Mal eben ums Blog – die Webloglesung des Handelsblattes

Ich traue mich und schreibe mal wieder einen (subjektiven) Bericht über eine Lesung.

Das Ambiente:
Berliner Lesungen finden ja meistens in zweifelhaften Stadtteilen in halblegalen Bars im dritten Hinterhof Souterrain statt, spärlich möbliert mit alten Sofas vom Sperrmüll. Die Lichtburg versetzte mir also einen kleinen Kulturschock: auf der Kö! Mit kostenlosem Buffett! Es war schon fast ein wenig verunsichernd. Sehen Sie sich einfach die Bilder an.

Zu Anfang der Lesung erklärten Thomas Knüwer und Julius Endert uns, was ein Weblog ist. „Das erste Weblog führte Martin Luther“, behaupten sie, und was mir zunächst wie ein schaler Witz vorkommt, entpuppt sich dann doch als anschauliche und humorvolle Erklärung für ein Weblog. Luther nagelte seine Thesen an das Kirchentor (=Internet). Die Thesen ordnete er – wie bei einem Weblog – umgekehrt chronologisch, also das neueste immer nach oben. Knüwer und Endert spielten dies mit Papier und Magnettafel nach, ein rot-weißes Absperrband symbolisiert Verlinkungen. Man mag das albern finden, aber Tatsache ist, daß es funktioniert: die Sinne der Zuschauer werden miteinbezogen; Knüwer und Endert hatten das Publikum am Haken.

Frau Modeste hatte die undankbare Aufgabe, als erste zu lesen. Zunächst war es etwas schwierig für sie, in den Text hineinzufinden. Mir gefällt sehr gut, wie sie ihre Stimme einsetzt: sinnlich und verführend. Die Lesung in Neuss hat mir von der Auswahl ihrer Texte her mehr zugesagt (der Hamstertext!), aber das ist sicherlich mein persönlicher Geschmack.

Don Alphonso. Zunächst ein kleiner Exkurs: die meisten, wenn nicht sogar alle Blogger, unterscheiden sich in der Wirklichkeit von ihrem virtuellen Charakter. Ich bin nicht Frau Fragmente. Aber Frau Fragmente ist ein Ausschnitt meiner Selbst. Das Alter Ego eines Bloggers ist meistens an die tatsächliche Persönlichkeit des realen Menschens, der dahinter steht, angelehnt. Don Alphonso bildet hier eine Ausnahme: er ist eine Kunstfigur, so wie Kurt Krömer oder Heinz Becker. Die Kunstfigur Don Alphonso provoziert gerne mit überzeichneter Arroganz: er ist erfolgreicher, hat mehr Geld und weiß viel mehr als wir alle anderen. Was mich immer verblüfft, das ist Don Alphonsos Fähigkeit, ohne Pause über sich selbst zu reden. Mit den Worten „ich werde also nicht anmoderiert?“ moderierte er sich selbst fünf lange Minuten an, bevor er begann zu lesen. Als Einführung für den ersten Text („Rolex“) war das gar nicht mal so schlecht – eine Kunstfigur wie Don Alphonso, mit genau diesen Eigenschaften, ist viel besser dazu geeignet, sich über den Niedergang der New Economy zu äußern als ein moralinsauerer Hartz IV Empfänger. Außerdem hat der Text eine gute Pointe.
Beim zweiten Text („die Sache mit dem Brokat“) fand ich die Kunstfigur des Don Alphonso dann etwas anstrengend. Vielleicht war mir der Text zu abstrakt, oder ich habe einfach die Pointe nicht begriffen.

Wirres. Ich habe Ix vor einem oder zwei Jahren mal auf einer Geburtstagsparty kennen gelernt. Mir ist er als schweigsam und ein wenig schüchtern in Erinnerung geblieben. Wie ein Abend so täuschen kann! Ix hat göttlich gelesen. Woran das lag? Seine Texte sind schon in geschriebener Form sehr komisch, und er hat sie sehr trocken vorgelesen. Außerdem scheint er in sich zu ruhen, mit sich zufrieden zu sein – ehrlich, ich war ein wenig neidisch.

Das Nuf. Das Weblog des Nufs empfand ich immer als sprudelig und perlend wie Sekt. Daher überraschte mich ihre ruhige und langsame Art zu lesen. Zu ihrem ersten Text habe ich nicht wirklich Zugang gefunden, dafür war der zweite – über Brad Pitt und des Nufs Nonna – kurzweilig und unterhaltsam.

Don Dahlmann kokettierte zu Anfang ein wenig unnötig mit seiner Schludrigkeit, hat aber gewohnt solide gelesen.

Knüwer und Endert haben ebenfalls sehr professionell gelesen. Knüwer las den fiktiven Teil aus der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt und verstellte dafür auch mal die Stimme. Endert gab im besten Nachrichtensprecherton die realen Pressemitteilungen wieder.
Insgesamt gebührt den beiden großes Lob, weil der Gestaltung des gesamten Abends ein Konzept und ein roter Faden auf angenehmer Weise zugrunde lag.

