Frau Fragmente riecht.

Es ist keine feine Gegend, in der ich wohne. Nun ja, ich verdiene ja auch wenig Geld für viel Arbeit… dafür bin ich aber auch meistens nicht daheim.
Der Mann – Armeerucksack, Tarnhose, langhaarig und mit Bart – ist mir schon zwei- oder dreimal begegnet. Jedes Mal die gleiche Situation: ich schließe ihm die Haustür auf, nachdem wir uns freundlich gegrüßt haben. (Kurz nachdem wir durch die Tür sind, summt der Türöffner).
Heute Abwandlung des Protokolls.

Frau Fragmente: „Hallo!“
Mann: „Guten Tag!“
Frau Fragmente schließt die Tür auf, Mann steht direkt neben mir.
Mann: „Sie riechen aber gut! Wie heißt denn das Parfüm?“
Frau Fragmente ist schon halb die Treppe hoch.
Frau Fragmente (verblüfft): „Danke! Aber wenn mans so sehr riecht, dann ist es vielleicht schon zu viel…“

Mann beteuert, wie toll ich rieche und folgt mir ein Stück. Ich winde mich irgendwie aus der Situation raus. Und bleibe lange nachdenklich. Weil ich jammere, daß sich niemand interessiert, aber wenn sich jemand interssiert, dann finde ichs merkwürdig.
Vielleicht muß ich zielgruppenoptimierter werden.

in unruhigen Nächten

ich suchte ihn, den meine Seele liebt
ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht.

Wo du wohl zu finden wärest, Liebster,
in meiner Zukunft oder in der Vergangenheit?
Ob du in einer fernen Jahreszahl verborgen liegst
und es nur Geduld erfordert, einen langen Atem
oder ob wir längst einander verpaßt haben
der eine den anderen abgelehnt hat aus nichtigem Grund
das frage ich mich des nachts auf meinem Lager.

Fragen an Fragmente

referrer

„Wann mit ihm schlafen?“ ist eine schwierige Frage. Viele Ratgeber für Frauen/ Frauenzeitschriften postulieren ja: halten Sie ihn hin, dann steigt seine Begierde und die Bindung festigt sich. Ich glaube daran nicht. Vor allem: Männer sind selten die manipulierbaren Maschinchen, für die sie oft gehalten werden, und Frauenzeitschriften haben auch nicht den Schaltplan. Männer sind – so wie Frauen auch – sehr unterschiedlich.
Also: schlafen Sie mit ihm, wann und wenn Sie dazu Lust haben. Nur Mut. Sie sind die entscheidungsfällende Instanz Ihres Lebens.

Die „alte Schlampe“ heißt Berlin.

Bei mir gibt es in der Tat viele Geschichten „ohne Büstenhalter“. Meistens trage ich allerdings einen.

„Grablichter“ gibts bei mark793.

„Muss man Weihnachten in Gesellschaft verbringen?“. Nein, müssen Sie nicht. Ich habe auch schon mal Weihnachten nur mit mir selbst verbracht (allerdings bin ich in der glücklichen Lage, mich selbst sehr gut unterhalten zu können *hust*). Vor allem: wenn Sie mal Weihnachten nicht zuhause sind, dann sind Sie beim nächsten Mal ein umso mehr geschätzter Gast. (Bei meiner Familie funktioniert das zwar nicht, aber in der Theorie hört sich das echt gut an.)
Andererseits: wer erwachsen ist, erkennt, daß die Zeit mit den Eltern begrenzt ist. Weihnachten wird man also noch oft genug allein sein.

„Rettungsdienstgeschichten“ gibts bei brainfarts.

Und zum Schluß: „was wünscht sich eine Frau zu Weihnachten?“
Nun ja, wie schon gesagt, das kann sehr unterschiedlich sein. Ich zum Beispiel fände Sex nicht schlecht, mit jemanden der mich mag und den ich auch mag. Andere Frauen freuen sich über Pralinen, ein Wellnesswochenende, Geschenkgutscheine, Make-up, ein gutes Buch, ein Zeitschriftenabo oder darüber, daß Sie mal den Abwasch machen. Schmuck kommt übrigens immer gut.

Noch Fragen? Noch Antworten? Ab in die Kommentare damit.

