Gestern eine Wolke gesehen
wie ein Schwertfisch.
Glück
es ist schon da,
in kurzen Momenten.
Lovesong im Autoradio
war schon gut, daß ich da war.
Zeit zu haben, in die Wolken zu schauen.
Gestern eine Wolke gesehen
wie ein Schwertfisch.
Glück
es ist schon da,
in kurzen Momenten.
Lovesong im Autoradio
war schon gut, daß ich da war.
Zeit zu haben, in die Wolken zu schauen.
Im Interview mit der Süddeutschen äußert sich Robert Smith negativ über seinen Auftritt beim Hurricane-Festival. Mir hat es ja gefallen, aber ich habe viele unzufriedene Äußerungen von den Festivalbesuchern um mich herum gehört. Closedown oder The Figurehead sind Stücke, auf die man sich einlassen muß, die man nicht besoffen mitgrölen kann.
Robert Smith: Daran lag es nicht. Ich dachte, wir sind in Hamburg, da können wir es mit einem etwas experimentelleren Set versuchen. Ich hatte damit gerechnet, ein eingespieltes Cure-Publikum vor mir zu haben und nicht darüber nachgedacht, dass es das Hurricane-Festival war und die Hives vor uns spielten.
Dazu kam, dass es bitterkalt war. Und dann noch dieser riesige Abstand zwischen uns und den Zuschauern, vollkommen lächerlich, ich konnte die Leute nicht sehen. Naja, wir haben acht oder neun Songs von der neuen Platte gespielt, und es hat gar nicht funktioniert.
SZ: Ist das immer noch schlimm für Sie, nach all den Jahren im Geschäft?
Robert Smith: Es ist schrecklich. Stellen Sie sich vor, Sie stehen da auf der Bühne und es kommt gar nichts zurück vom Publikum.
Das Interview ist überhaupt sehr gelungen, was mich in sofern überrascht, da die Süddeutsche das herausragende München-Konzert im Jahr 2000 ungerechtfertigt und auf plumpe Weise verrissen hatte. Und ja, Robert Smith ist ein netter Mann.
Robert Smith: Meine Frau mag es, wenn ich mich schminke. Sie mag überhaupt, wie ich aussehe. Das ist ein großes Glück. Ich muss mich ja nicht angucken.
Ich hatte The Cure zuvor schon auf 3 Festivals gesehen: Werchter 2000, Zillo und Woodstage 2002. Trotzdem hatte ich mir eine vollkommen falsche Vorstellung von Hurricane gemacht. Ich hatte vergessen, wie unglaublich groß solche Festivals sind. Werchter hatte ungefähr die Größe von Hurricane (40 – 50 000 Leute); aber meine damalige Werchter-Erfahrung mit Ruth war eine ganz besondere und persönliche. Vielleicht erzähle ich das mal, falls mein Leben noch langweiliger werden sollte und ich auf die alten Anekdoten zurückgreifen muß.
Zillo und Woodstage waren beide kleiner, mit 10 bis 15 000 Menschen. Bei Zillo war das Publikum sehr angenehm, Woodstage war etwas stressiger, dafür war der ganze tribe meiner cure-begeisterten Freunde da.
So ähnlich wie Woodstage hatte ich mir Hurricane vorgestellt: im Kreise der Freunde unterm Pavillon sitzen, vom Zeltplatz zum Festivalgelände schlappen und sich The Cure angucken. Den Sommer genießen, alles locker und relaxed angehen.
Doch der Großteil meiner Freunde sagte ab, teilweise recht unerwartet. Geldmangel, ich kann das verstehen, es ist nicht unberechtigt.
Des weiteren war der Wechsel vom intimen Köln-Konzert zu der Massenveranstaltung Hurricane doch sehr abrupt. Körperliche Anstrengung, zu wenig Schlaf und zu viel Zeit hinter dem Steuer – ich mache das nicht mehr so gut mit, man wird älter.
In den Tiefen meiner Seele verabscheue ich den Sommer. Direkte Sonneneinstrahlung ist nicht mein Ding. Deshalb war ich not amused, als ich mir einen Sonnenbrand holte. Da läuft man einmal vom Parkplatz zum Zeltplatz, baut das Zelt auf, geht zurück zum Auto, holt das Gepäck , vergißt die Sonnencreme im Auto, trottet zurück zum Parkplatz, schon hat man die Farbe eines Hummers.
