es richtig gut.

Statistik:
Laune: 9/10
Fitness: 7/10
Druck: 6/10
Schlaf: 7/10

29/31

Ziemlich verkorkster Tag heute irgendwie. Erstmal (Achtung: TMI) aufgewacht und aufs Hotelbett geblutet. Dann ziemlich im Zeitdruck gewesen, mit packen und auschecken. Für den Uber-Fahrer extra die Straßenseite gewechselt und im Regen gewartet, wir haben uns dann aber trotzdem fast verpasst. Die Fahrt zum Flughafen hat ewig gedauert, so dass ich meine Pläne, mir noch mal ein richtig schönes English Breakfast reinzuziehen, streichen musste. Die Lounge wie immer eine Enttäuschung, beim Boarding blöd lange in der Schlange gestanden, nur das Fliegen, das mag ich wirklich sehr gerne. Ansonsten ist so ein Flug ja auch nur glorifiziertes Busfahren.

Sehr viel Regen, hier wie dort, bin vor der Haustür auf dem nassen Laub ausgerutscht und habe mich gepflegt hingelegt, so richtig slapstickmäßig der Länge nach. Keine Verletzung außer einem blauen Fleck am Knie, dem verwunderten Stolz und seltsamerweise einem leicht gestauten Großzehengelenk.

Schon ziemlich lange her, dass ich das letzte Mal gefallen bin, 2020 beim aussteigen aus dem Boot nach der Sportbootführerscheinprüfung, würde ich sagen.

War hin und hergerissen, ob ich heute noch eine Stunde den Laptop hochfeuern und arbeiten sollte. Habe aber eigentlich eine eiserne Regel, am Wochenende nicht zu arbeiten. Wird dann morgen leider ein bisschen stressig für mich.

Gibt halt so Tage.

Statistik:
Laune: 6/10
Fitness: 6/10
Druck: 7/10
Schlaf: 7/10

28/31

Lange geschlafen, das hat gut getan. Ich habe Augenringe, als hätte ich einen Unfall gehabt.

Mit dem Zug rausgefahren zu einer weiteren Freundin/Kollegin, sie hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Gar nicht so weit, ein halbes Stündchen mit dem Zug, dann ist man aber gleich mittendrin im Mittelklasse-Idyll: englischer Rasen, mittelgepflegte Vorgärten, kleine Bäche und Hecken, vierhundert Jahre alte Kirchen, alles ein bisschen tolkienesk.

Ein gutes, tiefes, langes Gespräch in ihrem Conservatory; sie hat viele Türen für mich aufgemacht, nicht nur die zu ihrem zuhause.

Zurück in der immer voller werdenden Bahn, viele Party People unterwegs. Die Neonlichter spiegeln sich in der regennassen Strasse wie in einem Comic. Frauen im Niqab, Frauen im Sailor Moon Cosplay, Obdachlose mit Schlafsack um den Schultern.

Would she come to London?, hat wohl der CEO gefragt. Ein Teil von mir sieht sich eine kleine möblierte Wohnung mieten, zum schlafen und duschen, sonst im Büro sein oder im Boardroom oder im Pub oder an der Bar, Champagner trinken. Ich würde so richtig aufräumen, die Probleme mal so richtig angehen, schwierige Gespräche führen, alles richtig dokumentieren, und sie würden meinen Namen flüstern in den Gängen, voller Ehrfurcht und Bewunderung.

Hybris ist das. Morgen fliege ich nach Hause.

27/31

Heute frei gehabt (und das Büro hat auch nur einmal angerufen). Mich mit einer Kollegin/Freundin getroffen, die einen sehr großen Redebedarf hatte. Wir sind ins nächstbeste Café gegangen, ich habe nach einer Stunde das erste Mal einen Schluck von meinem Tee genommen, so intensiv war das. Es ging viel um ihre Kindheit und Jugend im Kommunismus, was jetzt viel spröder klingt, als es war. Ich mag sie sehr gerne, sie ist ein bisschen schneller als ich, was die Geschwindigkeit und die Intensität dieser Freundschaft angeht. Vielleicht ist sie auch ein bisschen einsam, auf jeden Fall fühlt sie sich im Büro etwas isoliert.

