David Bowie

Auf dem Heimweg ein paar Tränen in den Augen gehabt. So ein Tag war das heute. Die Autobahn schwarz, die Rücklichter rot, die Spurstreifen weiß, ein Rauschen durch die Nacht, ein leichtes Nieseln. Weggewischt, automatisch.

Wenn die Organisation, für die ich arbeite, ein Mensch wäre, dann vielleicht so jemand wie David Bowie. Ganz besonders, ganz eigen. Unendlich interessant. Zu ganz großer Kunst fähig. Manchmal sehr kompliziert, sehr launisch, streng und hart zu sich und anderen. Mit großer Vision. Verrückt, und manchmal auf Drogen. Alles kann sehr umständlich sein oder sehr einfach. Und man weiß nie genau, ob man ihn gerade ansprechen kann oder nicht.

Fast alle in seinem Team wären spannende Leute, von den Musikern über das Management bis hin zu den Roadies. Ich mache vielleicht sowas wie Tourmanagement, halte die kleinen und die großen Räder am Laufen, verhandele mit Veranstaltern und dem Brandschutz und fische die gelben M&Ms im Dressing Room aus seiner Schale, die mag er nicht so gerne.

Hin und wieder passiert es mir, dass Menschen auf mich sauer sind, aber eigentlich David Bowie meinen. Sie schreiben mir lange Emails mit Vorwürfen, in denen ich mich nicht erkenne, und kopieren den Geschäftsführer der Plattenfirma mit ein. Es ist einfacher, mich anzugreifen als David Bowie, ich bin verfügbarer, ich bin erreichbarer, und ich bin risikoärmer. Wer will schon was zu David Bowie sagen, das man dann nicht mehr zurücknehmen kann?

Mich trifft das, ich fahre im Auto und fühle mich heuli. Weil’s ungerecht ist. Weil’s gemein ist, und die, mit denen ich heute morgen noch glaubte, hervorragend zusammenzuarbeiten: sie wissen genau, wie sie mich treffen können. Weil ich nicht gesehen werde, als ich.. wenn es doch wenigsten wirklich um mich ginge. Weil ich es aufräumen muss, wieder in Ordnung bringen muss, ein klärendes Gespräch, Verständnis zeigen, einfülsam sein, die eigene Verletzbarkeit zurückstellen.

Ob es unvermeidlich ist, diese Übertragung, eben Teil meiner Rolle?

Es gibt da eine kleine Stimme in mir, die mir sagt, ich solle weniger machen. Mich ein bisschen zurücknehmen. Mich vor allem raushalten aus anderer Leute Angelegenheiten, ihnen weniger helfen, weniger Feedback geben.

Ich würde David Bowie auch mit weniger weiterhin helfen können, seine Kunst zu machen. Seine Shows wären hinten vielleicht etwas mehr durch Klebeband und Schnur zusammengehalten, würden vorne aber genauso glitzern. Und er würde mich sicherlich weiterhin gelegentlich anlächeln, nach der Show, ein Glas in der Hand und sowas sagen wie: „it was quite good tonight, don’t you think?

Was hindert mich daran, der kleinen Stimme nachzugeben? Warum muss es immer so viel sein, als wäre ich die Künstlerin, besessen und brennend, bis nichts mehr da ist?

steril

„Das Jahr ist vorbei“, pflegte mein ehemaliger Europachef ungefähr ab September stets zu sagen. Er bezog sich dabei auf die Bankenwelt, in der ab September/Oktober meist keine neuen Projekte – zumindest solche, die für ihn Ertrag brachten – gestartet wurden. Im Juli und August ist ganz Frankfurt im Sommerurlaub, die restlich verbliebenen tragen Business Casual und vertreten dauernd mindestens drei Kolleg:innen. Entscheidungsfähig ist man erst wieder frühestens im September, und dann haben alle nur noch das Erreichen der KPIs, der Jahresziele und das Beenden von Angefangenem im Sinn.

Das Jahr ist also vorbei, und es war bisher für mich ein ziemlich merkwürdiges Jahr. Die erste Hälfte war geprägt von der Jagd nach Impfterminen und der großen Erleichterung, als endlich alle Nahestehenden versorgt waren. Anfang Juli ein ganz kurzer Sommerurlaub, und dann eine lange Phase der Vertretung anderer.

Mit dem Sommer bin ich sehr unzufrieden. Beruflich musste ich in der Vertretungsfalle dauernd spaßbefreite Sachen machen. Es war eine dauernde Überbelastung bei gleichzeitig sehr unterdurchschnittlichem Erfolg und Weiterkommen, ein Gefühl wie festgeleimt. Das Wetter war eine Enttäuschung, ich hätte ein paar heiße Tage gebraucht, um in der Sonne zu liegen und mich einmal bis auf die Knochen durchwärmen zu lassen. Ich war kein einziges Mal am Badesee, zu kalt, und habe viel zu selten keine Socken getragen. Ich habe die Ziele, die ich mir selbst gesetzt hatte, fast alle verfehlt: ich war nicht bootsfahren, habe keine Unternehmung mit K1 von Francine gemacht, war nicht in Berlin und habe auch keinen der geplanten Ausflüge in die Umgebung realisiert. Lediglich Perseiden gucken und Steak essen mit Novemberregen hat geklappt. Beim Karaoke war ich auch. Über allem hat sich innerlich ein Schwermut gelegt, ich war getrübt und betrübt, hatte noch weniger Lust, etwas zu machen, und noch mehr Frust, weil ich nichts gemacht habe. Eine abwärts gerichtete Spirale.