Nungut. Es is‘, wie es is‘, wir schlappen also zum Festivalgelände, meine Reisebegleitung isst einen Döner, ich bin aber aus Berlin und hab‘ in meinem Leben schon so viele Döner gegessen, also habe ich mich für ein Thai Curry entschieden. Das war blöd. Das war ehrlich blöd, mir wurde nämlich schlecht. Vielleicht wars auch ein Sonnenstich, die Anstrengung der letzten Tage oder allgemeiner Weltekel, jedenfalls wurde mir schlecht. Ich hab mich ins Zelt gelegt, bin tatsächlich eingepennt und zu PJ Harvey wieder aufgestanden. Leider mußte ich nach etwa der Hälfte ihres Sets wieder gehen. Ich wollte mir eine ruhige Stelle zum Kotzen suchen. Leichter gesagt denn getan, die Zelte standen dicht an dicht, das Dixieklo war selbst mir zu eklig, überall Bauzaun. Also schlappte ich ca. zwei Kilometer den Bauzaun Richtung Wald entlang. Der Herr meinte es gut mit mir, ich schlüpfte durch eine Lücke und zog mich hinter eine Buche zurück. Asl ungünstig erwies sich die erhebliche Polizeipräsenz auf dem Festival, ständig fuhr ein Polizeiauto an dem Wäldchen vorbei und ich bin ja so ein Häschen, wenn es um Polizei geht. Ich weiß nicht, ob ich auf Nachfragen der Menschen in Uniform meinen Aufenthaltsort und meine Intention so gut hätte erklären können. Jedenfalls klappt Kotzen auf Kommando, auch wenn einem noch so schlecht ist, nicht besonders gut, mit Blick auf Polizeiautos kann man sich noch schlechter entspannen.
Zurück zum Zelt, Erschöpfungsschlaf bis zum Auftritt von The Cure. Sie haben gut und solide gespielt, der Sound war leider zu leise. Im Vergleich zum Set des Vortags waren nicht allzu viele Überraschungen dabei, aber Lovesong hat mir gut gefallen.
Während des Konzertes dachte ich, hey, mir ist fast gar nicht mehr schlecht. Nach dem Könzert, auf dem Weg zum Ausgang des Festivalgeländes, wurde mir so schlecht, daß ich vor 40 000 Menschen auf den Boden gekotzt habe. Mehrmals. Irgendwann nahm ich ein Blitzlicht wahr und eine Stimme, die sagte, „So! Jetzt haben wir das auch fotografiert!“. Es war keiner meiner Freunde. Ich werde dann wohl eher nicht Bundestagspräsidentin.
Ich habe noch gar nicht vom jugendlichen Viva-geprägten Publikum erzählt, von dauerbetrunkenen Abiturienten und jungen Mädchen zwischen Avril Lavenge und Kelly Osbourne. Es ist nicht mehr meine Generation, ich habe mich wie ein Fremdkörper gefühlt, wie ein Alien. Selbst in meiner Jugend war ich kein partygirl, doch ich habe mich pflichtbewußt amüsiert, man muß sowas ja mal erlebt haben, das gehört zu einer Jugend dazu. Heute bin ich durch damit, es gibt nichts mehr zu beweisen oder abzuleisten. Ein paar Männer haben mich angesprochen, wollten mit mir ins Gespräch kommen, aber ich wußte nichts zu sagen, war steinern. Ich hätte mich festhalten können an einem Fremden, im Dunkeln, ihm durch die Lücke im Bauzaun in den Wald folgen, aber ich bin zu desillusioniert. Es ist nicht meine Welt.
Dieses Bedürfnis, möglichst viele Cure-Konzerte zu erleben, das ist eigentlich auch ein Relikt aus meiner Jugend. Ich sollte es ablegen, mich auf Qualität statt Quantität konzentrieren, meine verringerte Ausdauer, mein vergrößertes Ruhebedürfnis berücksichtigen. Hätte ich mir nur Köln angeschaut, anschließend noch einen Tag mit Ruth verbracht und wäre gesund wieder nach Berlin und zu meiner Arbeit
„Triffst du dich mit jemanden?“, frage ich.
Sie nickt.
„Ist er gut zu dir?“
„Jaaa!“ sagt sie, sonst würde sie sich ja nicht mit ihm treffen, erklärt sie mir.
Wir schweigen einen Moment, sie spielt an ihrem Handy herum.