Neu kennengelernt: die Schwadroneuse. Lebendig, klug, interessant. Ich möchte Sie Ihnen, werte Leser, ans Herz legen (in meinem ist sie schon).
Bestaunt: Dirk Olbertz. Mir wurde groupiehaftes Verhalten vorgeworfen, weil ich bewundernd sagte: Dirk Olbertz! Aber hey – das ist der Mann, der blogger.de möglich gemacht hat. Da ist Bewunderung doch angebracht, oder?

Insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung. Dank an die Veranstalter und an alle Lesenden.

4

Four things, sagt DocDee.

Four jobs I’ve had:
– nicht gegen Bezahlung, aber: als Jugendliche habe ich im Hochsommer auf den elterlichen Wiesen Heu gemacht. Das funktioniert so: Gras wird geschnitten, dann trocknen gelassen und am Abend „zusammengerechelt“, also mit einem Rechen zu Walzen zusamengefaßt, damit es über Nacht nicht so viel Tau aufnimmt.
Am nächsten Morgen wird das Gras wieder verteilt, damit es möglichst gut trocknen kann. In der Mittagszeit oder am frühen Nachmittag wird das Heu gewendet, damit auch die andere Seite trocknen kann. Abends wird es wieder zu Walzen zusammengerechelt. Das macht man drei oder vier Tage hintereinander. Wenn es trocken ist, muß das Heu mit einer Gabel auf einen Wagen aufgeladen werden, wird in die Scheune gefahren und in den Dachstuhl „hochgegabelt“.
Ohne Maschinen Heu zu machen, ist die Hölle, besonders das Wenden zur Mittagszeit in der Gluthitze des Hochsommers. Andererseits: so habe ich eine gewisse Disziplin und ein Durchhaltevermögen erworben, auf das ich auch heute noch zurückgreifen kann.

– Kassiererin bei Schlecker: seitdem kein über eine gewisse Grundhygiene hinausgehendes Interesse an Pflegeprodukten mehr.

– Rezeptionistin in einem YMCA/ YWCA in Norwegen. Best job ever. Viele Leute kennengelernt, viel über den Umgang mit und meine Außenwirkung auf Leute gelernt, anschließend tolle Skandinavien-Reise gemacht.

– Roadie bei einer Zirkusproduktion. Natürlich sofort in den Clown verliebt. Sehr tragisch.

Four movies I can watch over and over:
Schwierig. Die Filme, die ich gut finde, sind meistens zu traurig, als daß ich sie oft sehen wollen würde:
– American History X
– die rote Laterne
– Pitch Black
(hier nur drei, bei den Serien dann fünf.)

Four places I’ve lived:
– kleines Dorf in Süddeutschland
– Regensburg
– Berlin
– Ruhrpott

Four TV shows I love:
– der Doktor und das liebe Vieh (sehr beruhigend)
– das Haus am Eaton Place (sehr beruhigend)
– Kingdom Hospital (schwächelt etwas zum Ende hin)
– King of Queens
– Deep Space Nine

Four places I’ve vacationed:
– Skandinavien
– England
– Usedom
– wo auch immer the Cure spielen: London, Paris, Brüssel, Dresden…

Four of my favorite dishes:

– Spaghetti Bolognese
– chinesisch süß-sauer
– indisch/ thailändisch mit Kokosnussmilch
Madagaskar (Schokolade, die übrigens auch von Lidl unter Eigenmarke vertrieben wird.)

Four sites I visit daily:
die Blogs auf meiner Blogroll plus die ca. 120 Blogs in meinem Rss-reader.

Four places I would rather be right now:
– Pennsylvania
– Dresden
– Berlin
– meine Wohnung

Four bloggers to tag with this:
Glamourdick und Zahnwart haben bereits geantwortet. Der Hammerschmitt macht bei sowas ja grundsätzlich nie mit.
Marie (Paßwort -> Mail an mich)
Remington
Parka Lewis
Frau Modeste

slow song

Für Zufriedenheit oder Glück gibt es keine Worte. Das Unglück, die Depression, sie mag man seitenlag beschreiben, ihnen Lieder und Gedichte widmen.
Aber das Glück entwindet sich allen Beschreibungen, quecksilbergleich. Und wirft mir zum Abschied Blicke über die Schulter: „bin ich’s wirklich?“
Ist es wirklich Glück, daß mir die Tage ruhig und glatt vergehen. Entspannt bin ich, gelassen, in Gewohnheit eingebettet, mit Blick auf Dinge, die mich freuen. Pläne, die mich tragen. Alles scheint mir zu gelingen. Nichts ärgert mich. Nicht einmal, was mir fehlt, fehlt mir. Der Körper hat ein kurzes Gedächtnis. Hat sich schnell daran gewöhnt, daß es nur meine Hand ist, die mich berührt. Den Geist streicheln die Worte ferner Freunde.
Ist es wirklich Glück oder nur gefrorene Zeit. Langsamkeit.