Podcast #2

Diesmal eher der gewohnte Deprikram. Bin noch nicht ganz zufrieden damit. Heute habe ich gelernt, wie man in audacity Samples einfügt.
Die Quellen gebe ich morgen an. Hier erstmal:

zerbrechlich (mp3, 1,777 KB)

Quellen: Wind von Engine11RDenny, Krach von batchku, die Musik mit der wunderbaren Wurlitzer ist von Ugly by now und nennt sich Wall Drill.
Alles unter einer Creative Commons Lizenz.
Text: ein stumpfer Fleck und weicher. Bei Frau Engl handelt es sich natürlich um sie.

auf der Durchreise

In Berlin das große Bedürfnis gehabt, die alten Wege abzuschreiten. Revaler Straße, Warschauer Straße, an meinem alten Haus vorbei. In der Bäckerei an der Ecke sofort von der Bäckereifachverkäuferin angezickt worden. Die Streetart – Künstler scheinen auch nicht mehr da zu sein, ihre Wand ist fast leer. Friedrichshain hat mich nicht vermisst.
In Berlin gibt es unheimlich viel Hundescheiße. Jedes nicht zugepflasterte, nicht zubetonierte Stück Gehsteig ist zugeschissen. Berlin hat einen Zauber, das ist unbestreitbar. Doch einen Schutzschild braucht man auch. Die Hölle, das sind die anderen.

Am S-Bahnhof Charlottenburg sah ich im Augenwinkel einen Mann, der mich anschaute. Als ob er mich kennen würde. Aber vielleicht schaute er, so wie ich auch, nur die Auslagen des vietnamesischen Blumenstandes an. Hatte er einen Pferdefuß?

Zum Schluß dann – am Bahnsteig am Zoo, zwei Minuten bevor mein ICE einfährt, Justyna hat sich schon von mir verabschiedet – lächelt mich ein Mann an. Er hat so eine positive Ausstrahlung, daß ich den Schutzschild fallen lasse, zurücklächle. Ob ich eine Obdachlosenzeitung kaufen wolle, fragt er. Ich schüttle den Kopf, gebe ihm aber ein wenig Geld. Und wundere mich noch lange über ihn. Ich hätte gerne ein Buch über sein Leben gelesen.
Er war der einzige freundliche Fremde, der mir in Berlin gegegnet ist.

Plakatwand, 16. April 2006
leer11

Plakatwand, Mai 2004
19mai04

Plakatwand, Juli 2004
19juli04

loslassen

Den wunderbaren Glam getroffen, mir sogleich sein Buch von ihm signieren lassen und ihn mit meiner Theorie des Loslassens zugetextet. Dabei wirr, aber emotional argumentiert: daß man die Wünsche loslasssen muß, die sich nicht erfüllen lassen.
Darauf der Glam zu mir: „du mußt nicht loslassen.“

Ich weiß nicht, woran es lag, aber etwas an diesem Satz hat mich sehr gerührt, wie ein Pflaster auf einer Wunde, wie Regen auf ausgedörrter Erde. Ich glaube übrigens nicht, daß er Recht hat, aber es lag so viel Zärtlichkeit in der Art, wie er es gesagt hat. So viel Trost in einem einzigen Satz.
Und ich hatte ganz kurz die Vision von jemand anderem, der diese Worte zu mir sagt, jemand, den ich noch nicht kenne, dem ich noch nicht begegnet bin, aber dessen Weg der meine kreuzen wird, irgendwann.

Dann aber denke ich, daß ich auch diese Hoffnung loslassen sollte.

(ohne Titel)

