Ich bin glücklich. Das ist ziemlich langweilig – nicht für mich, aber aus erzählerischer Perspektive. Dostojewski würde über mich keine Bücher schreiben.
Auch die Ursachen für mein Glück sind trivial: ein neuer Job, mit großen Gestaltungsspielräumen, stetiger Lernkurve und Wertschätzung, finanziell wie immateriell. Eine neue Wohnung, ohne laute Nachbarn, sonnig und mit freiem Blick ins Grüne. Es wäre falsch zu sagen, dass Job oder Wohnung mich glücklich machen, aber: ich kann in ihnen glücklich sein.
Nach dem Trauerjahr hat der Schmerz um meinen Vater nun nachgelassen. Was bleibt, sind sentimentale, bittersüße Erinnerungen, Dankbarkeit & Liebe. Und ich kann jetzt sagen: ich bin froh, dass es vorbei ist, dass ich die Sorge um ihn nicht mehr tragen muss.
Am meisten Freude machen mir die neuen Freiräume, die dieses Leben mir lässt. Manchmal sitze ich einfach nur im Sessel und schaue in die Ferne. Ich lese Bücher und diskutiere darüber. Ich treffe mich mit Freundinnen, in anderen Städten oder in dieser, zwischen den Hochhäusern, in Karaokebars und auf Spielplätzen, in Restaurants und in Museen, am Flussufer oder in Wohnzimmern.
Und ich spüre manchmal, nein – häufig -, nicht jeden Tag, aber fast, in mir dieses Glück. Ein Gefühl, als würde sich etwas in mir entfalten, zwischen Kehle und Bauchnabel, hinter dem Brustbein. Ganz leicht. Ich laufe durch die Straßen der Stadt, über Supermarktparkplätze, ich fahre im Auto, ich sitze vor der Tastatur. Ich denke: das Leben ist schön. Ich lächle. Und ich wundere mich über dieses Wunder, das ich so nicht erwartet habe, und das sich bislang auch noch nicht abgenutzt hat.