Aneinanderreihungen

Ich habe heute auf Twitter gefragt, worüber ich schreiben soll. Die Antworten, in keiner besonderen Reihenfolge, waren:

Frau Novemberregen. Musik. Geschmacks- und Geruchserinnerungen. WmdedgT. Das Atomkraftwerk. Augenarzt. Frühling. Meine Mutter. Seifenblasen. Nicht über Corona.

Frau N. liess mich etwas warten und isst nun Taboulé mit Halloumi. Sie ist heute sehr gut gelaunt, möglicherweise wegen des bald anstehenden Friseurtermins. Wir sprechen erst über Halloumi (findet sie nicht akzeptabel wegen Mundgefühl, ich hingegen mag Halloumi gerade deswegen manchmal sehr gerne, dafür halte ich nichts von Fallafel, das ist wie frittierter Pappkarton, meine Meinung!), dann ausführlich über Kochboxen (es sind interessante Ideen und Tricks dabei, das ganze ist aber zu normiert). Zum Schluß zeige ich ihr meine kleine Vorratshaltung (wegen mottensicheren Behältern) und nochmal kurz meinen Kühlschrank (wegen unserer synchronen Hüttenkäse-Obsession). Zwischendurch sprechen wir noch kurz über ihr Büro („alle irre“) und über jemanden, den ich verachte.

Ich freue mich immer, wenn es Frau N. gut geht, so wie heute. Vor zwei, vielleicht drei Jahren hatten wir mal ein Gespräch über Ziele und Weiterentwicklung im Leben. Frau N. sagte – und ich konnte das damals noch nicht so gut verstehen – dass sie sich eigentlich nur wünscht, dass alles so bleibt, wie es ist.

Es ist nichts so geblieben, wie es war.

Frau N. hatte die letzten Tage, vielleicht auch die letzten Wochen, sehr schlechte Laune. Das ist eben manchmal so, sagt sie, zu viel los, zu wenig Schlaf, zu müde tagsüber. Sie nimmt es mit einem Achselzucken hin, aber in mir bleibt ein Gefühl der Ungerechtigkeit Frau N. gegenüber, auch wenn ich weiß, dass einem das Leben nichts schuldet, es kein Schicksal gibt, nur Zufall, eine Aneinanderreihung von Ereignissen.

Ich würde ganz gerne mal den Film mit der alternativen Realität sehen, wo die Würfel für Frau N. an der einen oder anderen Stelle anders gefallen wären. Sie hätten besser fallen können, fallen sollen, aber – und das wird mir erst beim Tippen klar – auch sehr viel schlechter. Schrecklich, das zuende zu denken.

Heute wieder viel Billie Eilish gehört. London Grammar bringen ein neues Album raus, aber erst im April. The Cure sagen ja schon seit zehn Jahren, dass sie ein neues Album raus bringen, hoffentlich stirbt niemand vorher. Manchmal höre ich auch gerne Fahrstuhlmusik, oder besser Loungemusik, die genau so auch beim Hotelfrühstück in Dubai gespielt werden könnte.

Hotelfrühstück mit Wassermelone, draußen sitzen, es wird dreißig Grad werden, sind aber gerade erst fünfundzwanzig im Februar, die Farben strahlen, knallblauer Himmel, der Pool, das Meer, ein sanfter Wind wie ein Streicheln über die Oberarme, die nackten Zehen, und gleich Sonnencreme und ein Strandspaziergang.

Indes, wir sind hier. Was machst du eigentlich den ganzen Tag? Schlecht geschlafen, so um halb sechs aufgewacht, liegengeblieben bis um sieben, matt gefühlt, kraftlos, keine Lust, bisschen Magenprobleme. Kleine Morgentoilette, Emails auf, Todesfall in der Familie einer Kollegin. Verschiedenes hin- und herorganisiert. Telefonate zu verschiedenen Themen. Mit einer Mitarbeiterin telefoniert. Blumen geliefert bekommen. Mit meiner Mutter gesprochen, ihr geht es ganz gut und sie hatte sich schick gemacht für den Hausarzttermin, Stimmung aber manchmal doch sehr schwankend. In der Mittagspause Lebensmitteleinkauf. Schlechten Fertignudelsalat zu Mittag. Bisschen auf dem Balkon gestanden und die Frühlingsluft genossen, fast zwanzig Grad, auch nicht schlecht, und der Himmel hellblau mit schwachem Mond. Videokonferenz, Brötchen tiefgefroren, längeres Telefonat, Feierabend.

