Heute mußte ich E. entlassen. Es war nicht schön.
Archiv des Autors: fragmente
Explosionen in London
Londonleben informiert. [Via Mequito]
warum schreibst du so wenig, wenn du glücklich bist.
Allein schon deshalb, weil es sich so falsch anfühlt, zu schreiben: ich bin glücklich. Bin ich nicht. Ich habe Momente des Glücks, mehr als sonst, Freude ohne Grund.
Ich freue mich, weil es regnet. Ich freue mich, wenn ich die Muster beobachte, die der Regen auf den Asphalt wirft. Wie es riecht. Wie das Grün der Bäume aussieht. Wie die Stadt gewaschen wird. Wie die Leute langsamer werden. Nur ich und ein paar andere Hartgesottene, die den Weg zum Supermarkt schaffen. Keine Schlange an der Kasse & die Verkäuferin ist freundlich.
Ich freue mich an meiner Arbeit. (Mehr, als daß ich mich über sie ärgere).
Ich freue mich, wenn meine Arbeit getan ist. Wenn ich im Auto unterwegs bin, aus den Boxen singt jemand, und es gibt etwas leckeres zum Abendessen. Der Abend gehört ganz mir.
Ich freue mich einfach so. An meinem Leben. Es ist nichts spektakuläres, und es ist mir beinahe peinlich, es zuzugeben.
and then I smile
aus einer eMail:
Werden wir musikalisch nie zueinander finden?
wie hieß der denn…
…dieser Fotograf, gestern bei Kulturzeit, glaube ich. Der Portraitfotos von Stars und Obdachlosen macht, ganz nah rangeht, bis man jede Falte sieht. Deutscher, der in New York lebt und den Umlaut aus seinem Namen genommen hat. Schroeder oder so, wie bei den Peanuts. Trägt Rasta. Angelina Jolie hat kaum Falten, ungeschminkt ist der Mund noch schöner. Jack Nicholsen dagegen schon. Bill Clinton und eine drogensüchtige Obdachlose nebeneinander, sie haben die gleichen Augen. Britney Spears, ganz leer, so deutlich hat man das noch nie gesehen. Wie hieß er nur.
nix zu erzählen
Aus meinen Referrern geht hervor, daß sich heute jemand durch die Kommentare geklickt hat, die ich vor mehr als einem Jahr in verschiedenen anderen Weblogs abgegeben habe. Danke für das Interesse. Ich wünschte, ich könnte Ihnen was spannendes erzählen, aber es passiert nix.
Heute morgen bin ich um 6:30 aufgewacht, weil meine Nachbarin laut Musik gehört hat. Ich geh‘ arbeiten und hatte dieses Jahr 3 Urlaubstage; deshalb schlafe ich samstags gerne etwas länger. Gerne auch bis zwölf Uhr. Ich war also etwas verärgert und entschloss mich nach einer Viertelstunde, in der sich der Ärger immer weiter und immer weiter in mir aufgestaut hatte, zu jener Nachbarin zu gehen und mich ZU BESCHWEREN. Ich also im Schlafanzug nach unten (4 Stockwerke), über den Hof (es hat geregnet), und in den dritten Stock zu der Dame mit der lauten Musik (Hinterhaus). Als ich oben war: Totenstille. Im dritten Stock, drei Wohnungstüren, keine Ahnung, hinter welcher sich das Terrorbaby verbirgt. Übrigens weiß ich, daß es sich um eine Dame handelt, weil sie gestern abend mit ihrer SCHRILLEN STIMME über den Hof gekreischt hat. Nunja. Ich mache mich also wieder auf den Weg in meine 1-Raum-Wohnung. Als ich wieder im vierten Stock bin, bin ich WACH. Es ist 6:45. Ich lege mich wieder hin, die Musik geht wieder los. Bumm bumm bumm. Wieso stört das eigentlich nur mich und keinen der anderen 40 Mieter, deren Fenster zum Hof rausgehen? Und wieso hört die Nachbarin am Samstag morgen laute Musik? Wieso schläft sie nicht, wie jeder vernünftige Mensch unter 65? Ich versuchs mit Ohrenstöpseln, liege eine Stunde rum, kann nicht einschlafen und bekomme Hunger. Auf meinem Weg zum Bäcker begegnet mir nicht Parka Lewis, dafür aber der junge Mann, der in der Wohnung unter mir lebt. Er ist anscheinend gerade vom Clubbing heimgekommen. Es ist 8 Uhr. Ich frühstücke und finde, daß ein guter Milchkaffee und frische Brötchen vieles wiedergutmachen. Außerdem ist die Milch nicht sauer geworden, so wie letztes Wochenende. Ich weiß nichts richtig mit mir anzufangen, ich hatte geplant, den Vormittag zu verschlafen und Spontanietät ist nicht mein Ding. Ich räume auf, lese ein Buch, das ich für langweilig befinde, höre ein bisschen Sexyjazz und schreibe eine To-Do-Liste. Der Vormittag plätschert so dahin, bis schließlich der Höhepunkt meines Samstags kommt: das Haus am Eaton Place. Letzte Folge. Die kommenden Samstage drohen öd und leer zu werden, aber ich habe ja noch eine Staffel all creatures great and small auf DVD.