Im Frühherbst dann ein schöner Urlaub über meinen Geburtstag, warm und mit Pool, und eine ganze Reihe schöner Mittagessen mit Freund:innen und Kolleg:innen, draußen sitzend und Delikatessen verspeisend.

Bis ich krank geworden bin, zehn Tage lang, fünf davon absolut bettlägrig. Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Fast keine Erkältungssymptome. Kein COVID-19, wohl auch keine echte Grippe, aber eine „unbekannte Virusinfektion“. Das hört man ja gerne. In der Woche, bevor ich krank geworden bin, war ich zweimal im Restaurant, in Innenräumen, weil es draußen zu kalt und nass war. Sehr ungewohnt, mit so vielen unmaskierten Menschen auf kleinen Raum zu sitzen – im Büro wird fast ausschließlich Maske getragen – und ich kann nicht anders als zu denken, dass ich mich im Restaurant angesteckt habe. Eine Gewißheit gibt es natürlich nicht, und ich erkenne an, dass meine Wahrnehmung durch mein subjektives Gefühl der Verunsicherung geprägt ist. Aber der Gedanke bleibt.

Da ich weiß, wie schlampig die COVID-19-Zertifikate in den Restaurants geprüft werden, sind die steigenden COVID-19-Zahlen für mich also keine Überraschung. Ich hab das ganze auch schon Ende Juni prophezeit, ich kleine Kassandra:

https://twitter.com/fragmente/status/1409195379481063426?s=20

Es stimmt nicht ganz, dass ich nicht überrascht bin: ich bin überrascht, wie hoch die Zahlen sind, mit Inzidenzen über 250 in Deutschland und über 1.000 in manchen Landkreisen, bis zu 50.000 Neuinfektionen pro Tag. Die Zahlen sind höher als jemals zuvor, obwohl es 70% Geimpfte gibt und – vielleicht – auch gar nicht mehr so viel getestet wird. Exponentielles Wachstum ist trotz der vielen Erklärungen von Frau Dr. Merkel eben doch etwas, dass wir Menschen nicht in unserem Zahlengefühl haben.

Wir hätten alle Mittel, um die Pandemie zu besiegen, aber sie werden nicht genutzt.

Ich bin darüber maximalst frustriert und deprimiert, mütend und resigniert. In meinem Tweet habe ich einen Lockdown prognostiziert. Ich antizipiere bereits den Kommentar, der erläutert, dass es in Deutschland nie einen echten Lockdown gegeben hat (meint z.B. man darf das Haus nur in Ausnahmefällen und zum nächstgelegenen Supermarkt verlassen). Ich meine mit „Lockdown“: Kontaktbeschränkungen, Einzelhandel und Restaurants geschlossen, Homeoffice-Pflicht, Distanzlernen, Veranstaltungsverbot. Ich denke, eine Mischung aus den genannten Lockdown-Maßnahmen liegt in der Luft, aber die Würfel sind noch nicht gefallen.

Es ist auch egal. Es wird für mich einen individuellen Lockdown geben. Definitiv keine Restaurantbesuche in Innenräumen mehr. Keine Dienstreisen. Keine Hotels. Kein Wellness, kein Schwimmbad, keine Massagen. Mehr Homeoffice. Keine Veranstaltungen. Kein Weihnachtsmarkt. Eher kein Einzelhandel.

Ich werde eine Art Selfcare-Liste anlegen mit allem, was noch geht. Karaoke im Einzelraum mit Francine (geimpft) würde vielleicht gehen. Kaffee draußen mit Novemberregen geht. Die zauberhafte Sarah zuhause besuchen geht. Sich die Martinsgans fertig zubereitet liefern lassen geht. Ich werde wieder mehr spazierengehen. Vielleicht kaufe ich mir eine Wildkamera mit W-LAN-Funktion, um den Marder bequem vom Sofa aus zu beobachten. Netflix bringt die zweite Staffel von The Witcher. Ich werde Dune streamen, auch wenn es im Kino schöner gewesen wäre. Ich habe ein Blumenabo. Wir werden wieder mehr Videokonferenzen unter Freunden machen.

