in unruhigen Nächten II

Ich bin gut gelaunt und guter Dinge.
Dennoch hat mir mein Unterbewußtsein, daß – wie der Rest von mir – recht straightforward ist, letzte Nacht folgenden Traum zukommen lassen:

Ich bin zu Weihnachten bei meinen Eltern. Ich bin wieder zwölf Jahre alt, und sitze extrem wütend in meinem Kinderzimmer. Irgend etwas ist falsch gelaufen: ich wurde benachteiligt, zu Unrecht gerügt oder meine Schwester wurde bevorzugt. Da fällt mir ein: ich bin ja schon groß! Ich kann ja einfach gehen! Also mache ich mich, meinen schwarzen Trolley hinter mir herziehend, auf den Weg. Nur: wohin? Ich bin ja mit dem Zug gekommen, aber meine Eltern wohnen auf dem Land. Keine Straßennamen, kryptisches Hausnummernsystem: keine Chance, daß mich ein Taxifahrer findet. Also laufe ich zur Bushaltestelle im Nachbarort, von der aus dreimal täglich ein Bus in die nächste Kleinstadt fährt (dort gibt es einen Bahnhof!). Ich sitze im Haltestellenhäuschen und bin wieder zwölf.

Als ich aufwache, bin ich immer noch guten Mutes. Und vielleicht ist das die beste Grundlage, damit es dieses Jahr ein schönes Weihnachtsfest mit den Eltern wird. Ich habe, was Eltern angeht, eigentlich ein ziemlich gutes Los gezogen. Daß man sich liebt, kann man eben selten anbringen, in Weblogs nicht und in Weihnachtskarten auch nicht.
Soll ich trotzdem mal den Taxiruf in mein Mobiltelefon einprogrammieren?

Frau Fragmente riecht.

Es ist keine feine Gegend, in der ich wohne. Nun ja, ich verdiene ja auch wenig Geld für viel Arbeit… dafür bin ich aber auch meistens nicht daheim.
Der Mann – Armeerucksack, Tarnhose, langhaarig und mit Bart – ist mir schon zwei- oder dreimal begegnet. Jedes Mal die gleiche Situation: ich schließe ihm die Haustür auf, nachdem wir uns freundlich gegrüßt haben. (Kurz nachdem wir durch die Tür sind, summt der Türöffner).
Heute Abwandlung des Protokolls.

Frau Fragmente: „Hallo!“
Mann: „Guten Tag!“
Frau Fragmente schließt die Tür auf, Mann steht direkt neben mir.
Mann: „Sie riechen aber gut! Wie heißt denn das Parfüm?“
Frau Fragmente ist schon halb die Treppe hoch.
Frau Fragmente (verblüfft): „Danke! Aber wenn mans so sehr riecht, dann ist es vielleicht schon zu viel…“

Mann beteuert, wie toll ich rieche und folgt mir ein Stück. Ich winde mich irgendwie aus der Situation raus. Und bleibe lange nachdenklich. Weil ich jammere, daß sich niemand interessiert, aber wenn sich jemand interssiert, dann finde ichs merkwürdig.
Vielleicht muß ich zielgruppenoptimierter werden.

in unruhigen Nächten

ich suchte ihn, den meine Seele liebt
ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht.

Wo du wohl zu finden wärest, Liebster,
in meiner Zukunft oder in der Vergangenheit?
Ob du in einer fernen Jahreszahl verborgen liegst
und es nur Geduld erfordert, einen langen Atem
oder ob wir längst einander verpaßt haben
der eine den anderen abgelehnt hat aus nichtigem Grund
das frage ich mich des nachts auf meinem Lager.

Fragen an Fragmente

referrer

„Wann mit ihm schlafen?“ ist eine schwierige Frage. Viele Ratgeber für Frauen/ Frauenzeitschriften postulieren ja: halten Sie ihn hin, dann steigt seine Begierde und die Bindung festigt sich. Ich glaube daran nicht. Vor allem: Männer sind selten die manipulierbaren Maschinchen, für die sie oft gehalten werden, und Frauenzeitschriften haben auch nicht den Schaltplan. Männer sind – so wie Frauen auch – sehr unterschiedlich.
Also: schlafen Sie mit ihm, wann und wenn Sie dazu Lust haben. Nur Mut. Sie sind die entscheidungsfällende Instanz Ihres Lebens.

Die „alte Schlampe“ heißt Berlin.

Bei mir gibt es in der Tat viele Geschichten „ohne Büstenhalter“. Meistens trage ich allerdings einen.

„Grablichter“ gibts bei mark793.

„Muss man Weihnachten in Gesellschaft verbringen?“. Nein, müssen Sie nicht. Ich habe auch schon mal Weihnachten nur mit mir selbst verbracht (allerdings bin ich in der glücklichen Lage, mich selbst sehr gut unterhalten zu können *hust*). Vor allem: wenn Sie mal Weihnachten nicht zuhause sind, dann sind Sie beim nächsten Mal ein umso mehr geschätzter Gast. (Bei meiner Familie funktioniert das zwar nicht, aber in der Theorie hört sich das echt gut an.)
Andererseits: wer erwachsen ist, erkennt, daß die Zeit mit den Eltern begrenzt ist. Weihnachten wird man also noch oft genug allein sein.