Mit den Augen habe ich aktuell ein Problem. Das Problem war so groß, dass ich zum Arzt gegangen bin, was ich bekanntlich nur im äußersten Notfall tue. Der Arzt hat gesagt: zu viel Bildschirmarbeit.

Ich nehme jetzt Augentropfen und immer meine Mittagspause.

Aktuell verschafft mir die Organisation wahrscheinlich eher ungewollt eine kleine Atempause, und ich kriege täglich nicht mehr 150 Emails, sondern nur noch 100. Mal sehen, wie lange es hält.

Im Bürgermeisteramt bin ich mittlerweile gut angekommen, auch das Atomkraftwerk läuft rund, vielen Dank. Visitenkarten habe ich mittlerweile auch drucken lassen. Verschiedene Kolleg:innen arbeiten ein bisschen daran, dass ich mittelfristig sowas wie Ministerpräsidentin werde. Eine meiner Emails heute war ein Hinweis, ich solle doch dringend Committee Member werden, das ist anscheinend ein guter Karriereschritt und fördert die Visibilität. Augen braucht man dafür aber auch.

Die Seifenblasen schillern, leicht und klar und regenbogenbunt, eher sie zerspringen.

Das Schöne am Schreiben ist, dass es eine gewisse Sinnhaftigkeit erzeugt. Das, was erlebt wurde, zufällig, wird umgedichtet in eine Geschichte, die ein Anfang, einen Spannungsbogen, einen Sinn und vor allem eine Pointe hat. Wenn ich schlechte Laune habe, dann kann ich keinen Sinn entdecken in den aktuellen Aneinanderreihungen, die mein Leben sind: Arbeit, TikTok, schlafengehen. Arbeit, Supermarkt, bloggen. Arbeit, Wäsche waschen, Twitter. Vielleicht habe ich gerade deswegen schlechte Laune.

Das ist eben manchmal so, sagt Frau N., und wir reden, und wir bloggen, und es geht wieder besser.

Knöpflein

Sonntagsausflug mit meiner Mutter in den Wald, ordentlich Schnee, leider machen auch alle anderen Menschen einen Sonntagsausflug in den Wald, deshalb ist es nicht so leer, wie meine Fotos auf Twitter vermuten lassen. Was will man sonst auch machen, an einem Sonntag.

Beim Einsteigen ins Auto, während wir Mäntel auszogen und Schneeschuhe zu Autofahrschuhen wechselten, über Knöpfchen nachgedacht. In meiner Kindheit war das ein häufig gesprochener Satz, mach doch mal das Knöpfchen hoch, oder mach doch mal das Knöpfchen runter, oder das Knöpfchen ist oben!, und es bezeichnete das Entriegeln der Autotüren. Ich hatte noch relativ lange, bis etwa 2008, ein solches Auto. Nach Konzertbesuchen oder nach dem Club sagte ich manchmal zu meiner Beifahrerin: mach sofort das Knöpfchen runter nach dem Einsteigen, das war so eine Urangst, dass jemand hinten eine Tür aufmacht und einsteigt, ungefragt, ungewollt, bedrohlich.

Auf der Rückfahrt mit meiner Mutter über Knöpfchen gesprochen, sie ergänzt noch ist überall das Knöpfchen unten?, häufige Panik bei diversen Urlaubsreisen. Ich hab ja so eine kleine Zwangshandlung, nach dem Abschließen immer überprüfen zu müssen, ob das Auto auch wirklich abgeschlossen ist, und mir wird gerade klar, woher das kommt. Einklappende Seitenspiegel haben mir hier sehr geholfen.

