30/30

Termin bei der Hausärztin gehabt. Sie war gerade selbst in Reha. Viel los bei ihr, man hat mich ins Labor gesetzt, fürs Behandlungszimmer hat es nicht gereicht. Die Ärztin steht sichtlich unter Zeitdruck, ist aber freundlich. Ich bekomme eine Einweisung ins Krankenhaus, ich soll in die Notaufnahme gehen, damit ein Ultraschall gemacht wird. Anscheinend ist das die einzige Möglichkeit, zeitnah an eine solche Untersuchung zu kommen.

Aus dem Home Office heraus einige Termine verschoben und in die Notaufnahme gefahren. Es war, anders als befürchtet, recht leer. Nach der Aufnahme (ich wollte den medizinischen Fachangestellten gegenüber einen Witz über die „digitale Patientenakte“ machen, habe es dann aber gelassen) rumgewartet und gelesen, irgendwann sagte irgendwer zu einer mitwartenden Frau, die Ärzte seien jetzt gerade beim Mittagessen.

Es kamen dann zwei Ärzte vom Mittagessen zurück, einer gut gelaunt, einer nicht so. Der gut gelaunte Arzt hat sich sehr nett um einen Patienten im Rollstuhl gekümmert, der kognitiv etwas eingeschränkt war.

Ich ringe nach einem anderen Adjektiv, „nett“ ist natürlich nichtssagend, immer. Es war so: der Arzt hat sich dem Mann im Rollstuhl vorgestellt: „ich bin der Herr X“, und der Mann hat gesagt: „ich bin der Florian!“, und der Arzt hat gesagt: „ah, wir duzen uns! Ich bin der Markus“, und hat ihn ins Behandlungszimmer gefahren. In den Nuancen war spürbar, dass der Arzt den Patienten als Person wahrgenommen hat. Das ist ja bei weitem nicht immer so.

Zu mir war er dann auch sehr nett, sehr interessiert, hat nach meinem Doktortitel gefragt, was ich beruflich jetzt mache, ich habe kurz über *fast ein Jahr* gesprochen, er hat erzählt, dass er „sanktionsfrei“ unterstützt. Zwischendurch hat er mich geultraschallt, die befürchtete Komplikation habe ich nicht, aber ich sollte mich in absehbarer Zeit operieren lassen.

Alles in allem also ein ganz gutes Ergebnis, und gewartet habe ich auch nur etwa zwei Stunden. Arztbesuche und Krankenhaus erschöpfen mich leider immer sehr.

Bei meiner Hausärztin gilt wieder Maskenpflicht. In der Notaufnahme war ich die einzige mit Maske. In der Apotheke, wo die Schlange fast bis zum Ausgang reichte, trug außer mir noch eine von zwei Apothekerinnen Maske. Mittel gegen Erkältungssymptome waren sehr gefragt.

Und so sind sie vorbei gegangen, weitere 30 Tage täglich bloggen. Ich werde ein bisschen auf Papier weiterschreiben, und hin und wieder auch hier. Es fehlt ja noch ein Eintrag zu „Ripples“. Die Erkenntnis und der Vorsatz ist es, die freie Zeit bewusster zu verbringen, weniger zu scrollen, mich mehr freimachen von dem, was ich zu tun verpflichtet zu sein glaube. Mehr lesen, mehr Musik hören, mehr unternehmen. Damit dafür genügend Akku übrig bleibt, ein bisschen weniger arbeiten. Mehr schreiben. Besser schreiben.

28/30

Im Stockdunklen frühmorgens zwei Outdoor-Teppiche vom Balkon geräumt und den riesigen Oleander an die Hauswand geschoben. Der Frost kommt. Ich hatte das mit den Teppichen natürlich schon seit vier Wochen auf der Liste, aber immer hakte es irgendwo. In den letzten Tagen hat es zum Beispiel sehr viel geregnet. Die Teppiche überwintern auf dem Dachboden, sollen da aber nicht nass liegen.

Heute beim Kaffee wurde mir dann klar, dass der perfekte Zeitpunkt nicht mehr kommen wird. Also die Teppiche eingerollt und in der Dusche und Badewanne zwischengelagert. Leicht fluchend den Weg von der Balkontür zum Badezimmer aufgewischt, aber sonst kam ich mir klug vor.

Es ist so ein altbekanntes und dennoch faszinierendes Phänomen, dass die Aufgaben, die man am längsten vor sich her schiebt, meistens recht schnell erledigt sind.

Der Rest des Tages war auf sehr angenehme Weise ereignislos. Der Druck lässt nach. Ich glaube, es geht mir besser.

26/30

Besuch von einer Freundin bekommen, daher die Wohnung sehr gründlich durchgeputzt. Außerdem Pflanzen eingewintert, es wird kalt.