Nächste Woche bekomme ich meine dritte Impfung. Ich überlege, im Dezember in die Emirate zu fliegen. Ganz schön paradox, oder? Die Rechtfertigung ist, dass bei 30 Grad das Leben eher draußen stattfindet, und die Emirate ein ziemlich regeltreues Land sind. Ungeimpfte müssen fünf Tage in Quarantäne, was das Land als Urlaubsziel für Coronaleugner nicht attraktiv macht. Bei Einreise müssen alle, auch die Geimpften, einen PCR-Test machen. Die 7-Tages-Inzidenz liegt bei 5 (in Worten: fünf). Risiko bleibt der sechsstündige Flug und die Zeit am Flughafen.

Man kann kein steriles Leben leben, sagte der Arzt zu mir, als ich beklagt habe, dass ausgerechnet ich mich angesteckt habe mit jenem unbekannten Virus. Alles hat seinen Preis, und ich atme auch sehr gerne. Ich muss mich entscheiden, und wünschte mir, ich müsste es nicht.

die Sache mit dem Marder

Der Garten meiner Mutter ist sehr schön. Sie wohnt hier seit ein paar Jahren, aber der Garten isz viel älter. Es gibt Weinreben, einen Pfirsichbaum, Himbeeren, und jeder Menge Sträucher und Stauden. Kein Rasen, sondern ein mediterraner Bauerngarten (Zucchini!), den vor ihr jemand mit großer Liebe angelegt hat, und den sie mit ebensolcher Liebe wieder freigelegt hat. Dazu gehört auch ein Nebengebäude, es könnte einmal eine große Garage gewesen sein oder eine kleine Werkstatt, vielleicht auch ein Stall für Geflügel oder Hasen. Als meine Mutter eingezogen ist, hat sie so einige Renovierungsarbeiten durch einen etwas schrulligen polnischen Handwerker machen lassen. Dabei wurde auch das Nebengebäude neu gefliest, gestrichen und unter den Dachbalken eine Rigipsdecke eingezogen.

Eines Tages entdeckte sie an der Rigipsdecke einen gelben Fleck. Es sah verdächtig nach Urin aus. Meine Mutter dachte gleich an einen Marder, mir kam das sehr exotisch vor. Dass es ein Marder sein könnte, machte meine Mutter an den Kackwürstchen fest, die sie regelmäßig vor ihrer Haustür oder vor ihrem Auto fand. Wir begannen eine mehrere Wochen andauernde Kackwürstchendiskussion, in die dann auch noch die Nachbarn reingezogen wurden. Katze oder Marder? Es wurden Kackwürstchenbilder per WhatsApp ausgetauscht, und gerätselt.

Dann die erste Mardersichtung. Meine Mutter sah ihn quer durch den Garten flitzen und im Dach des Nebengebäudes verschwinden. Ein paar Tage später begegnete mir draußen auf der Straße etwas, das irgendwie nicht wie eine Katze aussah, und im Vorgarten quer gegenüber verschwandt.

Es begann eine große Diskussion, wie der Marder vertrieben werden könnte. „Der Marder muss weg!“, sagte meine Mutter, und ich kaufte einen Anti-Marder-Duftstein bei Amazon. „Der Marder muss weg!“, sagte meine Mutter, und ich kaufte ein Marderspray bei Amazon. „Der Marder muss weg!“, sagte meine Mutter, und ich kaufte eine Marderfalle (lebend!) bei Amazon. Abends befüllten wir die Marderfalle mit rohem Ei, Honig, Trockenfrüchten, Joghurt, und Marder-Lockstoffen. Am ersten Morgen befreite ich einen sehr indigniert guckenden Igel. Danach nichts mehr. Wir versuchten es mit Katzenfutter, fingen aber weder einen Marder noch eine Katze.

Ich stellte eine Wildkamera auf, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gab, wir hatten ja beide den Marder gesehen. Ich redete mir ein, dass Wildbeobachtungen im Garten meiner Mutter ein gutes Lockdown-Hobby sein könnte. Im Grunde brauchte ich wahrscheinlich einen wissenschaftlichen Beweis, dass es wirklich ein Marder ist.

Jedenfalls, hier ein leicht verschwommenes Bild des Kackwurstproduzenten:

Lebendfalle (schmaler Kasten an der linken Seite) wurde leider weiterhin ignoriert.

„Der Marder muss weg!“, sagte meine Mutter und kaufte auf Amazon ein Ultraschallabschreckgerät. Der Marder blieb.

Ich führte derweil viele Gespräche über den Marder, nicht nur mit meiner Mutter, auch mit anderen ehemals oder aktuell Marderbetroffenen. „Immerhin ist es euer Marder“, sagte AF Friedenau, „wer weiß, was danach kommt?“. Die richtigen Probleme entstehen ja eigentlich erst, wenn ein neuer Marder kommt, der sich von den Duftresten des alten Marders gestört fühlt, und dann überall hinpinkelt und die Kabel im Auto durchbeißt.

Es ist jetzt einiges an Zeit verstrichen, meine Mutter hat sich anderen Themen zugewandt. Ich habe das To-do „Marder“ noch auf meinem Whiteboard stehen. Vielleicht wische ich es weg, lasse das Problem aus dem Vordergrund in den Hintergrund verschwinden. Wo es einmal einen Marder gibt, wird es immer wieder einen Marder geben. Es sei denn, meine Mutter asphaltiert ihren Garten und reisst das Nebengebäude ab.

