das wird… interessant

Bin ein paar Tage weg, beruflich. Untergebracht in Deutschlands schlechtestem Hotel, zwei Sterne, DDR- Altlastplattenbau. Schon besorgt Berichte im Internet gelesen von „meist ausländischen Diebesbanden, die aufgrund der Nähe zum Bahnhof in diesem Hotel Unwesen treiben.“
Gehe jetzt los und kaufe mir einen Brustbeutel stecks mir in den Büstenhalter einen Bauchgürtel.

im Dunklen.

Manchmal macht es meine Arbeit erforderlich, daß ich einen Film entwickle. Selbst, von Hand, in einem kleinen dunklen Raum. Und immer gibt es eine Zeitspanne (drei Minuten, fünf Minuten, zehn Minuten), in der ich warten muß, in der es nichts für mich zu tun gibt außer im Dunklen zu stehen. Dann lausche ich meinen Atemzügen, lasse meine Gedanken fliegen, genieße die Stille. Gestern habe ich die Rotlichtlampe ausgeschaltet und die absolute Schwärze auf mich wirken lassen. Mit meinen Fingerspitzen tastete ich die Maße des Raumes ab, der mir so gut bekannt ist.
Wie in diesem kleinen Raum, so ist auch das Leben. Das Licht meines Verstandes ist wie jene Rotlichtlampe und reicht bis zur Tischkante. Man tastet mit dem Herzen. Und all die Verletzungen, die Schrammen, die man sich zuzieht, wenn man gegen Möbelstücke stößt, gegen die Wand, eine Stufe verfehlt, ins Leere fällt – all diese Verletzungen sind gut. Weil man weiß, wo man steht. Weil sich so der Raum erschließt.
Rückblickend werde ich wahrscheinlich dankbar sein für die harte Zeit, durch die ich gerade gehe. Ich bin angeeckt, bin gegen Hindernisse gestoßen, und jetzt, hoffentlich, aufgewacht.

Blöd finde ich es trotzdem. Aber ich habe es mir ja nicht ausgedacht. Ausgesucht auch nicht. Wer hat schon die Wahl?
Es gibt ja nur dieses eine Leben.

auf dem Parkplatz vor Lidl

Der Mann (vielleicht 18, rote Hose, rotes Hawaiihemd) spricht mechanisch, einstudiert, ohne Satzzeichen: „Entschuldigung kann ich Ihnen vielleicht für 30 Cent den Aschenbecher leeren oder für 10 Cent den Einkaufswagen zurückbringen.“
Nein, sage ich, und räume weiter meine Einkäufe in den Kofferraum. Ich kann ihm nichts geben, ich bin arm, vor allem im Herzen. Sieht er nicht, wie hart ich für mein Geld arbeiten muß, für das bisschen, sieht er nicht, wie schwer ich’s habe, wie müde ich abends bin. Ich bin die Sklavin der Bildung, die mir Freiheit bringen sollte. Ich kann ihm nichts geben, mir wird zu viel genommen, jeden Tag.
Als ich den Einkaufswagen zurückbringe, steht der Mann ein paar Meter vom Eingang entfernt. Ich drücke ihm die Münze, die im Einkaufswagen war, in die Hand.
Wir können uns beide nicht in die Augen sehen.