In der hinteren Ecke meines Balkons eine blühende Chrysantheme gefunden. Sie war mir im letzten Winter halb erfroren; ich hatte sie dieses Jahr so mitgeschleppt, obwohl sie immer so vor sich hinkümmerte. Ich erinnere mich dunkel, dass sie im Oktober, vielleicht schon im September Knospen bildete. Ich hatte auf Margariten getippt, aber es kam nix aus den Knospen raus.

Und jetzt, boom, Blütenexplosion. Chrysantheme.

Mit der Freundin sehr köstliche drei Gänge in einem netten Restaurant verspeist, dabei über vieles gesprochen, was wichtig ist. Merke aber, dass sich ein Teil von mir ganz gerne einwintern würde.

Morgen großer Tag mit Ehrenamt und Gelöbnis. Mich bis gerade eben noch ein bisschen darauf vorbereitet. Es ist etwas mehr Verantwortung, als ich vermutet hätte. Ich kann noch gar nicht abschätzen, wie das morgen ablaufen wird.

25/30

Ablage gemacht, Kleidung aussortiert, weggeräumt und auf Winter umgestellt, ein paar neue Sachen bestellt, die Schwimmsachen endgültig weggeräumt, Wäsche gewaschen, meine Kindle-Bibliothek durchgesehen und eine Shortlist der demnächst zu lesenden Bücher erstellt, Musik gehört, ein Buch quergelesen (hat sich als Erotikroman ohne viel Handlung herausgestellt), die Weihnachtspyramide aus dem Keller hoch- und ein paar andere Dinge runtergebracht, und gerade eben noch die Vorratsschublade in der Küche ausgemistet.

Alles ging mir heute ein bisschen leichter von der Hand als erwartet. Die Strukturen, die ich in den letzten Jahren geschaffen habe, zahlen sich aus. Es hilft außerdem, nicht erschöpft von einer Arbeitswoche zu sein.

Nicht glücklich gewesen, aber auch nicht traurig.

24/30

In die Kreisstadt gefahren, um meinen Pass (und Perso) verlängern zu lassen. Das ist alle zehn Jahre notwendig; technisch gesehen sind die Dokumente nicht verlängerbar, sondern werden neu ausgestellt. Schöne Passfotos hatte ich ja bereits neulich machen lassen.

Das für mich zuständige Bürgerbüro befindet sich in der Fußgängerzone der Kreisstadt, zu dem das Dorf, in dem ich wohne, gehört. Von der Kreisstadt kenne ich hauptsächlich den Rewe, den Edeka, den Aldi und den Obi (Artikel vor dem Namen ist wichtig!). In der Fußgängerzone war ich, glaube ich, in sieben Jahren drei Mal: als ich mich angemeldet habe, als ich aus der Kirche ausgetreten bin, und heute. Was eigentlich schade ist, denn sie ist durchaus pittoresk. Wie mir geht es aber anscheinend auch vielen anderen, denn an so einem Freitagvormittag war ein starkes Bürgersteighochklappgefühl spürbar.

Bei meinem Bürgerbüroerlebnis dürfen alle Berliner und Berlinerinnen kurz weinen: ich zog eine Wartemarke, setzte mich in den Warteraum, öffnete Bluesky und wurde aufgerufen, noch bevor ich die erste Zeile lesen konnte. Zwei ältere Damen haben mich gut gelaunt, äh… sagt man „bedient“? Die eine wurde gerade von der anderen angelernt. Nach zehn Minuten war ich fertig, die neuen Dokumente können dann im neuen Jahr abgeholt werden (gültig sind die alten noch bis Sommer).

In einem anderen Leben wäre ich gerne Verwaltungsfachangestellte geworden, dachte ich auch neulich schon, als ich mir in einer anderen Kreisstadt den internationalen Führerschein ausstellen lies (Termin online gebucht, Wartezeit 1 Minute, Bearbeitungszeit 4 Minuten). Bin mir über den Aspekt mit den Menschen noch nicht so ganz sicher, aber das Abarbeiten von sehr klar definierten Arbeitsschritten, das klingt verführerisch.

Anschließend noch in den Edeka gefahren und genüsslich und ohne Zeitdruck eingekauft. Es war recht leer, wobei es das zu meiner normalen Einkaufszeit (nach 19:00 Uhr) in der Regel auch ist. Auswahl an Obst- und Gemüse deutlich größer.

Sowohl in der Fußgängerzone wie auch beim Edeka mehrere Menschen gesehen, die Maske trugen.

Nachmittags doch noch mal den Rechner hochgefeuert und eine Email beantwortet (nach längerem Nachdenken über das angemessene Level an Diplomatie) sowie einen Videocall gemacht. Aber ich schreibe ja im November nicht über die Arbeit.

