Schwabenbotschaft

Ich war da übrigens mal drin, mit dem Rotary Club. Meine Funktion hierbei war ähnlich wie die von Bov, und auch ich habe viel über das System gelernt. Vor allem eines ist mir in Erinnerung geblieben: das große Unglück dieser Gruppe, die kaum versteckten Depressionen und Abhängigkeiten. Ich war noch eine von den glücklichereren, zusammen mit dem Pilot des Privatflugzeuges, der der Gnade halber ebenfalls teilnehmen durfte.

Geschenke

Gegen zehn Uhr abends gehe ich aus dem Haus. Aus dem Hauseingang nebenan kommt zuerst ein kleiner schwarzer, struppiger Hund, und dann ein großer struppiger Mann. Ich gucke interessiert und laufe gleichzeitig zügig. Ich habe noch viel vor.
„Paß auf dich auf!“, sagt der Mann plötzlich, und dann „du bist mir doch nicht böse?“. Während er das sagt, sind wir einander einige Meter entgegen gekommen, ich in die eine Richtung, er in die andere, immer in Bewegung. Ich bin an seiner Höhe, möchte an ihm vorbei, noch mit einem Auge auf den Hund (ein netter? oder nicht?), da hält mich der Mann am Ärmel fest. Nicht übermäßig unangenehm, aber ich rieche Alkohol in seinem Atem. Eben eine dieser Situationen, wenn jemand alkoholisiertes und verwirrtes mit einem in Interaktion tritt, wie man es sonst von Fremden auf der Straße nicht erwarten würde. Ich habe keine Angst vor ihm, bin aber wachsam. „Paß auf dich auf!“, sagt er nochmals, und ich bin schon fast über die Straße und in meinem Auto, da meine ich ihn sagen zu hören „paß auf dein Herz auf!“
Immer, rufe ich ihm über die Schulter zu. Kein schlechter Rat, denke ich mir im Stillen.

Im Auto verstehe ich endlich, worum es eigentlich ging. Als ich aus der Haustür trat, bin ich gestolpert, mit dem Knöchel umgeknickt. Das passiert mir öfters, es liegt an den Schuhen, sie sind schon ein wenig ausgeleiert (lassen sich dafür aber bequem an- und ausziehen.) Die Gehwegplatten vor meinem Haus sind ein wenig unregelmäßig. Ich weiß, daß ich dort, in diesen Schuhen, schon mindestens dreimal gestolpert bin: heute, einmal in Begleitung des Süßen und einmal in Begleitung von Ruth. Mir selbst fällt es schon gar nicht mehr auf, wenn ich stolpere, ich erinnere mich nur an obige Vorfälle, weil jemand dabei gewesen ist. Jemand, der versucht hat, mich aufzufangen.
Und mir wird plötzlich leicht ums Herz. Weil heute ein Fremder, einer, der selber Probleme hat, versucht hat, mich aufzufangen. Ein unverhofftes Geschenk, das mich lächeln macht.

lächeln, immer lächeln.

Anschiß vom Chef, nachdem ein Kollege, über den wiederum ich mich ärgere, sich bei ihm über mich beschwert hat.
Unabhängig davon schreibe ich seit zwei Tagen an einer Bewerbung.
Aber soll ich wirklich alles einfach hinschmeißen? Mitten im Projekt?

Meine Augen sind den ganzen Tag schon so feucht.

(Solche Dinge wollte ich eigentlich nie, nie in mein Weblog schreiben. Dies hier soll auch die einzige Ausnahme von der Regel bleiben.)

ein Stück gelebte Desillusionierung

Artikel in der Zeit über das Alleinsein.
Guter und ehrlicher Text, in dem ich mich durchaus wiedergefunden habe, obwohl es mir mittlerweile gelingt, immerhin einmal pro Jahr im Rahmen von mehr oder weniger bedeutungslosen Affairen Sex zu haben.
Als ich nachts um drei allein durchs Frankfurter Bahnhofsviertel lief, habe ich mal wieder nach der Lösung des Problems gesucht. Zwei Türen gibt es: einen Partner finden oder den Schmerz der Partnerlosigkeit überwinden. An beiden habe ich oft und vergeblich gerüttelt. Die erste Tür ist wohl eine, die nur von der anderen Seite geöffnet werden kann. Die zweite Tür läßt sich nicht mit dem Verstand öffnen, weil ich meine Gefühle nicht wegargumentieren kann. Und glauben Sie mir, ich habe es versucht.
Vielleicht, dachte ich auf meinem Weg durch die Nacht, bleibe ich am besten, wo ich bin. Umarme den Schmerz, genieße ihn, der mich lebendig macht. Vielleicht war es das, was der Alt68er-Religionslehrer sagen wollte, als er von Camus und Sisyphos sprach.
Gefallen tut es mir nicht.