„Rettungsdienstgeschichten“ gibts bei brainfarts.

Und zum Schluß: „was wünscht sich eine Frau zu Weihnachten?“
Nun ja, wie schon gesagt, das kann sehr unterschiedlich sein. Ich zum Beispiel fände Sex nicht schlecht, mit jemanden der mich mag und den ich auch mag. Andere Frauen freuen sich über Pralinen, ein Wellnesswochenende, Geschenkgutscheine, Make-up, ein gutes Buch, ein Zeitschriftenabo oder darüber, daß Sie mal den Abwasch machen. Schmuck kommt übrigens immer gut.

Noch Fragen? Noch Antworten? Ab in die Kommentare damit.

Mein Leben in Stichworten

Wecker 1 klingelt. Weiterdösen. Wecker 2 klingelt. Aufstehen. Pullover anziehen. Pantoffeln anziehen. Kaffee machen. Frühstücken: manchmal Brot mit Ingwermarmelade, meistens keinen Hunger. Duschen & Haare waschen: jeden zweiten Tag. Eincremen. Anziehen. Haare bürsten. Wenn keine Lust, dann Dutt machen, sonst Pferdeschwanz. Parfüm. Augenbrauen nachziehen. Wenn gute Laune, dann Ohrringe. Mantel anziehen. Eventuell Müll mit runter nehmen. Meistens Auto. Töff Töff. Arbeitsplatz. Manchmal Straßenbahn. Laufen. Straßenbahn. Laufen. Arbeitsplatz. Guten Morgen! Mantel ausziehen. Rechner hochfahren. Emails checken. Fragmente checken. Lieblingsweblogs kurz anschauen. Experimente starten. Weblogs lesen. Arbeiten. Kantine. Tee machen. Arbeiten. Mit Kollegen über Arbeit reden. Mit Kollegen & Chef small talk machen. Arbeiten. Arbeiten. Experimente beenden. Aufschreiben. Auswerten. Nächsten Tag planen. Bis morgen! Mantel anziehen. Rechner runterfahren. Wenn Auto, dann Supermarkt. Wenn Straßenbahn, dann Innenstadt. Wenn keine Lust/ müde, direkt nach Hause. Abendessen: Schinkenbrot & Salat. Fernsehen. Vorabendserie. Fernsehzeitung. 20.15 Sendung aussuchen. Angucken. Danach rumswitchen, evt. Musik hören. Ins Bett gehen. Schlafen, bis der Wecker klingelt.

repeat

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Wochenende. Ausschlafen. Aufstehen. Pullover anziehen. Pantoffeln anziehen. Kaffee machen. Frühstücken. Frühstücksei. Fernsehzeitung. To do Liste. Wäsche waschen. Putzen. Fernsehen. Aufräumen. Lesen. Essen kochen. Fernsehen. Putzen. Aufräumen. Wäsche aufhängen. Rechnungen bezahlen. Fernsehen. Nachdenken. Was aufschreiben. Nach draußen gucken. Musik hören. Fernsehen. Ins Bett gehen.

repeat 1x

Wecker 1 klingelt.

bett1

(ohne Titel)

Es geht mir wirklich gut.
Ich träumte, ich wohne in einem alten Gewächshaus. Ich liege im Bett und blicke durch die gläserne Decke in den Sternenhimmel. Die Sterne funkeln und strahlen wie in einer kitschigen Computeranimation. Es war wunderschön. Es war sehr friedlich.

(ohne Titel)

Es ist sehr ruhig. Es geht mir gut.
Es gibt nichts zu erzählen, deshalb.
Es ist wie under ice. Alles erreicht mich gedämpft, abgeschwächt.
Ich bin im Winterschlaf. Lasse mich oberflächlich erfreuen von Adventszeit, Weihnachtsliedern, Tannengrün. Finde Zerstreuung im shopping.
Der kleine Bürokrieg läßt mich kalt.
Wir zünden eine Kerze an und verdrängen, reden schön.
Wo war eigentlich mein Großvater zwischen 1933 und 1945?
Das polnische Kindermädchen bekommt Zwangsarbeiterentschädigung.

Instant Nirwana

Wir leben in einer Gesellschaft, die ausschließlich auf die Verwertung von Arbeitskraft aus ist, in der es aber keine herkömmliche Klassengesellschaft mehr gibt mit klar definierten Rollen von Herrschenden und Beherrschenden. Es ist eine Gesellschaft, in der alle Dienstboten sind. Sie zielt darauf, menschliche assets solange auszubeuten, wie es geht – das ist eine Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft am negativsten Pol, den man sich vorstellen kann! Natürlich haben es die Vorstandsvorsitzenden besser als die einfachen Arbeiter, weil sie besser alimentiert werden, aber der Dienstbotencharakter trifft alle. Daraus resultiert Angst und eine durchaus nachvollziehbare Kränkung des Selbstwerts, die ständig die Frage provoziert: ‚Bin ich gut genug?‘ und: ‚Werden sie mich behalten?‘

Marcus Hammerschmitt im Interview