Anschließend hat sie mir ihr London gezeigt, wir sind durch Geschäfte gestreift und natürlich im Buchladen hängen geblieben. Einander die Lieblingsbücher zeigen, miteinander über Bücher sprechen, das ist wirklich wunderschön. Sie hat mir einige Geschenke mitgebracht und auch beim gemeinsamen Shoppen ein paar Kleinigkeiten gekauft. Besonders gerührt war ich aber, weil sie die ganze Zeit die Tasche mit den Einkäufen für mich getragen hat.

Heute Abend habe ich mal nichts vor. Chinesisch bestellt und mich dann noch einmal aufgerafft und durch die Stadt zu Boots gelaufen. Ich bin noch nicht so weit wie Kassandra, einfach so durch die Stadt zu streifen, ich brauche noch ein Ziel, auch wenn es ein bisschen an den Haaren herbei gezogen ist. Die Stadt ist voll und birst vor Leben. Einige sehr schöne Gruppenkostüme gesehen (Halloween). Bei anderen bin ich mir unsicher, ob das jetzt Verkleidung ist oder nicht. An der Liverpool Street Station vorbeigekommen. Dieser Ort hat mir einmal sehr viel bedeutet, ich habe davon viele Fotos, ich glaube sogar noch analog. Kann sein, dass das jetzt 20 Jahre her ist, und so ganz bekomme ich es nicht mehr zusammen, warum es mir einmal so wichtig war. Warum ist der, die ich einmal war, wichtig war.

Die Liverpool Street Station ist nicht mehr so, wie ich sie in Erinnerung habe. Die Stadt im Großen und Ganzen schon. Es gibt wie überall mehr Obdachlose, und mehr Essenslieferanten auf Fahrrädern. Der Autoverkehr ist, meine ich, weniger geworden.

Noch eine nachgetragene Beobachtung: ich wohne in einem Haus, vielleicht sogar in einem Straßenzug, nur mit möblierten Apartments. Im Erdgeschoss ist ein kleiner Corner Store, in dem ich jetzt schon vier oder fünf mal etwas gekauft habe. Dabei fallen mir oft leicht bekleidete Menschen auf, also in Shorts und Flip Flops. Etwas überrascht hat mich dann aber doch die Frau, die nur ein Badetuch umgeschlagen hatte. Man muss, um den Laden zu betreten, immerhin kurz auf die Straße, im Winter. Dachte immer, so etwas gäbe es nur in Amerika.

Statistik:
Laune: 8/10
Fitness: 7/10
Druck: 7/10
Schlaf: 6/10

26/31

Donnerstagabend ist der neue Freitagabend, die Straßen sind eine einzige Party. Wir haben auch mitgefeiert, das heißt zwei Heads und ich, einer hat Champagner ausgegeben. Alles ein bisschen absurd, würde Frau Novemberregen sagen.

Den ganzen Tag in Gesprächen gewesen, im Halbstundentakt, viel gelobt, umschmeichelt und auch ein bisschen geliebt worden, hofiert auf jeden Fall. Löst ja bei mir immer ein Gefühl der Verblüffung aus.

Das Streitgespräch gehabt und tatsächlich ziemlich gestritten. Der andere ist immer wieder weggeglitscht, der Fisch. Ihn als Gauner zu bezeichnen, wäre noch zu ehrenwert. Mit dem dritten, der mich eigentlich unterstützen sollte, hinterher gestritten, ob das Unterstützung war, er meint ja, ich meine nein, er meint in the long term, ich meine jetzt. Überlegt, wie ich aus dieser Zusammenarbeit mit dem Fisch rauskommen könnte, das kann eigentlich nur im Desaster enden. Muss diesen Auftrag, den mir mein Chef gegeben hat, irgendwie elegant wieder zurückgeben.

Die Macht ist zärtlich, warm, verführerisch, berauschend. Es ist keine Maske, die fällt, wenn sie die Zähne zeigt, eher eine Naturgewalt, ein Tier mit weichen Fell und scharfen Zähnen, wunderschön anzusehen, während das Blut des gerade erlegten von seiner Schnauze tropft.

25/31

Sehr guter dritter und damit letzter Schulungstag. Kann nicht sagen, dass ich viel gelernt habe, zumindest technisch nicht, aber die Gespräche waren wirlich sehr lehrreich. Insgesamt viel Wertschätzung erfahren, als sehr senior Person wahrgenommen worden, es ist mir fast schon ein bisschen unheimlich. Dann kam noch ein Kollege aus Paris vorbei, um mit mir zu schäkern, er ist gerade zur Vorstandssitzung hier. Morgen Gespräch mit einem, der mir ständig auf der Nase herumtanzt, das wird dann wieder ein Gegengewicht setzen.