Ich frage: „Und? Bist du verliebt?“.
Nein, sagt sie, und erläutert mir, daß ihre beste Freundin über die Sommerferien ihr Heimatland besucht, irgendein Teil dessen, was während meiner Jugend Jugoslawien gewesen ist. Sie brauche eben jemanden, mit dem sie sich treffen kann, solange die Freundin im Urlaub ist.
Sie ist 16 und sehr hübsch, wie die Mädchen aus Bravo oder, hm, Mädchen; sie könnte eine Tänzerin in einem Hip Hop Video sein.
Ich möchte ihr gerne sagen, paß auf dich auf. Ich sage nichts. Ich möchte ihr nicht die Freude rauben, die Unbeschwertheit. So viele Gefahren, so viel, das sie kaputt machen könnte. Aber nützt es ihr, davon zu wissen?
Ich habe Angst um sie.
Ich werde ihr sagen, daß ich sie mag. Mehr steht mir nicht zu.
Als sie auf die Bühne kamen, dachte ich, die sind eigentlich auch nur eine Garagenband. Damit meine ich nicht garage als Stilrichtung, sondern eben wirklich eine Band, die in einer Garage übt und gelegentlich Auftritte in einem Jugendzentrum in der Provinz hat.
Nein, jetzt bin ich zu hart. Es war nur mein erster, harter Gedanke, denn der Sound von The Cure reihte sich nahtlos an den der Vorgruppe an.
Ich hörte mir das an, eher emotionslos. Dann, nach den ersten vier, fünf Songs, passierte etwas überraschendes: ich fing an, mich zu entspannen. Mitzusingen. Mich im Takt zu bewegen. Und da war eine Leichtigkeit, wie man sie bei einer so düsteren Band sicher nicht erwarten würde. Vielleicht kommt diese Leichtigkeit daher, weil The Cure nicht mehr gefallen müssen. Sie müssen keine Platten mehr verkaufen, sich keinen Ruf mehr aufbauen. Robert Smith steht einfach da, er sieht aus, wie er eben aussieht, er singt von Gefühlen und Assoziationen. Es sind keine Geschichten, die in einen Kontext eingebettet sind, sondern es ist einfach das, was ihm wichtig ist.
Gegen Ende, bei „the promise“ singt Robert Smith: „time will heal all wounds, you promised me…“. Ein gebrochenes Versprechen. Er findet Worte für mich, für uns, für Dinge, die die meisten von uns auf die eine oder andere Art und Weise erlebt haben.
Im Nacken gibt es einen Muskel, der den Kopf hält; dieser Muskel ist ununterbrochen, auch im Schlaf, angespannt und an der Arbeit. Vor vielen Jahren hat jemand mit mir eine Übung gemacht, durch die dieser Muskel kurzzeitig entlastet wird. Es war ein unglaubliches, unbeschreibliches Gefühl der Entspannung.
The Cure bewirken ähnliches: ihre Leichtigkeit macht auch mich leicht, die Wahrheit in ihren Songs berührt mich an Stellen, die sonst unzugänglich gewesen wären. Da ist ein Moment der Schwerelosigkeit, der es möglich macht, die Bauklötzchen des Selbst gegeneinander zu verschieben, die Bewegung, die Dynamik der Songs helfen dabei. Sie rocken. Und ich verstehe, daß es gut und richtig war für mich, zu kommen, quer durch Deutschland zu fahren, in fremden Betten zu schlafen. Denn das Reisen, diese äußerliche Bewegung, bringt auch Bewegung in meinen Geist.
Wie sie das nur immer machen, denke ich. Die Erwartungen übertreffen. 15 oder 20 Mal habe ich sie jetzt live gesehen, man vergißt, wie gut sie sind, bis man sie wieder erlebt.
I`m going nowhere
don`t look so scared
[…]
I`m going nowhere
could be
could be
I`m already there
„Ein letztes Mal“, Kurzfilm auf 3Sat. Evelyn ist um die 50 und lebt allein. Als sie beim Arzt erfährt, daß sie todkrank ist, beschließt sie, noch ein letztes Mal Sex mit einem Mann zu haben. Sie könne sich gar nicht mehr so richtig an das letzte Mal erinnern, erzählt sie ihrer besten Freundin, es verschwimme alles in der Erinnerung. Man weiß ja auch nur rückblickend, das das letzte Mal das letzte Mal war. Das hat auch schon Leogrande in seinem Buch sehr schön beschrieben.
