Angeregt durch diesen Mann und natürlich durch Justyna möchte ich eine Zwischenbilanz ziehen. 100 Tage bloggen – was war gut, was war schlecht, lohnt es sich, weiter zu machen?
Zuerst das negative.
Dieses ständige Kreisen um sich selbst. Karim sagt, er habe das Tagebuchschreiben aufgegeben, weil es die Probleme künstlich aufbläht.
Die Zeit, der Aufwand, das beschissene Gefühl, in etwas zu investieren, das so unbeständig und temporär ist wie das Internet. Nicht sagen zu können, guck, da steht’s gebunden im Regal, Fragmente meines Lebens, handschriftlich in Sepia auf rauhem Papier.
Die Schmerzhaftigkeit mancher Geschichten. Es könnte durchaus Sinn machen, die Angst, das Scheitern und Versagen zu benennen, weil es die Dämonen versöhnlich stimmt und die Fragmente der Identität annähert. Aber zunächst tut es weh und hinterläßt für ein paar Tage das Gefühl, ein Stück Dreck zu sein.
Das positive.
Ich habe den sicherlich sehr subjektiven Eindruck, die letzten 100 Tage einen Hauch intensiver erlebt zu haben. Vielleicht bringt es doch etwas, das regelmäßige Innehalten, Festhalten dessen, was im Moment wichtig ist. Tatsächlich ist mir das eine oder andere klarer geworden. Es ist kein absolutes Verständnis. Es ist, als wäre man in einer fremden Metropole und würde gerade beginnen, sich zurechtzufinden. Viele Nebenstraßen und Stadtviertel bleiben rätselhaft, aber man kann sich schon auf eine oder zwei Hauptverkehrsachsen beziehen und erkennt einige Wahrzeichen. Ich habe manchmal dieses überraschende Gefühl, hey, hier war ich doch schon mal, der Moment des Erkennens, der Orientierung, der Groschen, der fällt – da geht es lang. Die Orte ändern sich, die Ziele ändern sich, das Glück des richtigen Weges ist kurz, aber immerhin.
Ich werde gelesen und manchmal auch verstanden. Das ist schön.
Es gibt drei oder vier Menschen, die hier lesen und mich im realen Leben mehr oder weniger gut kennen. Sie haben mir unabhängig voneinander gesagt, dieses Weblog würde unheimlich depressiv wirken. Ich mußte einsehen, daß die schwermütigen Texte deutlich überrepräsentiert sind. Über die glücklichen Momente schreibt sich eben so schwer. Es ist ein bisschen wie in einem Reparaturforum, in dem die Leute immer nur Hilferufe abgeben, weil etwas kaputt ist, nie schreiben sie darüber, ob und wie sie es repariert haben. Lassen Sie sich also nicht täuschen, liebe Leser.
Eine Kommentarfunktion wird es übrigens auch weiterhin nicht geben. Aber über die eine oder andere eMail würde ich mich freuen.