Ganz klassisch mit anderen Bankern vor dem Pub trinkend angehangen, die Kollegen ein Bier, ich ein Ginger Ale. Drinnen ist es so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Über Fußball geredet. Danach Abschlussdinner, sehr mittelmäßiges Essen, sehr gute Gesellschaft.

Durch die Nacht nach Hause gelaufen, die Stadt rauscht an mir vorbei, meine Absätze machen tock tock tock auf dem schwarzen, nassen Teer der Straßen. Den ganzen Tag wurde mit mir geredet, habe ich geredet, aber jetzt ist es ganz still in mir, friedlich und schön.

24/31

Guter Schulungstag, morgen noch einer. Am besten sind die Gespräche dazwischen und danach. Kurze Mittagspause mit meinem Mentor.

Karaoke mit zwei Kolleginnen, danach ein sehr leckeres Abendessen, leider immer müde geworden. Die Männer auf den Straßen sind sehr schön, und riechen gut.

Statistik:
Laune: 7/10
Fitness: 6/10
Druck: 7/10
Schlaf: 7/10

23/31

Lange gebraucht am Morgen, leicht kopflos in dem kleinen Apartment hin- und hergerannt. Verschiedene Outfits ausprobiert und mich langsam in die verwandelt, die ich heute sein will.

Erst war der U-Bahn-Eingang gesperrt, dann fuhr die U-Bahn nicht. Kurzentschlossen eine andere Linie genommen, bisschen weit zu laufen, und mich mehrfach trotz Navi verlaufen. Ziemlich verschwitzt angekommen und – abgesehen vom Trainer – die erste gewesen. Der Trainer und ich kennen uns gut und sind uns sehr sympathisch. Auch die nach und nach eintröpfelnden anderen Teilnehmenden sind nett und interessant; es entspinnen sich gute Gespräche über unsere Firmenkultur, Verbesserungsmöglichkeiten, Statistik. Ich sage manchmal, so als geflügeltes Wort, dass nichts einfach ist in unserem Unternehmen, aber gerade fühlt sich alles leicht an.

Wir unterbrechen ein paar Mal, für kleinere Pausen und Lunch, es wird Rücksicht genommen auf ein 15-minütiges Meeting von mir, das ich per Videocall absolviere. Nach dem Training bleibe ich mit dem Trainer noch ein bisschen sitzen, wir reden über dies und das und dabei natürlich über das, was wirklich wichtig ist. Er verabschiedet sich, und ich mache noch einen Videocall mit meinem Geschäftsführer, der gut drauf und gerade ziemlich lustig ist. Ich schreibe noch einen beruflichen Text, es ist wie manchmal beim bloggen: wenn es sich leicht liest, war es schwierig zu schreiben. Als ich fertig bin, halb acht Ortszeit, stelle ich fest, dass ich mich auf der Konferenzetage eingeschlossen habe. Die Aufzüge funktionieren nicht mehr. Zum Glueck weiss ich mir zu helfen, finde ein Festnetztelefon, in dem die Nummer der Rezeption eingespeichert ist. Man lässt mich über den Lastenaufzug raus.

Als ich raus auf die Straße trete, nieselt es leicht. Ich bin erst indigniert und denke dann: passt.  

Statistik:
Laune: 8/10
Fitness: 7/10
Druck: 8/10
Schlaf: 6/10

22/31 – Popcorn

Mit Uber vom Flughafen in die Stadt hineingefahren bzw. hineinfahren lassen.

Es gibt bei Taxi- und Uberfahrern immer so eine Zwischenphase, wo noch nicht ganz klar ist, wieviel Gespraech erwuenscht ist. Von den Fahrern (Fahrerinnen begegne ich praktisch nie) kommen immer so Anstandsfragen: wo komme ich her, wieso bin ich hier (fast schon philosophisch}, wie ist das Wetter dort, wo ich herkomme. Ich versuche, das Gespraech dann ein bisschen auslaufen zu lassen, so auch heute. Der Fahrer hörte gute Musik, es war kein Radio. Er trommelte dazu auf dem Lenkrad. Ich schaute aus dem Fenster, und plötzlich: ein Lied von The Cure.