Ich habe mich wiedergefunden in dieser Szene, dieser Feststellung, und habe Evelyn mit großem Mitgefühl begleitet auf ihrer Suche nach einem Mann. Zuerst versucht sie es in einem Tanzlokal, „a knocking shop for the over 50`s“. Dort lernt sie auch tatsächlich einen Mann kennen, der ihr recht schnell anbietet, etwas zu arrangieren. Man sieht, wie sie es sich vorstellt, mit ihm auf dem Hotelzimmer, er sitzt im weißen Feinrippunterhemd auf dem Bett, seine Hose ordentlich gefaltet auf dem Stuhl.
Es kommt nicht dazu.
Als nächstes versucht sie es über das Internet. „Silver lady“, 0 messages. Google spuckt ihr auf die Suchanfrage „sex and love“ eine Selbsthilfegruppe für Sexsüchtige aus. Dort geht sie tatsächlich hin und lernt einen Mann kennen. Beim anschließenden Bier versichert sie ihm, Sexsucht sei schon okay…woraufhin sich der Mann mit einem Strichjungen aufs Klo zurückzieht.
Evelyn unterhält sich mit dem verbliebenen Stricher (der übrigens ziemlich süß ist). „Just out of curiosity, how much is it?“. 50 Pfund, sagt der Junge, aber auf die Frage, ob auch mit Frauen, schreckt er zurück wie von der Tarantel gestochen.
Die Geschichte hat ein Happy End, Evelyn ist gar nicht krank und der Brezelbäcker fragt sie um ein Date, aber das ist eben Fernsehen.
Auf die interessante Frage, ob ich einen Mann für Sex bezahlen würde, gehe ich das nächste Mal ein. Morgen fahre ich zu Ruth, am Freitag sehen wir The Cure in Köln und am Samstag auf dem Hurricane Festival. Montag habe ich frei, als alte Frau macht man sowas schließlich auch nicht mehr so locker mit. Nächstes Bloggen also erst wieder am Dienstag. Vielleicht wird Justyna für mich gastbloggen?
„Naja, jetzt hast du das auch mal erlebt“, meint Ruth zu dem Autounfall.
„Glaubst du, daß das Leben so eine Liste für einen bereithält, die man einfach abarbeiten muß?“, frage ich.
„Ja, genau! Aber du bist erst bei A wie Aquaplaning…“
Gestern nachmittag, auf dem Weg von einem Projekt an der Charité zu einem Vortrag in Dahlem, fuhr ein Auto auf der Stadtautobahn auf gleicher Höhe wie ich, ein paar Augenblicke länger als nötig. Ein gelbes Auto, kanariengelb, dachte ich, wie der Teufel.
Sicherlich besteht kein Zusammenhang, aber als ich abends bei strömenden Regen von Vortrag nach Hause fuhr und mein Vordermann bremste, fuhr ich auf ihn auf. Aquaplaning, und dieses schreckliche Gefühl, zu bremsen und nichts passiert, wie durch Butter gleitet man reibungslos. Diese lange, lange Sekunde, als ich bremste, aber mein Auto nicht, und ich wußte, ich bin viel zu schnell, gleich knallts. „Gleich knallts“ sagte ich zu den zwei befreundeten Wissenschaftlern, die ich mitgenommen hatte, und dann knallte es.
Keine Verletzten, eben kaputte Stoßstangen und Kühlergrills, mein Vordermann in ein weiteres Auto geschoben, strömender Regen, genervte Polizisten, die meinen, so sähe es jetzt in ganz Berlin aus, sie hätten heute schon x Unfälle aufgenommen.
Ich bin Schuld und konnte doch nichts tun.
Warterei, viel Papierkram, viel Regen. Auf der Heimfahrt sehe ich auf der Warschauer Brücke noch einen Unfall, ähnlich wie meiner, bedrückte Gesichter.
Ein Stückchen weiter, in der Revaler Straße, zwei Polizeiwagen, ein Krankenwagen und ein Leichenwagen.
Zuhause der Pflichtanruf bei den Eltern, die die Versicherung bezahlen. Mein Vater, sarkastisch, aber gelassen, „darin haben wir ja schon Erfahrung“, meine Mutter, „was kann ich tun, um dich zu trösten?“, und mein Auge tränt, während ich mit ihr philosophiere über Straßenverkehr und Schuld und die inneren Stimmen, die sagen, „hättest du mal“, „wieso mußtest du denn“, das ist doch wirklich kein Grund zu weinen.