Mein Leben in Stichworten

Wecker 1 klingelt. Weiterdösen. Wecker 2 klingelt. Aufstehen. Pullover anziehen. Pantoffeln anziehen. Kaffee machen. Frühstücken: manchmal Brot mit Ingwermarmelade, meistens keinen Hunger. Duschen & Haare waschen: jeden zweiten Tag. Eincremen. Anziehen. Haare bürsten. Wenn keine Lust, dann Dutt machen, sonst Pferdeschwanz. Parfüm. Augenbrauen nachziehen. Wenn gute Laune, dann Ohrringe. Mantel anziehen. Eventuell Müll mit runter nehmen. Meistens Auto. Töff Töff. Arbeitsplatz. Manchmal Straßenbahn. Laufen. Straßenbahn. Laufen. Arbeitsplatz. Guten Morgen! Mantel ausziehen. Rechner hochfahren. Emails checken. Fragmente checken. Lieblingsweblogs kurz anschauen. Experimente starten. Weblogs lesen. Arbeiten. Kantine. Tee machen. Arbeiten. Mit Kollegen über Arbeit reden. Mit Kollegen & Chef small talk machen. Arbeiten. Arbeiten. Experimente beenden. Aufschreiben. Auswerten. Nächsten Tag planen. Bis morgen! Mantel anziehen. Rechner runterfahren. Wenn Auto, dann Supermarkt. Wenn Straßenbahn, dann Innenstadt. Wenn keine Lust/ müde, direkt nach Hause. Abendessen: Schinkenbrot & Salat. Fernsehen. Vorabendserie. Fernsehzeitung. 20.15 Sendung aussuchen. Angucken. Danach rumswitchen, evt. Musik hören. Ins Bett gehen. Schlafen, bis der Wecker klingelt.

repeat

repeat

repeat

repeat

Wochenende. Ausschlafen. Aufstehen. Pullover anziehen. Pantoffeln anziehen. Kaffee machen. Frühstücken. Frühstücksei. Fernsehzeitung. To do Liste. Wäsche waschen. Putzen. Fernsehen. Aufräumen. Lesen. Essen kochen. Fernsehen. Putzen. Aufräumen. Wäsche aufhängen. Rechnungen bezahlen. Fernsehen. Nachdenken. Was aufschreiben. Nach draußen gucken. Musik hören. Fernsehen. Ins Bett gehen.

repeat 1x

Wecker 1 klingelt.

bett1

(ohne Titel)

Es geht mir wirklich gut.
Ich träumte, ich wohne in einem alten Gewächshaus. Ich liege im Bett und blicke durch die gläserne Decke in den Sternenhimmel. Die Sterne funkeln und strahlen wie in einer kitschigen Computeranimation. Es war wunderschön. Es war sehr friedlich.

(ohne Titel)

Es ist sehr ruhig. Es geht mir gut.
Es gibt nichts zu erzählen, deshalb.
Es ist wie under ice. Alles erreicht mich gedämpft, abgeschwächt.
Ich bin im Winterschlaf. Lasse mich oberflächlich erfreuen von Adventszeit, Weihnachtsliedern, Tannengrün. Finde Zerstreuung im shopping.
Der kleine Bürokrieg läßt mich kalt.
Wir zünden eine Kerze an und verdrängen, reden schön.
Wo war eigentlich mein Großvater zwischen 1933 und 1945?
Das polnische Kindermädchen bekommt Zwangsarbeiterentschädigung.

Instant Nirwana

Wir leben in einer Gesellschaft, die ausschließlich auf die Verwertung von Arbeitskraft aus ist, in der es aber keine herkömmliche Klassengesellschaft mehr gibt mit klar definierten Rollen von Herrschenden und Beherrschenden. Es ist eine Gesellschaft, in der alle Dienstboten sind. Sie zielt darauf, menschliche assets solange auszubeuten, wie es geht – das ist eine Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft am negativsten Pol, den man sich vorstellen kann! Natürlich haben es die Vorstandsvorsitzenden besser als die einfachen Arbeiter, weil sie besser alimentiert werden, aber der Dienstbotencharakter trifft alle. Daraus resultiert Angst und eine durchaus nachvollziehbare Kränkung des Selbstwerts, die ständig die Frage provoziert: ‚Bin ich gut genug?‘ und: ‚Werden sie mich behalten?‘

Marcus Hammerschmitt im Interview

Weihnachten 2005

Ein Drama in mehreren Akten.

1. Akt: September. Frau Fragmente glaubt, sie sei ganz besonders schlau. Die Eltern sind zu Besuch, das Weihnachtsthema wird angeschnitten und Frau F. verkündet, dieses Jahr Weihnachten nicht nach Hause zu kommen (dafür aber über Silverster).