Frau N. hat heute auch schon über Autos gesprochen, morgen darf sie nämlich ins Büro, sie ist schon ein bisschen aufgeregt und sehr gut gelaunt, im Anschluß noch in die Werkstatt, Rücklicht reparieren lassen, dass man das auch selbst machen kann, spare ich mir ihr zu sagen, irgendwann will man im Leben manche Sachen nicht mehr selbst machen. Außerdem möchte sie noch durch die Waschstraße und ist total entzückt, weil wohl wahrscheinlich auch die Innenreinigung geöffnet ist. Wir reden eine Weile gleichzeitig über Börsengänge und Waschstraßen, beides gleich wichtig.

Meine Mutter hat auch eine Autogeschichte, und zwar erzählt sie mir, während wir nach Hause fahren und der Schnee immer weniger wird und entfärbten Februarwiesen weicht, vom ersten Auto ihrer Mutter, also meiner Großmutter. Das erste Auto war natürlich ein VW Käfer, interessanterweise war es auch das letzte Auto, allerdings ein moderneres Modell. Meine Großmutter hat recht früh den Führerschein gemacht, 1955 oder so, ungewöhnlich für eine Frau, aber sie war ja auch verwitwet und wusste, dass Mobilität der Schlüssel zur Unabhängigkeit ist. Meine Mutter erzählte, dass sie als Kind in jenem ersten VW Käfer beim Abbiegen einen Knopf drücke durfte, und dann sprang an der Seite der Blinker heraus, also ein gelbes, reflektierendes Teil, das den Richtungswechsel anzeigte.

Ich staune. Ich frage meine Mutter, ob der Käfer damals Sicherheitsgurte hatte, und sie verneint.

Ich kann mir keine Welt vorstellen, in denen es keine Sicherheitsgurte gibt. Ich meine – und vielleicht irre ich mich da – dass ich mich mein ganzes Leben lang anschnallen musste, auch auf der Rückbank, und zumindest, wenn man nicht in der Mitte sitzen musste, auch schon mit einen Dreipunktgurt.

Als ich Kind war, gab es noch kein Internet.

Noch so ein Gedanke, der mir neulich kam, eine Feststellung irgendwo auf den kleinen Wegen zwischen Schreibtisch, Kühlschrank, Badezimmer und Bett, die einem gerade noch so bleiben: dass ich mich an das Leben, wie es gerade ist, gewöhnt habe. Zuhause arbeiten, Videokonferenzen, niemanden treffen, nirgendwo hingehen. Es ist normal geworden, ich nehme es schulterzuckend hin. Resilienz ist das, eigentlich gut, aber sollte ich nicht mehr Rage haben, wütender sein – nur, wogegen?

Alles ändert sich, immer. Wenn ich darüber nachdenke, bin ich damit grundsätzlich unzufrieden, aber wenn ich nicht darüber nachdenke, dann nehme ich es hin, einfach so, ohne es so richtig zu merken.

Wir haben lange geglaubt, dass alle Änderungen eher Verbesserungen sein würden: Zentralverriegelungen, Internet, Streaming-Dienste, Handyticket. Es könnte auch eine Zukunft kommen, in der wir viel mehr verlieren als nur die Möglichkeit, zum Friseur zu gehen.

Besser nicht drüber nachdenken.

Leuchtende Beispiele

Ob es auch Menschen gibt, für die der sogenannte Lockdown, also das Herunterfahren des öffentlichen Lebens und die Kontaktbeschränkungen, das beste sind, was ihnen je passiert ist?

Ich denke da zum Beispiel an jemand mit einem Drogenproblem, sagen wir: ein junger Mann, in Ausbildung, aber es gab schon ein paar Konflikte und ernste Verwarnungen, weil er jedes Wochenende feiern geht mit seinen Freunden, die Nacht zum Tag macht, Montags öfter blau oder übermüdet oder neben der Spur. Dass es von den Drogen kommt, weiss im bürgerlichen Leben niemand, ahnt es höchstens. Und jetzt – alle Clubs geschlossen, die sogenannten Freunde treffen sich nicht mehr, die Drogendealer sind nicht erreichbar. Erst findet er es schwer erträglich, rastlos, dann wird es besser, er spürt etwas anderes in sich, an sich, beruflich läuft es jetzt richtig gut, und als die alten Freunde wieder anrufen, da geht er nicht ran. Paar Tage später verliert er das Handy, neue Nummer, und das wars dann.

