(ohne Titel)

Ich würde Zeit brauchen, um einen anständigen Text zu schreiben, um einigen interessanten Leuten eine qualitativ hochwertige Antwort zu schreiben, um festzuhalten, was wichtig ist.
Wichtig ist, daß ich mein berufliches Tief überwunden habe. Wie ein Zauberwürfel, alle Farben durcheinander, und dann findet man plötzlich den Trick, den Kniff und kann das Ganze ordnen. In meinem Fall hatte es einiges damit zu tun, Abschied zu nehmen von zu komplizierten Strategien; die Hoffnung aufgeben, das Scheitern annehmen. In kleinen Dingen scheitern können, damit das große Ganze gelingt, anders zwar, aber wer schaut am Ende auf die kleinen Farbunterschiede?
Und ja, die äußeren Richter sind viel sanfter als die inneren, besonders, wenn man ihnen mit dem Gefühl begegnen kann, frei von Schuld zu sein.

An manchen Hoffnungen lohnt es sich, festzuhalten. Ich habe an Dich gedacht, als ich ins Bett gegangen bin, und ich glaube, hoffe, weiß: Du denkst an mich.

try! stop trying.

Das Scheitern annehmen.
Abschied nehmen, immer wieder. Von dem, was wir gerne geworden waren, was wir gerne gehabt hätten, mit wem wir gerne gelebt hätten, wie wir gerne gelebt hätten. Nicht, wie die Fischersfrauen vor hundert Jahren nach dem großen Sturm, jeden Morgen an den Strand gehen und den Horizont beobachten, sondern eingestehen: this boat has sunken. Nur: wann weiß man, ob das Schiff untergegangen ist? Wann es keine Hoffnung mehr gibt? Denn das ist das tückische an der Hoffnung: sie schleicht sich durch die kleinste Ritze, klebt an uns selbst in dunkelster Nacht. Wenn wir aber nicht aufgeben, immer suchend bleiben, dann bleiben wir auch leidend, spüren immerzu die Fehlstelle. Das Aufgeben birgt Risiko und Chance, es ist terra incognita. Vielleicht zerbrechen wir, wenn wir ohne das leben müssen, nach dem wir uns sehnen; vielleicht zerbrechen wir, wenn wir nicht wenigstens hoffen können. Das Scheitern annehmen bedeutet aber, sich von der Sehnsucht zu befreien. Souverän sagen zu können: „ich wollte das, und es hat nicht geklappt, aber so, wie ich jetzt lebe, ist es auch gut.“ Wir wären frei. Wir wären unverwundbar.

(ohne Titel)

Gestern statt Profiler einfach mal in den Hof geguckt. Die Dame aus dem vierten Stock, die Vanessa Paradies nicht unähnlich sieht, war gerade dabei, sich auszuziehen, verschwand dann im Bad. Der Mann aus dem dritten Stock hat etwas in einem roten Topf gekocht, dabei immer wieder das Gesicht knapp darüber gehalten und den Topf geschwenkt. Er schien sehr skeptisch zu sein. Die Studentin aus dem zweiten Stock sitzt stundenlang an ihrem Schreibtisch, den Laptop vor sich. Sie hat sehr aufgeregt telefoniert. Die Frau aus dem ersten Stock hatte letzten Monat noch einen dicken Bauch, jetzt trug sie ein kleines, ganz kleines Kind auf dem Arm, ging vor dem Fenster auf und ab, schaukelte es in den Schlaf.
Die Dame aus dem vierten Stock kam aus dem Bad zurück, leider nicht nackt, sondern bei genauerem Hinsehen in ein lachsfarbenes Badetuch gehüllt. Nach und nach schaltete sie die Lampen aus. Ich wurde ganz schläfrig, zog mich im Dunkeln aus und schlüpfte in mein Bett.