Den Rest des Tages angenehm verplempert, bisschen aufgeräumt, Musik gehört. Jetzt überraschend müde und geneigt, ins Bett zu gehen. Vielleicht mache ich das einfach?

23/30

Heute hatte ich alles um einen einzigen Termin herum geplant. Als ich klingele und die Tür aufgeht, sagt die Dame zu mir: „Ihr Termin war gestern“.

Weltverschwörung.

Ich konnte dann glücklicherweise ein paar Stunden später dazwischengeschoben werden und habe die Wartezeit in einem Einkaufszentrum überbrückt, leider nicht in einem so großen und interessanten wie hier beschrieben, sondern ein kleines, von Leerstand und Verwahrlosung geplagtes. Klarer als anderswo war zu erkennen, dass dieses Einkaufszentrum auch als (beheizter) Ort für Menschen dient, die aus den verschiedensten Gründen mal aus ihrer Wohnung herauskommen wollen: weil sie zu klein ist, zu schlecht beheizt, damit die kleinen Kinder mal rumrennen können, weil das W-Lan hier umsonst ist oder schlichtweg, weil es keine Wohnung gibt.

Solche Orte sind sehr wichtig.

Weiterhin sehr schlechte Laune gehabt, die auch durch den Kauf mehrerer Notizbücher nicht gehoben wurde. Nach dem Termin noch eine Crêpe gegessen, sie hat mittelmäßig geschmeckt – süß, aber ohne weitere Geschmacksnoten. Dabei mit einem jungen Mann ins Gespräch gekommen, der ebenfalls für Crêpes anstand und eine große Tortenschachtel dabei hatte. Sein Schwager hat heute Geburtstag, ist außerdem kürzlich Vater geworden, und ich durfte einen kurzen Blick in die Schachtel werfen. Es war eine sehr hübsche Torte drin, mit Schriftzug.

Auf dem Weg zum Parkplatz einen jungen Mann gesehen, der sich halb hinter einer Säule versteckt hatte, er rief einer jungen Frau etwas zu, die in seine Richtung ging. Seine Freundin. Hinter seinem Rücken hatte er, halb verdeckt, einen recht großen Blumenstrauß in der Hand. Als sie ihn erreichte, hat sie ihn umarmt, sich sehr gefreut, nur Augen für ihn, und er war, so meine ich, ein bisschen stolz und sehr verliebt.

In mir ist eine kleine Boje, die immer wieder nach oben will, an die Oberfläche, und mein Gesicht ist dafür gemacht, dass ein kleines Lächeln auf ihm liegt, die Mundwinkel nach oben.

Bin mir noch nicht sicher wann, aber in absehbarer Zeit werde ich wieder fertig damit sein, so schlechte Laune zu haben.

22/30

Stimmung volatil und leicht verkatert vom Streit gestern.

Noch zwei Tage frei. Ich hatte geplant, frei von Zeitdruck lauter Dinge zu tun, die mir Freude machen. Für morgen hatte ich mir den Ghibli Pop-up Store vorgenommen, eine kurze TikTok Recherche hat aber ergeben, dass er aktuell wohl geschlossen ist wegen ausverkauft. Auch die Cheesecake Factory, deren Neueröffnung in einem Einkaufszentrum ich mir notiert hatte, existiert anscheinend nur in meiner Fantasie. Nicht einmal ein Besuch in der Autowaschanlage, meinem spirituellen Kraftzentrum, macht Sinn, da ich einen Gutschein habe, den ich aber erst nächste Woche einsetzen kann.

Immerhin hat wohl der Weihnachtsmarkt seit gestern geöffnet, so dass ich einen Crêpe essen kann, wenngleich ohne die zauberhafte Sarah.

Es fühlt sich an, als wäre alles gegen mich gerade, also sicherlich nicht alles, aber die kleinen Alltäglichkeiten, und ein paar wichtige Dinge auch, die sich dagegen verschworen haben, dass ich jetzt gerade eine gute Zeit habe.

Ich hatte fest vor, eine gute Zeit zu haben, stattdessen bin ich schlecht gelaunt und selbstmitleidig, während die Zeit verstreicht, die ich nicht wiederbekommen werde. Und ich weiß, das wird wieder besser, alles, aber trotzdem! ruft der wütender Zwerg in mir und schüttelt seine Faust.

21/30

Gestritten. Schwieriger Tag.

Ich sollte mir mehr aufschreiben, nicht nur verklausuliert hier, sondern Fakten und Erkenntnisse als Bullet Points.

Muster erkennen. Muster durchbrechen. Ein alter Wunsch, vielleicht vergeblich.