Oder eine Frau, vielleicht schon Anfang dreißig, bei der es am Monatsende immer knapp war, die jongliert hat zwischen verschiedenen Kreditkarten, auch mal einen Kredit aufgenommen hat, der Dispo eigentlich immer am Anschlag. Es kostet eben alles, die Klamotten, Make-up, Friseurbesuche, Kosmetikerin, die Drinks am Abend und der Wochenendtrip nach Barcelona, vor ein paar Monaten der Trip nach Bali, so schöne Bilder auf Instagram waren das. Es ist ihr halt wichtig, mithalten zu können, aber jetzt gibt es nichts mehr zum mithalten, Unternehmen hat Homeoffice angeordnet bis auf weiteres, für wen soll man da noch schöne Kleider tragen, reisen geht ja schon lange nicht mehr. Und plötzlich ist wieder Geld auf dem Konto, der Kredit fast abbezahlt, schwarze Zahlen, und kein nagendes Gefühl mehr oder eine Nervosität, wenn die Kassiererin die Karte durchzieht, und keine Sorgen mehr am Monatsende. Schön, eigentlich, denkt sie sich.

Oder jemand in Kurzarbeit, Touristikbranche. Kurzarbeit! Erstmal Herzklopfen, Kloß im Hals, aber der Mensch gewöhnt sich an alles. Die Zahlen auf dem Gehaltszettel sind irgendwie anders, aber unterm Strich fast wie vorher. Die ersten drei Wochen fühlen sich noch wie ein langer Urlaub an. Dann die ersten Gedanken: eigentlich wollten sie ja schon länger raus aus der Branche. Vielleicht nochmal was anderes lernen, programmieren zum Beispiel, oder etwas mit einem Zertifikat. Gibt dem Alltag ja auch Struktur. Draußen wird es Sommer, dann Herbst, die ersten aus der Weiterbildung finden einen neuen Job, und auf einmal kommt auch für sie ein Angebot. Einfach so. Nichtmal gesucht. Ein neuer Name und eine neue Zahl auf dem Gehaltszettel, und der Stolz nicht zu ermessen.

Oder ein Typ, Millenial, der plötzlich viral geht auf TikTok. Zwei komma vier Millionen Aufrufe. Das ganze Nachrichtenfach voll. Bei einer bleibt er irgendwie hängen, sie albern rum und schicken sich gegenseitig lustige TikToks, dann Snapchat, dann geht er live und sie unterhalten sich, die ganze Nacht, schreiben, reden, sprechen, und es ist ernst und witzig und wahrhaftig. Nach ein paar Wochen treffen sie sich, an einem Ort genau in der Mitte, oder zumindest fast, beide kommen mit der Bahn, Schmetterlinge im Bauch, treffen sich am Bahnsteig und machen einen Spaziergang. Kommen sich nah, tun Dinge, für die man die Maske abnehmen muss, irgendwann liegt sie neben ihm und schläft und er denkt, dass er noch nie so glücklich war. Und wenn ihr Name auf seinem Display aufleuchtet, dann leuchtet auch etwas in ihm auf, hell und kräftig.

Eine gute Frage, denke ich, ob es die äußeren Umstände sind, die uns verändern, oder ob es immer und ausschließlich von innen kommt. Vielleicht ein bisschen wie ein Samen, tief drin in uns, der aufgeht, wenn die Zeit richtig ist. Und die Zeit ist für jeden von uns eine andere.

ein Tor

Frau Novemberregen isst einen Burger, und ich nicht. Mit Süßkartoffelpommes.

Ich arbeite. Dann gehe ich ins Bett, stehe auf, und arbeite. Gehe ins Bett, arbeite, stehe auf. Und arbeite. 150 Emails gerade pro Tag. Heute fünf Videokonferenzen, und diverse Anrufe in den kleinen Pausen dazwischen. Und ganz am Schluß noch diese eine wichtige Email geschrieben, sonst nichts erledigt bekommen.

