Heute im Büro gewesen. Frau Novemberregen bewirbt ja das physische Arbeiten in den Büroräumen des Arbeitgebers und hasst – für sich persönlich – das Arbeiten im Home Office. Sie ist vor einigen Tagen dauerhaft wieder ins Büro zurückgekehrt und seitdem eine deutlich entspanntere Version ihrer Selbst. Wir haben heute ein wenig gerätselt, woran es liegt. Das Offensichtliche, nämlich die auch in den breiten Medien häufig thematisierte einfachere Trennung zwischen privatem und beruflichen – ist es auch, aber es gibt noch etwas darüber hinaus. So ganz fassen konnten wir es noch nicht.
In meinem Lieblingsbuch, The city and the city von China Mieville, existieren zwei kulturell und sprachlich total unterschiedliche Städte räumlich nebeneinander, gar ineinander. Diese Straße in der einen Stadt, die nächste in der anderen, ein Park, der von beiden genutzt wird. Die Bewohner haben gelernt, sich gegenseitig zu ignorieren, the unseeing, die flüchtigen Bilder der anderen Stadt ungesehen zu machen. Wollen sie sich gegenseitig besuchen, müssen sie ganz offiziell ein Visum beantragen, in die andere Stadt reisen, die Grenze überqueren. Sie betreten einen Bahnhof auf der einen Seite, durchlaufen eine Art von Passage, und kommen auf derselben Seite wieder hinaus, sind aber auf einmal in der anderen Stadt. Sie können sehen, was vorher ungesehen war.
Vielleicht brauchen wir auch solche Rituale: duschen, Haare stylen, Bürokleidung, Berufsweg, ruckelnde S-Bahn oder der morgendliche Stau, im Pulk mit Einwegkaffeebechern in der Hand von Aufzügen verschluckt und an Schreibtische befördert zu werden, wo wir dann in dieselben Monitore und Progamme schauen wie zuhause, in dieselben Tastaturen hacken wir im Home Office, und doch ist es anders, und wir sind andere.
Ich selbst glaube von mir, fast überall arbeiten zu können. Doktorarbeiten, die auf den Deckeln von Zentrifugen in Laptops von Lidl getippt werden, Calls, die mit Headset am Straßenrand geführt werden, jemanden beim Businesslunch zwischen Hauptgang und Espresso um zwanzigtausend runterhandeln. Am besten arbeite ich tatsächlich mit zwei Bildschirmen, oder nur, indem ich zuhöre. Aber was weiß man schon von sich selbst, außer, dass es einen blinden Fleck gibt, wahrscheinlich.
Ich brauche jemand, der mir zuarbeitet und der mich entlastet. Ich habe Sorge, dass es mir nicht gelingen wird, eine geeignete Person zu finden. Frau N. meint, ich suche nach jemanden, der so ist wie ich – und dann natürlich Karriere machen und schnell weg sein wird. Vielleicht lieber jemand, der motiviert und auf Zack ist, ausbilden? Und immer die Frage, was ich selbst und das doch sehr unique Unternehmen, für das ich arbeite, zu bieten hat.
Jedenfalls – Büro. Ich gehe gerne hin, bin gerne die, die ich im Büro bin. Gibt auch immer recht viel positives Feedback. Mache ich vielleicht demnächst öfter. Ob die Haltung von Frau N. subtil auf mich abgefärbt hat?
Es gibt jetzt gerade noch einen weiteren sehr guten Grund, wieder öfter ins Büro zu gehen:
Es ist klimatisiert.