2. Akt: September bis Oktober Frau Fragmente hat ein schlechtes Gewissen.

3. Akt: Ende Oktober Frau Fragmente trifft sich mit ihrer Schwester. Die Schwester regt an, ob die Eltern & Frau F. nicht zu Weihnachten in die schwesterliche Nähe kommen wollen, denn die Schwester könne nicht weg und so könnten wir „Weihnachten zusammen sein“. (Die Schwester lebt im Osten, die Eltern leben im Süden, Frau F. lebt im Westen.) Frau F. ist entzückt und wirft sofort das Internet an, um nette Hotels/ Kurorte / Unesco Weltkulturerbe in schwesterlicher Nähe zu finden, wo die Familie Weihnachten verbringen könnte.

4. Akt: Mitte November. Frau F. besucht die Eltern, Schwester samt schwesterlichen Ehegatten sind auch da. Alle fünf plus schwesterlicher Hund sitzen im schwäbischen in einer ökologischer Landbau/ Demeter/ Vollwert/ Lesben-Gaststätte. (Es schmeckt vorzüglich). Das Thema „Weihnachten 2005“ kommt auf den Tisch. Frau F. legt treuherzig einen Stapel ausgedruckter Weihnachtsarrangements auf den Tisch. Die Fürs und Widers werden diskutert. Meine Mutter ist schwer gereizt ob des Weihnachtsthemas. Als ich erwähne, daß sie (wie die meisten aus unserem Genpool) zu Weihnachten immer etwas schwermütig wird, streitet sie das heftig ab. Die ganze Sache läuft total schief, und ich verstehe mal wieder nicht, was los ist. Meine Schwester hat sich über meine Eltern in einer anderen Sache geärgert und macht sich darüber in unangemessener Weise (nämlich: Sarkasmus) Luft. Ich bin erst zweieinhalb Stunden wieder zuhause und möchte am liebsten sofort wieder gehen. Und wenn ich eines hasse, dann Konflikte, die beim Essen ausgetragen werden. Ich starre auf meine Spätzle. Ich bin wieder zwölf Jahre alt.

Abends bezieht mir meine Mutter mein Bett, ich nehme sie zur Seite und spreche nochmals „Weihnachten 2005“ an. Die Mutter ist sauer, und unter ihrem Ärger verletzt, vielleicht wünscht sie sich manchmal eine andere Familie, andere Töchter. Ich wollte nie andere Eltern, auch nicht, als sie wieder mit dieser großen, alten Ungerechtigkeit kommt, die es gibt, seit es mich gibt: die Sippenhaft der Töchter, dieses Vermischen von Ärger auf meine Schwester und mich. Meine Mutter will Töchter, die freudig und freiwillig an Weihnachten nach Hause kommen. Sie will keine Tochter, die nach Hause kommt, um es ihr recht zu machen. Wir wissen aber beide, daß es irgendwie blöd wäre, wenn wir Weihnachten nicht gemeinsam verbringen würden. „Familie“, sage ich, „Familie funktioniert nicht einfach so, da muß man auch mal was tun dafür“. Damit sage ich nicht, was sie hören möchte. Ich will doch nur, daß es ihr gut geht, daß sie sich wohl fühlt, daß sie zufrieden ist mit mir als Tochter, denke ich trotzig.
Die Mutter läßt noch ein paar Spitzen los über Weihnachten 2004, das wir in einem edlen Hotel verbrachten. Leider mußte ich beim Weihnachtsbüffett beinahe heulen wegen der Schwierigkeiten, die meine Eltern und ich zu dieser Zeit miteinander hatten. „Und was das gekostet hat!“, sagt sie, und meint, ich hätte es nicht zu schätzen gewußt.

5. Akt: wenig später Meine Schwester, ach, meine Schwester. Das große logistische Problem besteht darin, daß der schwesterliche Ehemann, seines Zeichens Workaholic, über Weihnachten kaum bis gar nicht frei bekommt, plus Kinder aus erster Ehe, plus seiner Eltern. Meine Schwester will Weihnachten mit unseren Eltern UND mit ihren Ehegatten feiern. Dies geht rein technisch in einer Welt ohne Beamen nur, wenn Opfer gebracht werden, aber meine Schwester will nicht diejenige sein, die Opfer bringt. Ich, ganz Opferlamm, bin zu allem bereit, aber meine Eltern haben die Schauze voll.

Meine Mutter schlägt „Weihnachten 2005“ im Süden ohne die Schwester vor. Ich buche lieber noch keine Bahntickets. Es könnte noch der eine oder andere Akt folgen.
(Robert Smith wünscht sich immer love, peace and happiness zu Weihnachten.)