Irgendwie gefällt mir ja auch der Gedanke, dass der Marder sich an dem Garten erfreut, die Beeren schnabuliert, den Spatzen Eier aus dem Nest klaut, und sich mit den Katzen kloppt, während die Nachbarschaft am späten Abend vor dem Fernseher oder den digitalen Endgeräten sitzt. Ich will jetzt nicht sagen, „wir müssen lernen, mit dem Marder zu leben“. Das klingt zu sehr nach Pandemie, und ich glaube, dass COVID-19 eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung ist, der wir uns stellen müssen.

Aber im kleinen, im Alltag und im Leben, da gibt es – meine ich – Probleme, die bleiben. Manchmal lösen sie sich von selbst, manchmal verschwinden sie in den Hintergrund unserer Wahrnehmung. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist manchmal kleiner und manchmal größer als wir glaubten.

Wir wissen es nicht. Wir können manchmal nichts sinnvolles dagegen tun.

Das ist die Lektion des Marders.

WmdedgT: Juli 2021

Erster Arbeitstag nach dem Urlaub. Nur gearbeitet. Im Homeoffice ab 8 Uhr morgens Emails reduziert, von 300 ungelesenen Emails auf knapp zweistellig. Dann jede Menge Statistiken und Reporting gemacht, weil Monatsanfang. In meiner Mittagspause ein Paket aufgegeben, getankt und beim Edel-Edeka einkaufen gewesen. Wie jedes Mal überrascht gewesen von den Kosten für einen eher kleinen Einkauf.

Weitergearbeitet. Gespräche per Videokonferenz, zuerst mit meiner Mitarbeiterin, dann mit drei Kollegen nacheinander zu verschiedensten Themen. Zum Schluss noch mit dem Geschäftsführer.

Eine Ladung Wäsche gewaschen. Recht intensiv geübt für den Sprachkurs, den ich vor zwei Wochen begonnen habe. Gegen halb zehn mich nochmal an den Rechner gesetzt und Dokumente zu einem Thema gesichtet. Um elf dann ins Bett.

Ich hadere manchmal damit, dass ich nicht fertig werde, nicht alles schaffe. Es liegt vielleicht gar nicht an mangelnder Disziplin oder Selbstorganisation, sondern es ist einfach viel.

Frau N. sagt ja, man wird nie mehr fertig mit dem, was man sich vorgenommen hat. Aber das Leben ist irgendwann fertig mit uns.

Nicht-Orte

Ziemlich genau am ersten Junitag hatte ich so ein „jetzt oder nie“-Gefühl und habe kurzentschlossen eine Woche in einem Ferienhaus mit Pool am Mittelmeer für meine Mutter und mich gebucht. Mietwagen dazu, Flug, Reiserücktrittsversicherung, fertig. Es war schon absehbar, dass die Inzidenzen fallen und mein eigener Impfschutz vollständig sein wird, es war ebenso absehbar, dass es einen großen Ansturm auf Urlaubsreisen in den Sommerferien geben wird. Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht, wohin wir fahren, Hauptsache EU, warm, und notfalls auch mit dem Auto zu erreichen.

Jetzt sind wir hier, es ist schön, wir baden viel und ich habe mir in den ersten zwei Stunden nach Ankunft direkt einen Snnenbrand geholt. Worauf ich aber eigentlich hinaus will: ich kannte von dem Haus nur die Fotos im Internet und las irgendwo den Satz, dass es sich in einer Ferienhaussiedlung befindet. Zu meiner Überraschung ist die Ferienhaussiedlung riesig, 800 Hektar habe ich vor zwei Minuten extra für diesen Blogeintrag recherchiert, darunter kann sich natürlich niemand etwas vorstellen. Nach zehn Minuten Autofahrt ist man immer noch in der Siedlung.

Die Siedlung selbst ist gar nicht schlecht gemacht, so architektonisch und planerisch. Es ist alles eher zersiedelt, mit großen mediterran bewachsenen Flächen und immer wieder sehr felsigen Abschnitten. Die Häuser sind alle im ähnlichen Stil gehalten, so sehr, dass es einen manchmal oientierungslos zurücklässt. Dabei gleichen sich die Häuser kaum – es gibt große und mittelgroße Häuser mit Pool, Reihenhäuschen und kleinere Apartments ohne Pool, auch zwei oder drei Gemeinschaftsanlagen und hotelähnliche Häuser. Es ist aber alles in der gleichen oder ähnlichen Farbe gehalten, es werden die gleichen Steine für die Einfahrten benutzt, in allen Vorgärten wachsen Oleander, Lorbeer und Olivenbäumchen, und es scheint eine häufig vorkommende, einheitliche Form der Gartentörchen zu geben.

