Der Pazifik wurde von einem Spanier entdeckt, Vasco Nunez de Balboa, und benannt hat ihn ein Portugiese, der im Auftrag des spanischen Königs die Welt umsegelte: Ferdinand Magellan. Ich finde das eine ziemlich blöde Vorstellung, dass jemand den Pazifik entdeckt. Den Pazifik gibt es schon ewig, länger als es Menschen gibt: 750 Millionen Jahre. Und Balboa war ganz sicher nicht der erste Mensch, sondern lediglich der erste Europäer. Der erste, der lebte und davon berichtete, ernst genommen wurde, in ein Geschichtsbuch geschrieben wurde, Und jetzt sind überall Sachen nach ihm benannt: Parks, Alleen, Denkmäler und sogar ein Krater auf dem Mond. Dabei war er ein ziemlicher Schurke, er plünderte und beutete indigene Menschen aus, und wurde am Ende selbst getötet – natürlich von einem anderen Europäer.
Ferdinand Magellan nannte den Pazifik „die friedliche See“, weil ihn die Stürrme, die ihn in der Magellanstraße gequält hatten, endlich verliessen. Tatsächlich gibt es im Pazifik Hurrikane, Zyklone und Taifune, es ist eben alles subjektiv.
Ich selbst habe den Pazifik letztes Jahr entdeckt, und ich fand ihn vor allem: groß. Ein kleines Wort, das nicht ausdückt, was ich gefühlt habe. Der Paziffik, finde ich, macht die Unendlichkeit spürbar. Er bedeckt mehr als ein Drittel der Erde, und man guckt drauf und denkt sich: stimmt. Ironisch, dass ich selbst die Hälfte meines Lebens gelebt habe, ohne jemals vorher den Pazifik gesehen zu haben. Aber das gilt ja für vieles.
Der Pazifik hat auch etwas in mir groß gemacht. Er hat Platz geschaffen in meinen Hirnwindungen und neuronalen Netzwerken, zwischen Brustkorb und Milz.
Ich bin jetzt ein paar Monate in meiner neuen beruflichen Rolle. Wie groß die ist, habe ich geahnt, aber erst kürzich so richtig begriffen. Vor allem begreift man so etwas beim Reisen an die anderen Standorte. Ich konnte dabei zuhören, wie sich die neuen Synapsen in meinem Gehirn knisternd mieinander verbunden haben. Das war sehr schön, hat mich aber auch mit so etwas wie Ehrfurcht und Demut erfüllt.
Es ist keine ruhige See, dieser neuer Job. Manchmal bin ich schlecht gelaunt und würde mich lieber irgendwo in einer Hängematte auf einer Bananenplantage wünschen. Da gibts natürlich auch Tropenstürme, schon klar.
Es ist keine ruhige See, aber das Blau ist traumhaft schön, alles weit und groß, neu zu entdecken von mir, auch wenn ich nicht die erste oder einzige bin.
Die Expedition von Magellan hat die Welt umrundet, so etwa um 1522 herum, mit Schiffen aus Holz. Seine technischen Hilfsmitteln waren: Sanduhr und Sextant zur Ermittlung des Breitengrads. Längengrade konnte man damals noch nicht bestimmen. Man stelle sich das einmal vor: sich der Unendlichkeit stellen, in einer Nussschale, mit einer Sanduhr.
Magellan ist darüber wahnsinnig geworden. Religiöser Wahn und Selbstüberschätzung. Er starb, ohne die Welt umrundet zu haben, irgendwo in der Nähe der Phillippinen. Der erste Mensch, der die Welt in einem Boot umrundet hat, war wahrscheinlich kein Europäer, sondern ein Sklave Magellans, von ihm Enrique Melaka benannt. Er begann seine Reise nicht in Europa, sondern im Pazifik, und beendete seine Umrundung daher viel früher als alle anderen.
Unter den 35 überlebenden Europäern war auch ein ganz besonderer Mann: Antonio Pigafetta begleitete die Expedition Magellans als Schreiber, vielleicht sogar: Schriftsteller. Er führte Tagebuch und schrieb Reiseberichte. Ein Logbuch. Ein Weblog. Ein Festhalten. Ein Tropfen im Ozean der Zeit.