Gutes Gespräch mit meinem Mentor gehabt, in den Abendstunden, während er mit seinem Hund durch den Regen spazierte. Ich brauche eine Assistent:in, meint er, nur woher nehmen und nicht stehlen. Hiring freeze.

Wenn ich ehrlich bin, dann wüsste ich schon, wie ich es mache. Mich zu entlasten, und mehr an andere delegieren. Mir fehlt nur gerade die Zeit und die Kraft, dies als noch ein weiteres, neues Projekt aufzusetzen und auszuführen. Und vielleicht ist da noch etwas anderes, das mich hindert, das mich zögern lässt.

Jeder Entwicklungsschritt ist wie ein Durchschreiten eines Tores. Ich stelle mir da immer eine Stadtmauer vor, und ein schmales, mittelalterliches Stadttor. Davor der Torwächter. Er hält die Hand auf. Was bist du bereit, zu geben?

Die Waschmaschine von Frau N. schaltet in den Schleudergang, ein Geräusch über meine Kopfhörer, das schneller und schriller und höher wird, ehe es aus dem Bereich der akustischen Wahrnehmung verschwindet.

Mit meinem Chef über die Zukunft der Arbeit gesprochen. Dass wir alle mehr und mit größerer Selbstverständlichkeit remote arbeiten werden, scheint selbstverständlich. Es werden auch Jobs verschwinden, neue hinzukommen. Deloitte sieht den Zuwachs ja vor allem bei den pflegenden und lehrenden Berufen, ich bin gespannt. Ich glaube eher an Lieferservice und Logistik. Meine persönliche These ist ja, dass alles, was im (hochqualifizierten?) Bereich an Automatisierung und Technologisierung an Zeit eingespart wird, sofort durch Bullshitjobs und Bullshitaufgaben ausgefüllt wird. Niemand braucht die 40-Stunden-Woche. Aber das System verlangt, dass die Leute von der Straße weggehalten werden. Weniger wegen der Obdachlosigkeit, mehr wegen den Demonstrationen. Die Berufswelt als Aufbewahrungsort, alle ordentlich einsortiert ins Regal. Wer hat da noch Zeit für den Umsturz? Ich habe nur noch Kraft für TikTok, konsumierend.

Vor einer Dekade oder mehr war ich einmal arbeitslos, fast ein Jahr. Ich wusste nicht, dass es so lange sein würde, ich dachte, mittendrin, es ginge nur noch ein paar Wochen so. Ich wünsche mir manchmal, ich hätte gewusst, dass es länger geht, und die Zeit anders genutzt, mehr verändert, Sprachkurs, Arbeit am Selbst, was erlebt. Aber die Tage vergingen, einer wie der andere, und ein Lebensjahr verschwand.

Hans Rosenthal hat sich mehr als zwei Jahre vor Verfolgung und Deportation in einer Kleingartenanlage versteckt. Er hat in seinem Buch geschrieben, dass er das Ganze nur aushalten konnte, weil er, als er ’43 in den Untergrund ging, annahm, dass der Krieg in maximal sechs Wochen vorbei sei. Ich habe ein ganz großes Unbehagen bei diesem Vergleich, denn es lässt sich nicht vergleichen, nichts davon, bis auf diese Kleinigkeit: dass wir alle auch jetzt auf diesen Horizont hinarbeiten, sechs Wochen, und uns nicht vorstellen können, nicht daran denken dürfen, dass es länger dauern könnte.

Sie quietscht und schrillt wieder, die Waschmaschine von Frau N. Der Burger war okay, so 80%, Lieferservice eben, sagt sie.

Wenn ich jetzt wüsste, ganz genau, wie lange es noch dauert, was würde ich dann machen mit meiner Zeit? Und jetzt sagt nicht, man kann ja eh nichts machen. Ich könnte eine Menge machen. Aber ich arbeite, und ich schlafe, und sonst nichts. Das ist das Problem.