Entgegen meiner Erwartung ist die Ferienhaussiedlung nicht überfüllt, ganz im Gegenteil. In unserer Straße sind noch zwei weitere Häuser bewohnt. Bei unseren abendlichen Spaziergängen haben wir noch weitere bewohnte Häuser entdeckt, denn die Menschen sitzen abends auf der Terrasse, unterhalten sich, speisen und genießen die im Meer untergehende Sonne. Hin und wieder fährt ein Auto vorbei, aber der Großteil der Häuser steht leer.

Wir beklagen dies nicht, wir genießen die Ruhe. Mich würde aber aus reiner Neugier interessieren, ob es hier immer so ist? Geht es erst Mitte Juli und vor allem im August los, wenn die meisten Länder Sommeferien haben? Liegt es an der Ausreisesperre für die Briten? Ist dieser Urlaubsort im Niedergang?

Es gibt zu diesem Ort kaum Informationen. In den verschiedenen Reiseführern höchstens ein, zwei Zeilen, vor allem zum Stand. Auf Wikipedia ein recht schmaler Artikel. Im Internet Häuser zum Verkauf.

Vor nicht allzu langer Zeit haben ich von dem Konzept der Nicht-Orte gehört. Nicht-Orte sind Räume ohne eigene Identität, ohne Geschichte, ohne Bedeutung, in denen Menschen keine tiefe Beziehung zueinander aufbauen. Beispiele für Nicht-Orte sind Einkaufszentren, Krankenhäuser, Flughäfen, Autobahnen, Züge, Hotels und Supermärkte. Nicht-Orte sind künstlich bis hin zu einem Punkt, an dem Natur gänzlich ausgeschlossen wird, keine Erde, kein Sonnenlicht, keine Tageszeit. Der Aufenthalt dort ist durch Eintritts- oder Austrittsrituale gekennzeichnet, das Einchecken oder das Bändchen am Arm des Patienten. An den Nicht-Orten werden die Menschen anonymisiert und vereinheitlicht, sie werden losgelöst von ihrer Identität oder Rolle und bekommen eine neue Rolle zugewiesen: Pendler, Shopper, Kunde, Reisende, Urlauberin.

Nicht-Orte werden nicht von allen als solche erlebt, wer zum Beispiel am Flughafen arbeitet, baut dort sehr wohl tiefe Beziehungen zu Kollegen auf, und verbindet mit dem Ort eine Geschichte, und Jugendliche treffen ihre Freunde in Einkaufszentren und geben einem solchen Ort eine Idenität un Bedeutung.

Mir scheinen sie oft vorzukommen, diese Nicht-Orte, in meinem Blog und in meinem Leben. Ich beobachte sie gerne mit einem Lächeln und einen Staunen. Ich liebe den Flughafen und ein bisschen auch die Autobahn. Ich mag die besondere Stimmung, die an Nich-Orten manchmal entsteht, zum Beispiel im Supermarkt während eines bedeutenden Fußballspiels, wie ein Land, das kurz auftaucht, ehe es im Meer untergeht.

Ich empfinde auch die Anonymisierung eher als Spiel, und ich mag die Rituale, die beim Rollenwechsel helfen. Ich mag gerne schreiben, dass es daran liegt, dass ich in meiner identität so fest verwurzelt bin, dass ich auch an einem Nicht-Ort ich selbst bin, nur ein bisschen freier von den Erwartungen der anderen, von den eigenen Erwartungen. Unsichtbar auf eine gute Art. Das ist nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch.

Ich mag auch diesen Nicht-Ort recht gerne, was für ein Zufall, dass ausgerechnet ich hier Urlaub mache – oder vielleicht doch gar kein Zufall? Ich habe eine überraschend große Menge Fragen zu all dem, aber noch nicht viele Antworten.

im Kanal

Seit einigen Wochen Probleme mit der Kanalisation, mal mehr, mal weniger. Erst stand das Wasser vor dem Haus, dann immer wieder in einem Kellerraum. Dort verläuft ungefähr auf Brusthöhe ein Abwasserrohr, ziemlich dick, eher neu, in das nachträglich ein kleiner Abfluss eingefügt wurde. Dies ist die Schwachstelle, dort tropft es raus, dringt manchmal mit Kraft nach draußen. Dann wieder ist der Kanal ganz leer.

Ich habe viel dazugelernt in letzter Zeit. Welcher Abfluß im Haus in welches Rohr mündet. Mit welcher Technik sich die Wasserlache am besten aufwischen lässt. Wieviel Wasser die einzelnen Wasseranschlüsse produzieren, wie es aussieht und wie es sich anhört. Ich lag mit Francine auf dem Bauch im Hof und habe in den Gully geguckt. Ich habe Fotos und Videos gemacht, ich habe mit der Vorbesitzerin gemailt. Seltsame Männer kamen, haben ihre Kamera in alle Öffnungen gesteckt, nichts dokumentiert und mehrere Hundert Euro in Rechnung gestellt. Nachbarn haben sich interessiert, Matthias von der Kommunalen Abwasserwirtschaft kam vorbei.