Geträumt, ich stehe mit den Bandmitgliedern von The Cure am Bahnsteig in Brighton. Ich arbeite für sie, nichts großes, stagehand. Meine Aufgabe ist es, sie in den Zug zu setzen – schwierig, denn sie sind betrunken. Robert Smith, die Augen ganz leer, dreht sich um, geht, läßt sich nicht aufhalten, geht an den Strand von Brighton, geht ins Meer.
In meinem nächsten Traumbild liegt er bleich und nass im Sand, ein älteres Pärchen beugt sich über ihn, und ich, hilflos und entsetzt daneben. Man muß einen Krankenwagen rufen!
Im Krankenhaus spuckt ein alter Nadeldrucker seine Biowerte auf Endlospapier aus. Blutalkohol 20 Prozent. Die ganze Notaufnahme ist voll von Cure-Fans, die mich fragen: ist er tot?
Ich gehe in das Behandlungszimmer und bürste ihm die Haare; er ist traurig und teilnahmslos. Da kommt mir eine Idee: wir könnten doch einfach behaupten, er sei gestorben? „Willst Du das?“, frage ich ihn. Zum ersten Mal: ein Funkeln in seinen Augen.
Plötzlich sind da Kettenglieder, und ich weiß, ich muß sie aufstemmen, aufhebeln. Dann schneide ich Robert Smith die Haare ab, damit ihn niemand erkennt. Zum Schluß sagt er etwas. Eigentlich ist es eine Frage: „nobody owns me any more?“.
Nein, sage ich, du bist frei, und fühle mich dabei glücklich, als ob ich das richtige getan hätte.

everyone I ever slept with.

Mal in die Google Bildersuche eingeben. Überraschende Ergebnisse.

Nr. 1: sieht netter aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. In mir steigt ein wohliges Gefühl auf, als ich sein Bild sehe. Es war viel Wärme zwischen uns. Das sollte ich in Erinnerung behalten, und nicht, was mich enttäuscht hat.
Trägt einen Ehering. Hat wahrscheinlich die Frau, mit der er vor und nach mir zusammen war, geheiratet („Conny“?).

Nr. 2: kein Bild gefunden. Ich schätze, er arbeitet noch immer im Steuerberatungsbüro seiner Eltern in einer kleinen süddeutschen Stadt.

Nr. 3: es tut mir leid. Mir fällt der Nachname nicht mehr ein. Da habe ich mal wieder sehr gründlich verdrängt. Ich habe ihn aber vor ein oder zwei Jahren in derselben Disco getroffen, in der wir uns 1999 oder 2000 kennengelernt hatten. Er sah genauso aus wie damals. Die Disco sah genauso aus wie damals. Nur ich war eine andere.

Nr. 4: Bild gefunden. Ein gewisses attraktives Funkeln in seinen Augen ist nicht abzustreiten. Schreibt auch wieder, bin allerdings nicht über den zweiten Absatz hinaus gekommen. Ich denke manchmal an seine Narbe, die ihn vom Brustbein bis zum Schambein zerteilte, und was so etwas aus einem Menschen macht.

Nr. 5: hat mir seinen Nachnamen nie verraten, Bildersuche ist sinnlos. Dennoch wäre es falsch zu glauben, wir hätten uns nicht nahe gestanden. Zumindest sehe ich das so.

Zugabe 1: Karl, mit dem ich unbedingt schlafen wollte, als ich zur Schule ging. War damals cool, trug nur schwarz, rauchte filterlose Roth Händle und spielte Bass. Ging dann zur FDP, woher auch die Bilder stammen. Affektierte Körperhaltung, Anzug, rasierte Koteletten, Ehering. Ist jetzt Pressesprecher.

Zugabe 2: ich habe ein Bild von Paul gefunden. Er sieht ehrlich gesagt ziemlich scheiße aus. Dünn, bleich, die Haare schwarz gefärbt und strähnig ins Gesicht hängend. Er trägt einen Pullover, der mir unheimlich bekannt vorkommt, dabei ist das Bild sicherlich jüngeren Datums als unser Zusammentreffen. Schägt eine akademische Laufbahn ein, was zu erwarten war.

(ohne Titel)

Die mittelgroße Wolke, sichtbar zwischen zwei Häusern, die an den Rändern gelb, orange, rötlich leuchtet, weil hinter ihr die Sonne strahlt.
Das sieht mein Auge, und ich merke, daß ich mich leicht fühle. Froh. Glücklich.
Es klingt kitschig, es klingt langweilig, wenn ich das so hinschreibe. Aber so ist es, und ich will doch hier die Wahrheit erzählen. Will nicht verschweigen, daß ich manchmal denke, daß ich ein wunderbares Leben habe.

(ohne Titel)

Was ich ja gerne können würde: dem Mißmut fremder Menschen mit Gleichgültigkeit begegnen.
Die Kassiererin, die findet, daß ich zu langsam einpacke. Zum Einpacken sind die Packtische da!
Der Mann in Auto hinter mir, der findet, daß ich zu langsam einparke. Er hupt ein paar Mal, fährt dann kopfschüttelnd an mir vorbei. Wie kann man aber auch so blöd sein.