Heute morgen, auf dem Weg zur Arbeit, Angst, wo sonst Sicherheit war, keine linke Spur mehr, schön langsam. Überlegt, daß die Seele vielleicht eine kleine transparente Kugel sein könnte, die unter dem Solarplexus sitzt und sehr empfindlich auf ruckartiges Abbremsen oder Aufschlagen reagiert.
The Cure gehört, das beruhigt ungemein. Versuchen Sie mal, the same deep water as you oder untitled zu hören und sich dabei aufzuregen, es ist fast unmöglich.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings, die Unaufmerksamkeit eines Autofahrers, der die Spur wechselt oder bremsen muß oder plötzlich abbiegt, und alle dahinter müssen bremsen, jeder ein wenig heftiger, am Schluß der Kette ich, die an einer Stelle bremst, an denen das Wasser in Spurrinnen steht, es raubt einem die Illusion von Kontrolle über das eigene Auto, die anderen Verkehrsteilnehmer, das Wetter, die Mitmenschen, die politische Situation, den Zeitgeist, die Arbeitsmarktpolitik, die Gefühle, das Leben.
Ich geh‘ vielleicht doch ’ne Runde heulen.
Hey, hey, just one more and I`ll walk away
how the everything you win turns to nothing today
Angeregt durch diesen Mann und natürlich durch Justyna möchte ich eine Zwischenbilanz ziehen. 100 Tage bloggen – was war gut, was war schlecht, lohnt es sich, weiter zu machen?
Zuerst das negative.
Dieses ständige Kreisen um sich selbst. Karim sagt, er habe das Tagebuchschreiben aufgegeben, weil es die Probleme künstlich aufbläht.
Die Zeit, der Aufwand, das beschissene Gefühl, in etwas zu investieren, das so unbeständig und temporär ist wie das Internet. Nicht sagen zu können, guck, da steht’s gebunden im Regal, Fragmente meines Lebens, handschriftlich in Sepia auf rauhem Papier.
Die Schmerzhaftigkeit mancher Geschichten. Es könnte durchaus Sinn machen, die Angst, das Scheitern und Versagen zu benennen, weil es die Dämonen versöhnlich stimmt und die Fragmente der Identität annähert. Aber zunächst tut es weh und hinterläßt für ein paar Tage das Gefühl, ein Stück Dreck zu sein.
Das positive.
Ich habe den sicherlich sehr subjektiven Eindruck, die letzten 100 Tage einen Hauch intensiver erlebt zu haben. Vielleicht bringt es doch etwas, das regelmäßige Innehalten, Festhalten dessen, was im Moment wichtig ist. Tatsächlich ist mir das eine oder andere klarer geworden. Es ist kein absolutes Verständnis. Es ist, als wäre man in einer fremden Metropole und würde gerade beginnen, sich zurechtzufinden. Viele Nebenstraßen und Stadtviertel bleiben rätselhaft, aber man kann sich schon auf eine oder zwei Hauptverkehrsachsen beziehen und erkennt einige Wahrzeichen. Ich habe manchmal dieses überraschende Gefühl, hey, hier war ich doch schon mal, der Moment des Erkennens, der Orientierung, der Groschen, der fällt – da geht es lang. Die Orte ändern sich, die Ziele ändern sich, das Glück des richtigen Weges ist kurz, aber immerhin.
Ich werde gelesen und manchmal auch verstanden. Das ist schön.
Es gibt drei oder vier Menschen, die hier lesen und mich im realen Leben mehr oder weniger gut kennen. Sie haben mir unabhängig voneinander gesagt, dieses Weblog würde unheimlich depressiv wirken. Ich mußte einsehen, daß die schwermütigen Texte deutlich überrepräsentiert sind. Über die glücklichen Momente schreibt sich eben so schwer. Es ist ein bisschen wie in einem Reparaturforum, in dem die Leute immer nur Hilferufe abgeben, weil etwas kaputt ist, nie schreiben sie darüber, ob und wie sie es repariert haben. Lassen Sie sich also nicht täuschen, liebe Leser.
Eine Kommentarfunktion wird es übrigens auch weiterhin nicht geben. Aber über die eine oder andere eMail würde ich mich freuen.