Im Stillen interessiere ich mich ein wenig für die Kanalisation. Als Kind habe ich einmal einen Animationsfilm gesehen, der Kanalligator. Es gibt davon kaum Spuren im Netz, dieses Buchcover allerhöchstens, aber es war ein sehr künstlerischer Film, keinen oder kaum Dialoge, ich bin mir nicht sicher, ob es ein gutes Ende hatte, aber es hatte etwas andersweltliches.

Seitdem mag ich die Kanalisation, so wie ich auch den Regen mag. Tropfen, die sich zu einem Rinnsal vereinigen, ein kleiner Strom, der irgendwo hinfließt, zielstrebig. Hinunter. Und dann verschwindet, in dieser Anderswelt aus Gullideckeln und Staßenabläufen, wo sich Bäche und Flüsse formen, vereinigen zu großen Strömen, auf denen Boote fahren, Krokodile schwimmen, und Dinge passieren, von denen wir hier oben keine Ahnung haben. Es ist ein Mythos, dass eine andere Welt in dieser existiert, aber sie erscheint mir manchmal doch zum greifen nah, wenn es regnet, oder ich falsch abbiege, in der Dämmerung, mich wie ein gerade so geduldeter Gast fühle, der hier nicht hinpasst, und doch voller Staunen bin – einen Moment nur, ehe ich zurückkehre.

In der harten Welt des E. coli-haltigen Abwassers gibt es wenig, was mir so viel Druck macht. Ein Abwasserproblem zwingt zum unbedingten und sofortigen Handeln. Wie werden demütige Bittstellerinnen bei Kanalsanierungsunternehmen, Tiefbauern, und den Stadtwerken. Wir diskutieren, ob wir den Hof aufreißen müssen. Ich führe Telefonate, die ich sonst unendlich aufschieben würde, verschiebe Termine, die sonst unantastbar wären, fertige Skizzen an, liege mit Taschenlampe auf dem Boden und schaue in seltsame Öffnungen.

Ich hasse es, diese Art von Druck zu haben. Ich bin müde, immer eine Erwachsene sein zu müssen, unangenehmes tun, mich zusammenreißen, freundlich bleiben. Nur weil ich es tragen kann, heißt es nicht, dass es nicht schwer ist.

Es ist eine große Gnade, dass ich auch einen zarten Zauber in all dem sehen kann.

im Büro

Heute im Büro gewesen. Frau Novemberregen bewirbt ja das physische Arbeiten in den Büroräumen des Arbeitgebers und hasst – für sich persönlich – das Arbeiten im Home Office. Sie ist vor einigen Tagen dauerhaft wieder ins Büro zurückgekehrt und seitdem eine deutlich entspanntere Version ihrer Selbst. Wir haben heute ein wenig gerätselt, woran es liegt. Das Offensichtliche, nämlich die auch in den breiten Medien häufig thematisierte einfachere Trennung zwischen privatem und beruflichen – ist es auch, aber es gibt noch etwas darüber hinaus. So ganz fassen konnten wir es noch nicht.

In meinem Lieblingsbuch, The city and the city von China Mieville, existieren zwei kulturell und sprachlich total unterschiedliche Städte räumlich nebeneinander, gar ineinander. Diese Straße in der einen Stadt, die nächste in der anderen, ein Park, der von beiden genutzt wird. Die Bewohner haben gelernt, sich gegenseitig zu ignorieren, the unseeing, die flüchtigen Bilder der anderen Stadt ungesehen zu machen. Wollen sie sich gegenseitig besuchen, müssen sie ganz offiziell ein Visum beantragen, in die andere Stadt reisen, die Grenze überqueren. Sie betreten einen Bahnhof auf der einen Seite, durchlaufen eine Art von Passage, und kommen auf derselben Seite wieder hinaus, sind aber auf einmal in der anderen Stadt. Sie können sehen, was vorher ungesehen war.

Vielleicht brauchen wir auch solche Rituale: duschen, Haare stylen, Bürokleidung, Berufsweg, ruckelnde S-Bahn oder der morgendliche Stau, im Pulk mit Einwegkaffeebechern in der Hand von Aufzügen verschluckt und an Schreibtische befördert zu werden, wo wir dann in dieselben Monitore und Progamme schauen wie zuhause, in dieselben Tastaturen hacken wir im Home Office, und doch ist es anders, und wir sind andere.

Ich selbst glaube von mir, fast überall arbeiten zu können. Doktorarbeiten, die auf den Deckeln von Zentrifugen in Laptops von Lidl getippt werden, Calls, die mit Headset am Straßenrand geführt werden, jemanden beim Businesslunch zwischen Hauptgang und Espresso um zwanzigtausend runterhandeln. Am besten arbeite ich tatsächlich mit zwei Bildschirmen, oder nur, indem ich zuhöre. Aber was weiß man schon von sich selbst, außer, dass es einen blinden Fleck gibt, wahrscheinlich.

