Krank. Verletzungsphotos folgen, sobald ich mich wieder länger als fünf Minuten aufrecht halten kann.
Archiv für den Monat: Februar 2005
Stanislav
Skalitzer Ecke Wrangelstraße. Strategisch gut gewählt, eine vielbefahrene, zweispurige Straße, und genau hier: eine Ampel mit langer Rotphase. Im Schatten der U-Bahn-Brücke, zwischen den beiden Fahrbahnen: eine Gruppe Punks mit Hunden. Immer zwei wischten den Autofahrern die Scheiben, man gab gerne oder konnte zumindest nicht nein sagen. Manchmal, in den 45 Sekunden der Ampelschaltung, ein Blick auf jemand, der auf der nackten Erde schlief, und immer die Frage im Kopf: gewollte Bohème oder erzwungene Armut?
Als der Sommer zu Ende ging, gingen auch die Punks, ich dachte an ihre manchmal vom Schmutzwasser geschwärzten Hände und wünschte ihnen eine schöne Reise durch Indien oder Thailand. Sie machten Platz für einen anderen Mann, eine Stufe weiter unten in der Nahrungskette, der das Geschäftsmodell übernahm und in der Kälte arbeitete. Ein wenig wunderte ich mich schon, als die Temperaturen sich dem Nullpunkt näherten und er, im Anorak, weiter dort stand, die Hände in kaltem Wasser. Ein paar Mal habe ich ihm etwas gegeben, aber das schien nicht sein Ziel zu sein. Froh war er erst, wenn er einem einen Zettel unter den Scheibenwischer hatte stecken können. Kein Copyshop-Flyer und auch keine Massenverteilung, sondern handbeschriebene Zettel, oft Rückseiten von Papier aus Zigarettenschachteln oder Kassenzetteln. Schwer zu lesen, wirr, mit Wörtern aus einer fremden Sprache – polnisch wahrscheinlich. Eine Kollegin, die ein wenig polnisch versteht, übersetzte den Zettel so, daß „Stanislav“ Arbeit sucht und eine Adresse angegeben hat.
Ich kann nur die fünfte Zeile von oben lesen: Fraulen ich mechte Arbejt. Bite. Eine Zeile weiter unten: Frau Hjlpen kajne Angest Bite mit genau geben.
Ich bin hilflos. Ich kann ihm nicht helfen. Nicht einmal Worte funktionieren.
(ohne Titel)
Auf meinem Küchenregal steht ein Topf aus Ton, darin in kleinen Stücken, wie französischer Nougat, wie türkischer Honig: Geduld.
Meine Schritte führen mich oft zu diesem Topf in diesen Tagen.
(ohne Titel)
„Ich hätte nicht hier sitzen können, ohne dich anzufassen“, sagt er und später, daß er mich sexy findet. Ich sage nichts. Ich bin nass zwischen den Beinen. „Das zwischen uns hat nur peripher was mit Sex zu tun“, sagt er, und da hat er recht. Es ist Erotik, Leidenschaft, Neugier.
Ich sehe den Pferdefuß, aber wer könnte widerstehen? Hüll’ uns in den Bärenfellumhang. Ich bin Rosenrot. Wärm’ dich an mir.
[keine Kommentare]
Styroporn
aus gegebenem Anlaß
Zeitgenossin hat es zusammengefasst.
(ohne Titel)
Noch eine halbe Stunde bis Montag. Ich fühle mich schon sehr montaglich, sehe alles nur noch schwarz. Nichts gutes ist mir je passiert. Nichts gutes wird mir je passieren.
Oh je. Oh weh. Ich armer Teufel.
Dann muß ich ein wenig lächeln. Manchmal weine ich im Dunkeln, wenn ich an traurige Geschichten denken muß. Leaving Las Vegas .
Keine meiner eigenen Geschichten ist so traurig, daß man deswegen weinen müßte.
Wunderlichkeiten
Ich muß mir die Haare schneiden lassen. Ich schiebe das schon eine Weile vor mir her, so wie ich unangenehme Dinge (Kleider kaufen, Schuhe kaufen, Behördengänge) immer aufschiebe, verschiebe, verdränge, bis ich innerlich einen Druck habe, der sagt, daß es jetzt dringend erledigt werden muß. Ein wenig wie eine chemische Reaktion, die erst Aktivierungsenergie braucht, und dann von selbst läuft.
In der Nacht habe ich vom Haareschneiden geträumt, und als ich aufwachte, mußte ich mir eingestehen, daß ich Angst davor habe. Dabei geht es nur darum, etwa zwei oder drei Finger breit abzuschneiden, damit eine gerade Kante entsteht, wo jetzt Gefranse ist.
Der Punkt, warum ich das erzähle: manchmal merke ich, daß ich wunderlich werde, und dann erschrecke ich mich.
The Cure und anderes
1. Total amount of music files on your computer:
Das Elend eines partitionierten Laptops, der sowohl privat als auch beruflich genutzt wird (das verschwimmt sowieso dauernd ineinander), und dessen gemeinsames Laufwerk zu klein ist: 5,63 GB auf dem gemeinsamen, 3,89 GB auf dem privaten Laufwerk, mit dem Versuch, Überschneidungen zu vermeiden. Wenn ich könnte, würde ich sämtliche Liveaufnahmen (~ 30 Konzerte) von The Cure rippen, aber es fehlt an Platz.
2. The last CD you bought was:
Ich glaube, Bernd Begemann (unsere Liebe ist ein Aufstand). Ist mindestens schon ein halbes Jahr her. Ich komme ganz gut klar mit dem, was ich habe, und initiiere gelegentlich Tauschaktionen.
3. What is the song you last listened to before reading this message?
„Last Dance“, The Cure
4. Write down 5 songs you often listen to or that mean a lot to you:
Vier von anderen Interpreten:
– Alice in Chains, „Nutshell“, MTV unplugged. „If I can’t be my own
I’d feel better dead“, heißt es da.
– Kate Bush, „please be kind to my mistakes“. Sehr wahr.
– Nina Simone, „I got it bad (and that ain’t good)“
– Katja Maria Werker: „music is the only language“
Vier von the Cure:
– sinking
– homesick
– the kiss
– your god is fear
5. Who are you going to pass this stick to? (3 persons) and why?
Antimaterie: weil ich sehr viel von ihm halte.
Herr Hammerschmitt: in meiner Rolle als sein kleiner, schräger & hoffentlich nicht allzu unheimlicher Fan ist es nicht weniger als meine Pflicht, ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verlinken.
keine Ahnung, warum: neu entdecktes Weblog, auf das ich auf diesem Wege hinweisen möchte.
(ohne Titel)
Wahrscheinlich ist das die Tragödie meines Lebens – immer zu denken: „wow! Das ist echt gut gelaufen!“, während der andere denkt: „lieber nicht.“
(Yes. It’s Monday.)