Nach einer Dusche und einigem Rumgetrödele habe ich mich auf den Weg zur Arbeit gemacht. An dieser Stelle habe ich keine Lust mehr, meinen Tag in weiteren Details zu beschreiben.
Sie sehen, es gibt nix zu erzählen.
harte Nummer
Lesen Sie mal das.
fast im Fernsehen
Telefon.
ich: „Frau Fragmente, guten Tag?“
Mann: „Guten Tag, mein Name ist Dennis Nuschel von der Produktionsfirma Imago. Hast Du einen Moment Zeit?“
ich: „worum geht es denn?“
Mann: „wir drehen eine Reportage über Pärchen, die eine neue Wohnung suchen.“
Jetzt verstehe ich, woher er meine Nummer hat. Zwecks Nachmietersuche hatte ich im Internet inseriert (mit Telefonnummer).
ich: „Äh. Kein Partner.“
Mann: „auch keine Partnerin?“
ich: „Nein“.
Mann: „Oh“.
Ich: „Naja. Dann noch einen schönen Tag.“
Mann: „Danke, ebenfalls.“
*klick*
Ich sofort Google gefragt: Imago Filmproduktion.
Erleichtert gefühlt.
Eine Nacht mit Bernd Begemann
„Willkommen in der Garage Pankow“, sagt er, „ich glaube nicht, daß meine Auftritte in Berlin noch glamouröser werden können…“
Die Garage ist etwa so groß wie der Spreeblick; vielleicht vierzig Leute sind gekommen. Prenzlauer Berg ist nicht weit, die Männer sind rotzig und tragen alte Adidas-Trainingsjacken, die Frauen Röcke über Hosen und second hand Schuhe. Begemann spielt – von einer Klo/Getränke-Pause abgesehen – mehr als drei Stunden lang. Eine Ein-Mann-Show, begleitet von seiner Elektrogitarre; über die kaputte Beatbox informierte er uns ausführlich. Seine Bühnenpräsenz beeindruckt mich, gleichwohl kann ich mir vorstellen, daß es ein Knochenjob sein muß, dort oben zu stehen und die Leute zu unterhalten, ohne sich zum Clown zu machen. Seine Einstellung zum Publikum ist kein Spiel von Nähe und Distanz, sondern ein Heranziehen und Wegstoßen. Er läßt uns mitsingen, als wären wir alte Freunde, er fordert den Applaus ein („lauter!“), dann aber spricht er schnippisch und süffisant mit uns. Es gibt viel zu lachen, aber es ist nicht Comedy, es ist Kabarett, wenn er erklärt, seine Songs wären überholt, wenn er zu „Judith mach deinen Abschluß – sicher ist sicher“ anstimmt und den Song dem Publikum widmet, denn: „ihr bekommt ja später alle mal keinen Job“. Ich verstehe seinen Drahtseilakt. Er verpackt die Wahrheit in lustiges Geschenkpapier, wir lachen darüber, aber es ist doch genau unser Leben, über das da gesungen wird. Unsere Fehlstellen, unsere kaputten Träume, unser piefiger Alltag. Und seiner auch, denn ist er anders als wir?