Ich brauche jemand, der mir zuarbeitet und der mich entlastet. Ich habe Sorge, dass es mir nicht gelingen wird, eine geeignete Person zu finden. Frau N. meint, ich suche nach jemanden, der so ist wie ich – und dann natürlich Karriere machen und schnell weg sein wird. Vielleicht lieber jemand, der motiviert und auf Zack ist, ausbilden? Und immer die Frage, was ich selbst und das doch sehr unique Unternehmen, für das ich arbeite, zu bieten hat.

Jedenfalls – Büro. Ich gehe gerne hin, bin gerne die, die ich im Büro bin. Gibt auch immer recht viel positives Feedback. Mache ich vielleicht demnächst öfter. Ob die Haltung von Frau N. subtil auf mich abgefärbt hat?

Es gibt jetzt gerade noch einen weiteren sehr guten Grund, wieder öfter ins Büro zu gehen:

Es ist klimatisiert.

zum Nachlesen

Zwei Wochen nichts geschrieben, es fehlt niemanden, aber wir machen das hier ja nur für uns selbst. Und fürs Archiv, zum Nachlesen. Bei Frau Novemberregen nachgelesen, was sie vor fünf Jahren gemacht hat. Ziemlich viele Parallelen: vor fünf Jahren schrieb sie über ihren Balkon, gerade grillt ihr Mann und reicht ihr Würstchen an. Vor fünf Jahren schrieb sie darüber, dass sie nicht zuhause arbeiten kann. Heute macht sie es, sie kann es, aber es gefällt ihr nicht. Vor fünf Jahren schrieb sie über Lebensmittelkisten, heute hat sie eine halbe Kuh geliefert bekommen.

Ich habe im Juni 2016 nichts geschrieben. Es war aber das bislang vielleicht glücklichste Jahr in meinem Leben.

Heute vor etwas weniger als einem Jahr habe ich über 2030 geschrieben. Weil mein Weblog down war, durfte ich sogar bei Novemberregen bloggen. Und ich habe – genauso wie heute – ins Archiv geschaut. Gestern hatte ich ein interessantes Gespräch mit dem Head of Llama, vor einem Jahr auch. Ich habe ihn ein bisschen lieb, den Head of Llama. Gestern habe ich ihm ein klein wenig Rat gegeben, ich möchte nämlich, dass er noch mehr Karriere macht. Zerbrechlicher Moment zwischen uns, es ist da etwas sehr zartes in ihm, da muss ich sehr, sehr vorsichtig sein. Ich hoffe, dass ich es war.

Ich selbst mache mir heute wie auch vor einem Jahr Gedanken über meinen weiteren Weg in meiner Organisation. Ein ganzes Stück bin ich schon gekommen, seit 2016 sowieso, aber im letzten Jahr erst recht. Ich sitze fester im Sattel, und das System so ausgerichtet, dass es für mich noch weitergeht, aber es fehlt eine Zündflamme, ein Anstoss. Ich bin sehr gespannt, was ich nächstes Jahr darüber schreiben werde.

Who am I and what is my work? Das ist mir jetzt klarer. Man weiß nie genau, was kommt, und wie es weitergeht. Meine Unsicherheit gerade ist weniger, dass ich nicht wüsste, wer ich bin und was ich kann. Ich bin mir unsicher, was ich will und was ich bereit bin, dafür zu geben.

Man weiß nie genau, was kommt, und wie es weitergeht. Plötzlich werden die Karten neu gemischt, jemand geht, jemand anderes kommt, die Macht verschiebt sich, ein Windhauch irgendwo, oder eine Pandemie. Ich versuche, es zu nehmen, wie es kommt, mir selbst und dem System nicht so viel Druck zu machen, bis es irgendwo hinter einer Dichtung hervorspritzt und der Keller vollläuft. Es gibt vieles, was ich mit meinem Leben machen könnte, mit meiner Zeit, und sehr vieles, das mir Freude macht.

Eine kleine Ratlosigkeit bleibt. In einem Jahr bin ich wieder etwas klüger.

die kleine Normalität

Stimmung recht volatil, gestern sehr schlecht, heute ziemlich gut.

Schlecht heißt, dass mir nichts Spaß macht, kein TikTok, kein Twitter, kein Internet, und mich nichts interessiert, die Arbeit nicht, die Projekte und To-do’s auch nicht, die Bücher langweilen mich und die Musik ist mir zu Jazz. Und das Wetter war auch schlecht.

Auch heute regnet es, grauer Himmel, aber die Laune besser, keine Ahnung, woran es liegt. In sechs Videokonferenzen gewesen, was für acht Stunden Arbeit (plus) schon recht viel ist. Aber die Laune ist gut, und das ein- und wieder auftauchen, der rasche Wechsel von Themen hat mir Spaß gemacht. Alles interessiert mich heute, ich bin ganz im Moment, und die Musik groovt.