Schön war das, und wir hatten dann beide Lust auf ein Gespraech. Ich erzaehlte, dass ich The Cure dieses Jahr in den USA gehoert hatte (das hat ihn nicht so interessiert, ich habe erst spaeter verstanden, warum nicht). Er erzaehlte, dass er in seinem Kinderzimmer ein Poster von Robert Smith hatte (ich habe erst spaeter verstanden, wie bedeutsam das war). Wir hörten uns gemeinsam durch die Red Hot Chilli Peppers, Tears for Fears, Prince, America (horse with no name), INXS. Sprachen ueber Nina Simone, und ueber Funky Jazz, da musste ich dann passen.

Er sei frueher Drummer gewesen in einer Band. Was aus der Band geworden sei, fragte ich. So ganz verstanden habe ich seine Erklaerung nicht. Sie haetten immer weniger miteinander gespielt. Er habe geheiratet und eine Tochter bekommen. Ich seufze und spreche ueber die Schwierigkeit, nur ein Leben leben zu können, sich entscheiden zu muessen, sonst entscheiden andere fuer einen. Er laechelt sybillisch, soweit ich das im Rueckspiegel erkennen kann.

Er erzaehlt, dass er als Jugendlicher die deutsche Musikzeitschrift POPCORN zugeschickt bekommen hat, they mailed it to Iran, aber wegen der freizuegigen Cover musste die Zeitschrift immer in einen undurchsichtigen Umschlag geschickt werden, you know it was forbidden.

You are from the Iran?? frage ich ueberrascht, ich hatte bis dahin tatsaechlich gedacht, er sei Brite. Er sei schon hier, seit er Anfang zwanzig ist. Wir sprechen ein bisschen ueber den Iran im Allgemeinen, was fuer ein schönes Land, was fuer ein reiches Land, so viele junge Menschen, es ist alles sehr traurig. Wir bleiben, was die aktuelle politische Situation angeht, auf sicheren Boden.

Ich frage ihn, ob er den Iran noch einmal besucht hat, oder ob er dies wegen drohendem Kriegsdienst oder Inhaftierung nicht mehr konnte. Er sagt, er habe seinen Wehrdienst abgeleistet. Er sei sechs Monate vor Kriegsende eingezogen worden und haette an der Front gekaempft, ich verstehe nicht genau, welcher Krieg, aber ich glaube, der erste Golfkrieg.

Er hatte zweimal versucht zu fliehen. Das erste Mal mit vierzehn, da sei er sehr naiv gewesen (ich denke, wer war das nicht mit vierzehn?). Er haette sich einfach auf den Weg zur Grenze gemacht, sei dort aber festgenommen worden. Festgenommen und in die Wueste gebracht worden, mit verbundenen Augen, sie haben ihn bis zwanzig zaehlen lassen. Eine Scheinexekution, aber er benutzt das Wort nicht.

Das zweite Mal ein paar Jahre spaeter, mit Schleusern, aber sie seien in der Grenzregion aufgeflogen. Er musste ins Gefaengnis, sein Vater hat Land verkauft und hat ihn nach einem Monat rausbekommen. Dann die Front, und in den Wirren des Kriegsendes hat er es nach Schweden geschafft, wo eine seiner Schwestern lebte. Weil er aber in Schweden nicht bleiben konnte, wollte er nach Kanada, mit einem gekauften Pass, Umstieg in London, dort haben sie ihn dann erwischt, drei Monate Abschiebehaft. Er konnte dann in UK bleiben, weil ihn Schweden nicht mehr zuruecknehmen konnte und auch nicht musste. Im Iran, da sind wir uns einig, ohne dass es einer von uns beiden aussspricht, waere er umgebracht worden. Also blieb er in London, dreizehn Jahre lang, ohne Pass, also – mit einem iranischen Pass, da waere gar keiner vielleicht doch besser gewesen. Er konnte nicht reisen, die Band hat Einladungen bekommen in die USA, in die ganze Welt, aber er konnte nicht mit.

Er haelt an. Wir sind da. Ich bedanke mich aus ganzem Herzen.

Er hatte ein Poster an der Wand von The Cure, in seinem Kinderzimmer im Iran.