Ich wünsche mir „ich nehm’ es zu schwer“, rufe es ihm im geeigneten Moment zu, und er spielt es, mit der Bitte, es möge niemand an den ruhigen Stellen reinquatschen. Und natürlich wird reingequatscht, natürlich gibt es Menschen, die mit der Ernsthaftigkeit, der Intimität seiner Songs umgehen wie mit einer Kiste Schrott: bäng! boom! schepper! Dann spielt er „Unten am Fluß, unten am Hafen“, alle singen mit, ich auch, und merke mir für die Zukunft, daß Begemanns Songs sind wie Blogeinträge: die lustigen lassen sich besser lesen, aber die traurigen sind besser.
Nach dem Konzert sitzt er auf einer weißen Gartenbank im Hof und verkauft seine CDs, die größtenteils nicht mehr im Handel erhältlich sind. Ich stelle mich zu den etwa fünfzehn anderen Übriggebliebenen; er signiert alle CDs und schreibt Autogrammkarten. Ein junger Mann hat Liebeskummer und schüttet ihm sein Herz aus. Ich habe keine Eile, aber als fast alle schon weg sind, fühle ich mich ein wenig ignoriert und frage: „darf ich?“. „Hier dürfen alle!“, sagt er, er klingt nicht nett, es klingt nicht, als ob er mich mag. Ich kaufe „sag hallo zur Hölle“, lasse mir „unsere Liebe ist ein Aufstand“ signieren, sage ihm, was ich zu sagen habe. Es ändert sich was, wir bekommen einen Kontakt, jetzt würde ich gerne noch etwas länger bleiben, da betreten zwei schöne Frauen die Szene, die eine im schwarzen Kleid und Tangoschuhen, legt sich neckisch die Stola über die Schultern und sagt zu Begemann: „du kennst mich gar nicht mehr!“. Zuckersüß. Er reagiert nicht, trotzdem habe ich den Eindruck, es wäre jetzt Zeit zu gehen. „Ich kriege das Cover nicht raus“, sagt er, gibt mir die letzte CD und ich sage danke.
Plötzlich legt er dem Arm um mich, zieht mich zu sich; sein Gesicht an meinem Haar. Seine Haut ist ein wenig kühl, von der Nachtluft oder einer Dusche und er fühlt sich genau richtig an. Dann läßt er los, ich verabschiede mich, stehe auf, gehe weg, schneller als nötig, ohne mich umzudrehen. Auf dem Weg zum Auto grüble ich ein wenig, ob das nun eine marketingtechnische Umarmung war; ob meine Bedürftigkeit so offensichtlich ist, ob er wohl jedem Fan genau das gibt, was er braucht. Nein, erkenne ich, er hätte es nicht getan, wenn ihm nicht danach gewesen ist. Und ich freue mich, weil es ein schöner, ein erotischer Moment gewesen ist. Und weil es genau das war, was ich gebraucht habe.
Wie leicht die Last der letzten Wochen auf einmal geworden ist.
live: 23. September, Berlin, Knaack
und ziemlich oft in Hamburg
audio/video: ich habe nichts erreicht außer dir
Offizielle Homepage: berndbegemann.de
Wikipedia: Bernd Begemann
Taz: Einer von den Guten, einer von Format.
Reptiphon: Heiko Werning fands schrecklich.
fragmente: wir berichteten
nimm mich mit in die Stadt
dreh mich im Riesenrad
auf und ab
doch der Rummelplatz bleibt für mich
menschenleer
ich nehm‘ es zu schwer.
machs gut, alte Schlampe
if Berlin was a rich bitch, we’d all fuck her less often.
Mach’s gut, alte Schlampe. War schön mit Dir.
Ich bin dann im Ruhrpott.
„Was hat die, das ich nicht habe?“, magst Du fragen. Hey, sag ich, in meiner Generation kann man es sich nicht aussuchen. Man muß dahin gehen, wo es Arbeit gibt. Wir sind Jobnomaden.
Vielleicht sieht man sich mal. Oder ich ruf‘ Dich an.