Bei einem regelmäßigen Meeting mit Kolleg:innen aus einem anderen Standort werde ich immer ausgesprochen höflich behandelt, gar hofiert, ich kann aber inhaltlich rein gar nichts beitragen. Das verwirrt mich ziemlich, fühlt sich seltsam an, mal sehen, wie ich damit am besten umgehe.

Frau N. sieht auch heute wieder ausgesprochen gut aus, ich mache ihr ein Kompliment für ihre Bluse, die ihren Busen bestmöglichst (und dennoch business casual angemessen) zur Geltung bringt. Ganz kurz chatte ich heute auch mit dem Kind von Frau N., die in Wirklichkeit schon eine junge Erwachsene ist, und ergattere eine Verlinkung auf TikTok. Endlich mit jemanden aus GenZ befreundet! Zumindest virtuell.

Vor gut einer Woche hat jemand, der wie ich eher Gen X ist, gepostet, dass die Pandemie in 35 Tagen (in Worten: fünfunddreißig) zuende sein wird. Ich finde den Gedanken schön, wenngleich nicht ganz zutreffend. Die Pandemie wird insofern „vorbei“ sein, als dass in Deutschland ausreichend Menschen erst- und teilweise zweitgeimpft sein werden, um eine kleine Normalität zu ermöglichen. Die kleine Normalität heißt: teilweise Rückkehr ins Büro, Wiedereröffnung der Außen- und vielleicht auch Innengastronomie, Soft Opening der Geschäfte und Hotels und Museen mit Maske und Abstand, Auslandsreisen mit negativen Test usw. Es wird sich anfühlen wie letzten Sommer, vielleicht ein bisschen besser, nur manchmal wird noch jemand erkranken, den wir über ein paar Ecken kennen, und auf anderen Kontinenten werden sie Gräber graben. Zum Winter hin wird es entweder wieder schlimmer werden, oder es wird sich auf diesem Niveau noch ein bis zwei Jahre ziehen, mal sehen.

Frau N. und ich werden uns voraussichtlich Mitte Juni wieder persönlich treffen. Gut möglich, dass es das erste Mal in 2021 sein wird.

„Good Omens“ noch einmal angeschaut, also die Verfilmung. Der Dämon versucht den Engel zu überzeugen, sich mit ihm zu verbünden, um das Ende der Welt (Armageddon) abzuwenden. Nach dem Ende der Welt, egal welche Seite gewinnen würde, gäbe es die Welt nicht mehr. Keine Bücher. No old Bookshops. Keine Musik (who do you think has all the musicians?). No more fascinating little restaurants where they know you by name.

Der Engel erschaudert.

Livekonzerte. Karaoke. Mit Francine drei Stunden in der Buchhandlung stöbern. Mit dem ICE nach Berlin oder Amsterdam, durch die Neue Nationalgalerie oder das Rembrandthaus. In der Lounge am Flughafen abhängen. Mit der Truppe aus dem Büro den ganzen Abend beim Libanesen, Mezze essen, Weißwein trinken. Durch die Stadt laufen, blaue Stunde, ein kleiner Moment der Stille zwischen den Bankentürmen, und spüren: alles ist möglich.

Es fehlt mir sehr, aber es fühlt sich fast unanständig an, es zuzugeben.

Einmachglas

Fühlt sich alles sehr angenehm an gerade. Licht scheint golden über das Hausdach gegenüber, ehe die Sonne gleich untergeht. Frau Novemberregen sieht sehr gut aus heute, ich frage sie, ob sie etwas verändert hat – Friseur? Neue Brille? Abgenommen? Sie verneint. Vielleicht ein Filter, der sich weich über alles legt.

Büro ist gut gerade, deutlich weniger zu tun als in den letzten Wochen, und alles recht gut organisiert und einfach von mir wegzudelegieren. Es bleiben genügend spannende, gar sexy Themen für mich, Redezeit mit dem CEO zum Beispiel, da bin selbst ich noch aufgeregt. Dinge lassen sich bewegen, Informationen fließen, ich werde gesehen, manchmal leuchten dabei die Augen, und zwischendurch wasche ich eine Ladung Wäsche.

Sonst passiert ja nicht viel. Draußen ist es sehr grün, immer mal wieder regnet es heftig, dann blauer Himmel. Ich habe immer noch nicht das nächste Buch gefunden, das ich lesen möchte. Die Wohnung ist aufgeräumt, relativ sauber, die interne To-do-Liste in gutem Zustand, und ich bin nur mit einer Sache so richtig im Rückstand.

Das Glücklichsein – oder jetzt gerade ist es vielleicht eher Zufriedenheit – ist erzählerisch relativ langweilig, im Erleben aber wirklich sehr angenehm. Es sind Tage wie diese, die ich herbeisehne und die mir fehlen, wenn ich down bin und mir alles grau vorkommt.

Ich habe ein paar Bilder in mir, die ich in besonderen Momenten aufrufe, um mich zu stärken. Vielleicht mache ich auch diesen Tag heute in ein Einmachglas, für dunklere Zeiten.