Parka Lewis, Sat1 und die Bäckerei

„Parka Lewis fehlt“, sage ich zu meiner Freundin. „Oh, übrigens“, sagt sie, „der war kürzlich im Fernsehen…also nicht direkt er. Du weißt doch, ich kann zur Zeit nicht gut schlafen, und da war ich eines Sonntag morgens früh wach und guckte Weck Up auf Sat1. Zu Gast war Jörg Thadeusz und außerdem ein 20six-Blogger. Deshalb wurde Thadeusz gefragt, ob er Blogs liest, und er hat gesagt, er kennt nur ein einziges. Sein bester Freund hätte eines, das heißt Gesprächsfetzen.

Parka Lewis, so habe ich rausgefunden, wohnt nur ein paar hundert Meter Luftlinie von mir entfernt. Zwischen uns: die Bäckerei.

baeckerei

Vielleicht begegnen wir uns eines Tages?
Zugegebenermaßen gehe ich selten zum Bäcker, Brötchen für einen alleine lohnt nicht. Des weiteren habe ich die starke Vermutung, daß Herr Lewis sein eigenes Brot bäckt. Dennoch: vielleicht wird eines Tages der Teig nicht richtig aufgehen, während ich mich zur gleichen Zeit, den Bärenfellumhang um die Schultern, das Haar wirr, die Knie weich, auf den Weg zur Bäckerei mache. Vor mir in der Schlange: Herr Lewis, der in braunen Lederschuhen leicht hin und her wippt. „Herr Lewis!“, werde ich rufen, um dann auf seinen verwunderten Blick zu entgegnen: „Sie kennen mich nicht, aber ich kenne Sie “ und im gleichem Atemzug der gesamten Friedrichshainer Bäckereiklientel mitzuteilen, welch brillianter Wortschmied Herr Lewis ist, mit welch grandioser Ausstrahlung er seine Texte liest und daß er sogar im Sat1-Frühstücksfernsehen Erwähnung findet. Daraufhin wird Herr Lewis nach Hause gehen, den Rechner hochfahren und einen Beitrag für sein Weblog schreiben. Titel: „wie ich einmal beim Bäcker erkannt wurde“, Grundton ironisch-belustigt-verwundert.
Vielleicht aber werde ich ihm nur ein Lächeln schenken. Ich habe nämlich gehört, daß er zuletzt die Gesprächsfetzen als ein Ersatzleben empfunden hat, und sie deshalb zugunsten des real life aufgegeben hat. Und so wird er wohl einfach einige Minuten später seinem Gegenüber ein Croissant reichen und darüber sprechen, welch seltsamen Gestalten man manchmal beim Bäcker begegnet.

[further reading: Lob des Parka Lewis]

365 Tage

Zur Feier, so dachte ich mir, versuchen wir mal was interaktives: Sie dürfen fragen, was Sie schon immer über die Fragmente wissen wollten. Oder einen Vorschlag für einen Beitrag machen, etwas, über das ich ihrer Meinung nach unbedingt schreiben sollte.
Kann aber auch sein, daß ich alles schon erzählt habe. Was meinen Sie?

Liebes Tagebuch,

gestern war ich mit Frau Engel und Frau Modeste in Dresden (Frau Schnatter war leider krank). In Dresden hat es geschneit wie den ganzen Winter noch nicht. Vor dem Zwinger bin ich auf einer verscheiten Eisplatte ausgerutscht und habe mich voll auf die Fresse gepackt. Ich glaub‘, ich laß mir ein T-Shirt drucken: I am always falling down . Zuerst mußte ich sehr lachen. I am just a silly clown . Jetzt tun mir aber die Rippen weh. Mal abwarten, ob irgendwas blau wird und es zu einem Verletzungsfoto reicht.

(ohne Titel)

Die Freunde beim Abendessen. Er kriegt nichtmal Hartz IV, aber sie decken richtig den Tisch, nehmen die Wurst aus der Verpackung. Die Tochter ist schon fast drei und erzählt lustige Geschichten. Vorher gibt es eine Suppe. Er hat saure Gurken und kleine Würstchen sternförmig auf einem Tellerchen angerichtet.

Von ihnen kann ich noch viel lernen.